„Der fortschrittlichste und kompakteste Kindersitz aller Zeiten“, das behauptet der Anbieter Mifold über seinen Kindersitz Grab-and-Go (Preis: 70 Euro). Kompakt ist das außergewöhnliche Modell zum Zusammenfalten tatsächlich – und zudem offiziell für Kinder von vier bis 12 Jahre zugelassen. Wir prüften ihn daher nach unseren Maßstäben für Autokindersitze und mussten feststellten: Beim Unfall schützt dieser Sitz das Kind nahezu gar nicht.

Kompakt aber unsicher

Sogar ausgeklappt und ausgezogen ist der Mifold nicht sehr groß. Und wirklich bequem sitzt das Kind auch nicht.
Der kleine Sitz besteht nur aus einem zusammenklappbaren Sitzkissen mit seitlich ausziehbaren Schienen für den Beckengurt sowie einer Rückenschlaufe mit Schnalle für den Schultergurt. Der Grab-and-Go kostet 70 Euro und soll laut Hersteller genauso sicher sein wie ein herkömmlicher Autokindersitz. Doch in unserem Test zeigt sich: Er bietet kaum Sicherheit. Wie schon auf den ersten Blick zu erkennen, schützt er das Kind seitlich gar nicht. Und auch bei einem frontalen Aufprall schneidet der Autogurt stark in den Bauch ein. Organe und Becken des Kindes sind dann gefährdet. Daher fiel der Mifold Grab-and-Go bei uns klar durch.
Gute Autokindersitze finden
Doch im aktuellen Test von Autokindersitzen gab es auch zahlreiche positive Überraschungen. Unser arrow-rightProduktfinder Autokindersitze zeigt alle 403 bisher von der Stiftung Warentest geprüften Modelle: 8 davon sind sehr gut und 226 gut – aber immerhin 48 nur mangelhaft.

Trotzdem offiziell zugelassen

Auch wenn er bei uns im Test durchgefallen ist: Die Prüfungen für die europäische Sicherheitsnorm ECE-R 44 hat der Mifold-Sitz geschafft – damit ist er als Autokindersitz für 4- bis 12-jährige zugelassen. Im Fall einer Polizeikontrolle entfällt damit das Bußgeld für den nicht vorschriftsgemäßen Transport des Kindes. Die Norm R 44 verlangt allerdings keinen Seitenaufprall-Test. Beim Frontalcrash schützt der Mifold gerade noch ausreichend für die Norm.

Unzureichende Gurtführung

In Deutschland müssen Kinder bis zum zwölften Lebensjahr im Autokindersitz sitzen. Bis dahin ist ihr Becken noch nicht vollständig ausgereift. Ein guter Kindersitz führt den Autogurt so, dass er nicht am Hals und Bauch einschneidet. Der Mifold Grab-and-Go hält den Schultergurt jedoch nicht in der richtigen Position. Weil sich die – ausziehbaren – Gurtführungen von selbst verschieben können, schnürt der Beckengurt mitunter schon während der Fahrt die Beine des Kindes unangenehm ein, wenn sich die Führung verkürzt. Viel gravierendere Folgen hat die unzureichende Gurtführung aber bei einem Frontalaufprall: Dann schneidet der Gurt in den Bauch des Kindes ein und kann Organe und Becken schwer schädigen.

Seitlich gar kein Schutz

Beim Seitencrash bietet das handliche Modell von Mifold dem Kind gar keinen zusätzlichen Schutz: Letzteres ist genauso schlecht gesichert wie ganz ohne Sitz. Bei guten Autokindersitzen schützt eine Rückenlehne mit seitlichen Polsterungen den Kopf des Kindes davor, gegen die Autoscheibe zu stoßen. Beim Seitenaufprall-Test mit dem Grab-and-Go knallte der Kopf des Prüfdummies dagegen ungebremst auf die Scheibe. Im wirklichen Leben würde sich ein Kind dabei ernsthaft verletzen oder gar sterben. Der Mifold ist damit ähnlich unsicher wie andere Sitzerhöhungen (Booster): Er bietet keinen ausreichenden Schutz beim Seitenaufprall. Dasselbe trifft auf Kindersitze mit abnehmbarer Rückenlehne zu. Ohne die Lehne verlieren auch sie ihre Schutzfunktion beim Seitenaufprall.

Dazu noch fummelig und unbequem

Außerdem ist beim Grab-and-Go die Gefahr groß, dass Eltern den Sitz falsch einbauen. Eine Anleitung wird zwar mitgeliefert, völlig selbsterklärend ist der Einbau des Mifold jedoch nicht. So dachten einige unsere Testnutzer, man müsse die Sitzauflage so ausklappen, dass sie ungefähr einen 90-Grad-Winkel bildet und der obere Teil sich an die Rückenlehne schmiegt. Sie muss aber ganz flach auf der Sitzfläche aufliegen. Zudem ist es nicht ganz leicht, den Autogurt durch die seitlich ausziehbaren Gurtführungsschienen einzufädeln. Auch das Anschnallen ist etwas fummelig. Da es sich nur um eine dünne Auflage handelt und nicht um eine wirkliche Sitzerhöhung, kann es passieren, dass der „Sitz“ verrutscht, wenn das Kind erst einmal darauf Platz genommen hat. Zudem ist der Grab-and-Go hart gepolstert – bequem sitzt das Kind also nicht.
Fazit: Innovativ, aber unsicher
Innovativ ist der Grab-and-Go von Mifold, dennoch müssen wir von ihm abraten. Kinder sitzen darauf nicht sicher, wenn es zum Unfall kommt – das gilt sowohl für frontale als auch seitliche Zusammenstöße. Der Sitz eignet sich also noch nicht einmal als Notsitz, wenn spontan noch ein zusätzliches Kind im Auto mitfahren soll – es sei denn, der Fahrer möchte sich das Bußgeld sparen. Doch ans Sparen sollten Eltern beim Kauf von Kindersitzen nicht als Erstes denken. Der Preis dafür ist zu hoch: die Sicherheit ihrer Kinder.
Pressemeldung Stiftung Warentest