Karate ist eine Kampfsportart, deren Ursprünge letztlich bis etwa zum Jahr 500 n. Chr. zurückreichen, als chinesische Mönche, welche keine Waffen tragen durften, aus gymnastischen Übungen im Laufe der Zeit eine spezielle Kampfkunst zur Selbstverteidigung entwickelten. Der Blomberger „Karate-Verein“ feierte jüngst sein 50-jähriges Bestehen und natürlich gab es einen hochkarätig besetzten Sonderlehrgang, doch fangen wir mit einem kleinen geschichtlichen Rückblick an:
Der Stilbegründer des Shaolin Kempo, wie es in Europa trainiert wird, ist der in den Niederlanden lebende Prof. Dr. Phil. Dr. T.C.M. Sifu Tze Prinz Dschero Khan, durch die Annahme der niederländischen Staatsbürgerschaft Tze-Gerald Karel Meijers. Geboren wurde er am 28. August 1928 in Ulan- Buhar (Mongolei). Dschero Khan war für rund 15 Jahre direkter Schüler des Yamaguchi Gogen („The Cat“), ein bedeutender Meister des Goju Ryu Karate Do, welches die spätere Entwicklung des heutigen, vor allem in Deutschland unterrichteten Shaolin Kempo am stärksten geprägt hat. Seit 1950 lebt Dschero Khan in Holland. Hier erst entwickelte er sein Shaolin Kempo. Er trug seine Kenntnisse aus den verschiedenen Kampfsystemen zusammen und brachte sie in eine für Europäer verständliche Form. Er nahm für die Techniken Begriffe aus der japanischen Sprache, da diese für die westliche Welt leichter verständlich sind und weil zu diesem Zeitpunkt die japanischen Stile bereits eine größere Verbreitung hatten, als die chinesischen. Er schuf damit den Vorteil, dass sich der Kempo-Ka (Kempo-Lernende) einfacher mit anderen Kampfkünstlern austauschen konnten.
Shaolin Kempo ähnelt dem Karate, ist aber weicher, etwas verspielter und wirkt eleganter, woran man die chinesischen Wurzeln erkennt. Charakteristisch ist ein Ausweichen vor dem gegnerischen Angriff, direkte Konfrontation wird vermieden und die gegnerische Kraft möglichst abgeleitet. Nach dieser Abwehr erfolgen Konter- und Finaltechniken an empfindlichen Stellen des Gegners. Hermann Scholz aus Kleve und Hans Stresius aus Duisburg-Rheinhausen waren die ersten deutschen Schüler die diese Kampfkunst durch langjähriges Training in den Niederlanden und Deutschland beim Großmeister Sifu Tze erlernten. Heute ist das hier betriebene Shaolin Kempo Chuan Fa fast überall im Bundesgebiet zu finden, verstärkt in Nordrhein-Westfalen mit vielen Schulen und Vereinen, die der Deutschen Wushu Federation angeschlossen sind. Nach Blomberg kam Shaolin Kempo Chuan Fa durch Sifu Richard Claase, einem gebürtigen Indonesier, der bei den niederländischen Streitkräften in Blomberg stationiert und direkter Schüler von Großmeister Meijers war. Die meisten hier in Lippe und Umgebung bestehenden Kempo-Dojos, haben ihren Ursprung übrigens im Blomberger-Dojo. Und somit wirkt das Dojo auch weiterhin als Keimzelle der Kampfkunst Shaolin Kempo Chuan Fa.
Im Jahr 2006 wurde dann eine Trainingsgemeinschaft mit dem Namen Dragon Fist Kempo Systems (D.F.K.S.) gegründet. Dies ist ein Zusammenschluss von Kempo Dojos aus der Region Ostwestfalen-Lippe, mit dem Zweck die gemeinsamen Wurzeln zu stärken, einheitliche Prüfungskriterien zu schaffen und unter Großmeister Shihan Marc A.W. Richards (10. Dan) zu trainieren. Shihan Richards hat Kempo-Karate ursprünglich in unserem Dojo in Blomberg erlernt. Ein besonderes Jahr für den Verein war dann wohl auch das Jahr 2011, in dem gleich drei Mitglieder mit besonderen Würden ausgestattet wurden. Wolfgang Wiechers (8.Dan) erhielt den Ehrentitel „Shihan“. Der Shihan ist ein Großmeister der Kampfkunst und der höchste von drei Ehrentiteln. Christian Koch und Carsten Henning durften sich über den Titel „Renshi“ freuen. Die Silbe „Ren“ bedeutet etwa „ausgefeilt, geschmiedet oder gehärtet“, „Shi“ bedeutet „Person“ oder „Mensch“. „Renshi“ bezeichnet also einen „ausgefeilten Menschen“ oder Experten, der nach den Regularien des Dojo Blomberg mindestens seine technische Prüfung zum 4. Dan oder höher abgelegt haben muss.
