Frau Blome regte die Änderung des § 15 der Friedhofssatzung der Stadt Blomberg an. Mit der Änderung soll die Verlängerung der Nutzungsdauer von Reihengrabstätten, analog zu denen von Wahlgrabstätten nach § 16 Abs. 4, ermöglicht werden. Der Angehörige der Familie Blome wurde im Jahr 1988 in einem Reihengrab (Einzelgrab) beigesetzt. Die Nutzungszeit (30 Jahre) ist Ende 2018 abgelaufen. Den Antrag finden unsere LeserInnen hier, mündlich trug Blome sinngemäß und auszugsweise wie folgt vor:

 

„Ich freue mich hier sprechen zu dürfen, mir war gar nicht bewusst, dass ich das darf (Anmerkung der Redaktion: So dürfte es vielen Bürgern unserer Stadt gehen. Tatsächlich darf jeder öffentlichen Sitzung beigewohnt werden und Antragstellern wird in Fachgremien auf Wunsch immer auch ein einmaliges Rederecht eingeräumt.). Ich bin seit 33 Jahren im Pflegebereich und zudem ehrenamtlich in dem Hospiz tätig. Berufsbedingt werde ich dadurch natürlich häufiger mit diesem Thema konfrontiert und möchte Sie gerne dafür sensibilisieren. Was für die Verwaltung (verständlicherweise) eine Nummer ist, ist für mich das Grab meines Mannes.“ Fortfolgend schilderte die 51-Jährige, die im Alter von gerade einmal 21 Jahren Ihren Mann verlor, die damaligen Geschehnisse und ihre persönliche Gefühlslage. Richtigerweise stellte sie fest, dass es schon an seelische Grausamkeit grenzt, wenn das Grab als einzige Anlaufstelle in einem so besonderen Fall wegfällt. Als junger Mensch in eine solche Situation zu geraten wünscht man niemandem und schon gar nicht darf man von Betroffenen erwarten, dass diese dann in der Lage sind Entscheidungen zu treffen, die sich mit weiter Zukunft beschäftigen. „Ich stehe hier stellvertretend für alle – denn jeden kann es irgendwann treffen einen solchen Brief (Bescheid über die Einebnung eines Grabes) erhalten. Trauerbewältigung ist sehr individuell, daher darf man sich bei aller Tradition Veränderungen gegenüber nicht verschließen. Niemand weiß wie er in so einer Ausnahmesituation in 30 Jahren denkt. In einem anderen Fall hat eine Mutter ihren Sohn verloren. Als dies dann den Brief erhielt äußerte sie mir gegenüber, dass ihr Sohn an diesem Tag für sie ein weiteres mal gestorben sei“, so Blome abschließend.

 

Verwaltungsseitig wurde wie folgt Stellung genommen: Sollte das Friedhofsatzungsrecht hinsichtlich der Nutzungsdauer bei Reihengräbern geändert werden, so muss diese Änderung der Satzung als „Günstigere Regelung“ auch für Bestattungsfälle vor Inkrafttreten der Satzung gelten. Grundlage für das Bestattungswesen in der Stadt Blomberg ist die Friedhofssatzung vom 05.10.2017. § 15 der Friedhofsatzung enthält die Regelungen der Reihengrabstätten für Erdbestattungen. Danach sind Reihengrabstätten für Erdbestattungen Grabstätten, die der Reihe nach belegt werden. Ein Wiedererwerb des Nutzungsrechtes an der Reihengrabstelle ist lt. der Friedhofssatzung nicht möglich. Merkmal eines Reihengrabes ist danach, die Grabstätten der Reihe nach zu belegen. Das Aussuchen einer Grabstelle ist nicht möglich. Das Reihengrab wird von der Friedhofsverwaltung zugeteilt- eine individuelle Auswahl ist ausgeschlossen. Folglich ist es auch nicht möglich, z.B. eine Grabstelle zu überspringen oder für Angehörige zu reservieren. Eine gewisse Anzahl von Reihengräbern bildet ein Reihengrabfeld, das getrennt von anderen Grabarten angelegt ist.

