Wo fängt Kunst eigentlich an? Reicht eine einfache Idee schon aus um letztlich Kasse zu machen? Sind solche Ausgaben dem Steuerzahler zuzumuten? Doch fangen wir mit den Hintergründen, nachzulesen auch im Ratsinformationssystem der Stadt Blomberg an: „Zur Gestaltung der einzelnen Stadteingänge im Zuge des städtebaulichen Entwicklungskonzeptes hatte das Büro Kortemeier und Brokmann, bereits diverse Lösungsvorschläge und Kostenschätzungen erarbeitet. Im Detail sollten dazu an den einzelnen Stadteingängen nachgebildete Stadtsilhouetten aus Stahl angeordnet und aufgestellt werden. In seiner Sitzung vom 12.07.2018 hatte der Ausschuss für Bauen und Umwelt insbesondere auch unter der sich mit der Umsetzung dieser Entwürfe abzeichnenden Kostenentwicklung beschlossen, diese Pläne aus verschiedenen Aspekten zunächst nicht weiter zu verfolgen. Den im Dezember 2017 vom Büro Kortemeier und Brokmann dazu vorgestellten Kostenermittlungen zufolge waren die Stadtsilhouetten allein seinerzeit mit einem Betrag von überschläglich 164.800 Euro zu veranschlagen.
Als Alternative zu den vom Büro Kortemeier und Brokmann erarbeiteten Plänen wurde vielmehr angeregt, das zwischenzeitlich vom Blomberg Marketing e.V. fortentwickelte Signet zur „Nelkenstadt Blomberg“ – unter Verwendung einer stilisierten Nelke – möglichst in eine solche Eingangsgestaltung mit einzuarbeiten. Dabei sollte mit der Suche nach Alternativen zu den Stadtsilhouetten insbesondere auch eine kostengünstigere Lösung für die Stadteingänge erarbeitet werden.“ Dazu stellte der Kunsthandwerker Hans Kordes, Verl-Kaunitz, seine bisherigen Überlegungen und Pläne zur Erstellung und Anordnung einer Skulptur einer aus Stahl nachgebildeten überdimensionalen Nelke im Vattipark dar und erläuterte seine Vorstellungen und Herangehensweise an dieses Projekt wie folgt:
Seit 18 Jahren ist der Maschinenbauer/ Metallbautechniker Hans Kordes als Stahlkünstler unterwegs, seit einigen Jahren nun hauptberuflich. „Ich bin der Künstler, der den Hermann macht, dann wissen die meisten wer ich bin, damit sie wissen wer hier heute zu Besuch ist. Ihr Bürgermeister Klaus Geise erzählte mir von Ihrer Geschichte (Gestaltung Stadteingänge) und fragte mich, ob ich nicht eine Idee dafür habe. Ich wusste zunächst nicht wovon er sprach. Ich habe mir dann im Detail den bisherigen Entwicklungsplan angesehen, mich in viele weitere Dinge eingelesen und durch das Internet geklickt, um ein Gefühl für Blomberg zu bekommen. Dann war dieses Logo, was Ihr Stadtmarketing entwickelt hat, verbunden mit dem Aufruf dieses zu nutzen – das soll das neue Markenzeichen für Blomberg sein. An diesem Logo bin ich hängen geblieben. Frei nach Pablo Picasso – Gute Künstler kopieren, große Künstler stehlen – habe ich mir gedacht ich mache das aus Stahl, ein wirkliches Teil, eine Plastik.
Wo sind die riesigen Nelkenfelder in dieser Stadt? In den Niederlanden gibt es hektarweise Tulpen, in Blomberg muss eine Nelke muss her, im Hier und Jetzt. Wir stellen die größte Nelke der Welt hier in Blomberg auf. Die Besucher stellen sich dann die Frage: Was ist denn das? Was steht denn da? Aber auch die Einwohner können sich damit identifizieren. Meine Installationen sind in Teilen vier oder fünf Meter groß, hier sollen es sogar sechs Meter werden. Die Nelke soll für sich selbst als Kunstwerk stehen, aber auch die Leute begrüßen. Als Material verwende ich korrodierten Stahl, der einen Hauch von Vergänglichkeit hat und den Kreislauf des Lebens symbolisiert. Das Gewicht würde ca. 2 Tonnen betragen, natürlich alles statisch berechnet. Doch keine Angst, ich gebe Ihnen eine Garantie auf unsere Lebenszeit und auch unsere Kinder werden den Vergang wohl kaum erleben. Die korrodierte Oberfläche passt sich hervorragend in den Park ein, harmoniert mit den Pflanzen und der ganzen natürlichen Umgebung. Eine indirekte Beleuchtung, also nicht von vorn, zwischen die beiden Schalen angebracht führt dazu, dass die Nelke von innen heraus leuchtet. Blomberg Marketing e. V. habe ich meine Idee schon präsentiert, ich darf mit Stolz sagen, dass die begeistert waren.
Es soll dann auch bezahlbare kleine Modelle für daheim, oder als Mitbringsel für Weggezogene geben. Eines möchte ich noch zu bedenken: Ein Kunstwerk kann nie allen gefallen, Kunst muss anstoßen, sonst ist es keine Kunst sondern Mode. Kunst muss anecken und zum Diskutieren anregen. Das berühmteste Kunstwerk, welches ebenfalls aneckte und abgebaut werden sollte, heute jedoch Millionen von Touristen anzieht: Der Eifelturm.