Seit Bestehen des Vereins brachte der Verein 25 Dan-Träger, also Meistergraduierungen hervor, aktuell sind noch 12 Dan-Träger aktiv bei den Blomberger Karatekas. Die Abteilung Kampfsport im TV Blomberg besteht aktuell aus 107 Mitgliedern (55 unter 14 Jahre, 20 zwischen 14 und 18 Jahre und 32 Erwachsene). Die Abteilung hat schon früh großen Wert auf die Kinder- und Jugendarbeit gelegt – daran hat sich bis heute nichts geändert. Hier werden die alten Werte nicht nur gepflegt, sie werden regelrecht gelebt. Wenngleich sich die Verantwortlichen rührend um den Nachwuchs kümmern, so herrscht hier Zucht und Ordnung – sehr zur Freude der Eltern – und Prüfungen müssen tatsächlich bestanden werden. Von „geschenkten Gürteln“ um Mitglieder zu halten hält hier niemand etwas.
Die gute Vereinsarbeit drückt sich auch in den regelmäßigen Besuchen von Großmeister Hanshi Hermann Harms aus. Der mittlerweile 73-Jährige ist noch immer keine gute Wahl für einen freiwilligen Zweikampf, seine beeindruckende Technik zwingt die Gegner in die Knie – bis heute, davon konnte sich unsere Redaktion im Rahmen des Lehrgangs ein Bild machen.
Dabei ist Harms eigentlich ein Typ zum Anfassen und Knuddeln – oder nicht? „Niemand hat das Recht uns anzufassen. Hier im Lehrgang ist das etwas anderes, wir sind Freunde und trainieren gemeinsam. Wenn mich aber eine fremde Person auf der Straße anfasst, dann hat er ein Problem. Das Problem ist 73 Jahre alt und leider auch 110kg schwer“, erklärt der Sympath schmunzelnd während er völlig ohne Krafteinsatz einen Schwarzgurt-Träger zu Boden bringt. Und dennoch: Sowohl Hermann Harms als auch die übrigen Lehrer im Verein legen Wert auf die oberste Maxime: Es geht hier um Verteidigung, nicht um Angriff!
An dem Jubiläumslehrgang in Blomberg nahmen in Summe 51 Karateka teil, darunter 28 Schwarz- und 23 Farbgurte (untere Graduierungen). Für die Kinder wurden Extraeinheiten in der Sporthalle am Paradies angeboten. Bei einem so hochkarätig besetzten Lehrgang geht es stocksteif und nur ernst zu? Keinesfalls. Diszipliniert auf jeden Fall, aber immer auch mit Fingerspitzengefühl (im wahrsten Sinne), Freundlichkeit, Respekt und Humor. Auch einfache Dinge, wie zum Beispiel ein Schlüsselanhänger, werden in den Händen von ausgebildeten Karateka zu einer beeindruckenden Waffe. Nachdem der Lehrgang erfolgreich abgeschlossen wurde, gingen die Kampfkünstler zum geselligen Teil über und philosophierten bis in die späten Abendstunden über ihr Hobby.
Saiko Shihan Marc A.W. Richards Hanshi 10. Dan und Gründer des Stils Dragon-Fist-Kempo Systems fasste den Tag wie folgt zusammen: „Ein schönes Seminar mit jungen Kampfkünstlerinnen und Kampfkünstlern sowie alten Weggefährten. Auch der Abend mit alten und neuen Kampfkunstfreunden, gutem Essen und guten Gesprächen war super!“ Auch das Fazit des Vereins ist durchweg positiv, Wolfgang Wiechers, Shihan 8. Dan Sportlicher Leiter und Übungsleiter Erwachsene erklärte: „Auf 50 Jahre Kampfkunst in Blomberg dürfen wir stolz sein! Schön, dass so viele Kampfkunstfreunde unserer Einladung gefolgt sind und wir unser Jubiläum mit einem tollen Seminar und einer prima Abendveranstaltung richtig feiern konnten.“
Wer mehr über den Verein in Erfahrung bringen möchte kann sich unter www.kempokarate.de informieren oder auch gerne unverbindlich am Training teilnehmen. Ansprechpartner und Trainingszeiten sind auf der Internetseite ebenfalls vermerkt.