Marin Stork (FBvB): Ihr Modell sieht gut aus, keine Frage. Warum aber haben wir noch keine Unterlagen dazu im Vorfeld erhalten? Das finde ich sehr schade. Am 12.7.2018 haben wir das erste Mal davon gehört, dann bis heute nichts, warum? Wissen Sie dass daneben eine Videowand steht? Ohne Wand könnte ich mich damit anfreunden, so eher nicht. Auch die Kosten sind mir zu hoch. Das ist das Geld der Steuerzahler, dass kann ich nicht vertreten. Zum Thema Touristen: Mit der größten Nelke der Welt ziehen wir Touristen an? Mag sein, aber dann hat sonntags kein Café geöffnet und die Suche nach einer öffentlichen Toilette wird zur Schnitzeljagd.
Bürgermeister Klaus Geise: Die Dreidimensionalität war nicht mit einem Bild zu transportieren, daher gab es kein Material im Vorfeld in Form eines Fotos. Darauf haben wir ganz bewusst verzichtet. Das 3D Model sagt deutlich mehr.
Marin Stork (FBvB): Die Gestaltung des Parks haben wir gemeinsam unten abgestimmt. Wir sind nicht gegen die Gestaltung des Parks, nur gegen diese beiden Dinge (Wand und Nelke).
Günther Borchard (SPD): Wir sollten uns heute auf das konzentrieren, um was es heute eben geht. Blomberg Marketing hatte sich Gedanken gemacht und ist als CI-Merkmal zu der Nelke gekommen. Im Beirat des Vereins haben alle Fraktionen Zugang und können sich informieren. Zum damaligen Zeitpunkt war nicht greifbar, wie sich das umsetzen lassen könnte – in welche Richtung es gehen sollte. Wir sprechen hier heute über eine Alternative zur Stadtsilhouette, das es eine Nelke werden würde konnte man zumindest erahnen. Doch zunächst war alles zweidimensional, was also hätten wir vorlegen sollen was nicht schon bekannt ist.
Hans Kordes kommentierte den Einwand „Leinwand und Nelke“ mit: Das Thema Videowand ist sensibel und mir bekannt. Der Vattipark ist richtig groß, wir sind so weit von der Wand weg, da hat die Nelke nichts mehr mit der Wand zu tun, steht nicht im Schatten der Anzeigetafel. Sie steht darüber. Zwei Objekte in einem riesigen Park die sich nicht gegenseitig stören.
Daniel Klein (CDU): Wir finden den Vorschlag auch sehr gut. Ich würde das, also Ihre aufklärenden Worte, jedoch gerne mit in unsere Fraktion nehmen und darüber beraten.
Andreas Runte (CDU): Gibt es die Möglichkeit Ihr Model öffentlich aufzustellen? Dann können sich auch die heute nicht anwesenden Fraktionsvorsitzenden und Bürger ein Bild davon machen.
Frank Bischoff: Das Angebot zur Aufstellung im Rathaus haben wir seitens Herrn Kordes bereits bekommen.
Bürgermeister Klaus Geise: Sicherlich gibt es verschiedene Meinungen beim Thema Kunst. Charme hätte ein einstimmiges Votum dieses Gremiums, gleichzeitig gebe ich zu bedenken, die Zeit macht es auch nicht besser, also wenn jeder seinen Senf dazu gibt und ein an sich stimmiges Konzept dann letztlich zerredet wird. Meinem Erachten nach wäre es entscheidungsreif, aber ich will hier nicht vorgreifen.
Günther Borchard (SPD): Ist der Wunsch zur Vertagung noch da?
Daniel Klein (CDU): Ja, sehr gerne.
Günther Borchard (SPD): Dann vertagen wir. Vielen Dank an Herrn Kordes für das Modell aber auch für seine Ausführungen und die damit verbundenen Gedanken. Schade, dass das heute nicht mehr Leute mitbekommen haben.
Der Grundkonzeption des Entwurfes „Nelke“ als auch der Errichtung einer Nelkenskulptur im Vattipark durch den Künstler Hans Kordes, Verl-Kaunitz, wurde somit noch nicht zugestimmt, der Tagerordnungspunkt vertagt.
Randnotiz: Zurück zu unserer Einleitung kommend stellen wir als Redaktion erneut die Frage: Was ist Kunst? Das von Blomberg Marketing entworfene Logo aus korrodiertem Stahl nachzubauen? Oder ist das eher eine Idee? Auch für Ideen sollte man sich sicherlich bezahlen lassen, das ist nicht mehr als fair. Der Künstler selbst ist ein absoluter Sympath und seine Ausführungen waren tatsächlich mitreißend. Die Idee zur Errichtung eine überdimensionalen Nelke im Vattipark würde eine Bereicherung bedeuten sofern der Standort gut gewählt würde und optisch nicht mit der Videowand kollidiert. Auch den Ansatz kleinerer Modelle für den Hausgebrauch verfügbar zu machen – einfach toll. Allerdings sollte man auch die entstehenden Kosten im Blick behalten. Kosten, die leider nur im Nichtöffentlichen Teil der Sitzung zugänglich gemacht wurden. Wenn eine Skulptur nach einem bereits vorhandenen Logo, die man mit einem Laser problemlos ausschneiden lassen kann, dann einen Kunstaufschlag erhält und den Steuerzahler zusätzlich belastet… Bilden Sie liebe LeserInnen sich Ihr eigenes Urteil.