 

Gem. § 16 Abs. 1 der Friedhofssatzung sind Wahlgrabstätten für Erdbestattungen mehrstellige Grabstätten, an denen auf Antrag ein Nutzungsrecht für die Dauer der Nutzungszeit verliehen wird. Nach Ablauf der Nutzungszeit kann das Nutzungsrecht für die gesamte Wahlgrabstätte auf Antrag für weitere 10 Jahre wieder erworben werden. Nach Ablauf dieser Verlängerungsfrist ist auf begründeten Antrag eine weitere Verlängerung für 10 Jahre möglich. Die Friedhofssatzung orientiert sich an der Mustersatzung des Städte- und Gemeindebundes, die ebenfalls keine Verlängerungsmöglichkeit des Nutzungsrechtes für Reihengrabstätten vorsieht. Neben der Friedhofssatzung der Stadt Blomberg ist die Gebührensatzung für die kommunalen Friedhöfe der Stadt Blomberg vom 17.11.2017 anzuwenden. Diese regelt unter Berücksichtigung der Friedhofsatzung die Gebühren für die Überschreitung der Nutzungsdauer für Wahlgräber, Urnenwahlgräber und Urnenkammern. Pro Jahr fallen bei Überschreitung der Nutzungsdauer (30 Jahre) bei Wahlgräbern 31,20 Euro an. Gebühren für die Verlängerung der Nutzungsdauer bei Reihengräbern sind analog der Friedhofssatzung nicht geregelt.

 

Gegen eine Verlängerung der Nutzungsdauer sprechen

• Individuelle Verlängerungsmöglichkeiten stehen einer, geordneten und zukunftsorientierten Friedhofsplanung entgegen
• Zersiedlung der Gräberlandschaft – damit höherer Pflegeaufwand durch BBH
• Schaffung von Gräbern in Streulagen
• Hinterbliebenen Behinderung bei den laufenden Einebnungsarbeiten, um ein neues Grabfeld anzulegen
• Grundlage für Nichtwiedererwerb von Reihengräbern sind die Mustersatzung Städte- und Gemeindebund sowie Gerichtsurteile

 

Für eine Verlängerung der Nutzungsdauer sprechen

• Höhere Gebühreneinnahmen
• Besondere private, persönliche, emotionale und familiäre Gründe der Hinterbliebenen

 

Sollte also die Anpassung des Nutzungsrechts für Reihengrabstätten denen der Wahlgrabstätten angeglichen werden, müssten sowohl die Friedhofssatzung als auch die Gebührensatzung angepasst werden. Nach einer Präsentation über die verschiedenen Grabstätten, bei der Annette Frank verschiedene Grabvarianten und die damit verbundenen „Möglichkeiten“ erläuterte, eröffnete Bürgermeister Klaus Geise die Aussprache: „Zunächst vielen Dank für den Einblick in die sehr private Situation. Sie verwendeten in Ihren Ausführungen die Vokabel „Amtsdeutsch“. Dazu möchte ich anmerken, dass Einzelschicksale oder besondere Situationen für uns in Satzungen schwierig zu fassen sind. Wir kommen leider nicht umhin ein Amtsdeutsch oder Fachdeutsch zu listen. Wenn wir Ihrem Antrag entsprechen wollen, so müssen sowohl die Friedhofssatzung, als auch die Gemeindesatzung angepasst werden. Der Städte- und Gemeindebund hatte angeregt die Mustersatzungen beizubehalten.“

 

Im Kern waren sich alle Ausschussmitglieder darüber einig, dass es hier eine rationale und eine emotionale Betrachtungsweise gibt. Da in Blomberg jedoch genügend Flächen vorhanden sind, wurde die Verwaltung zunächst bei 14-Jastimmen und einer Enthaltung beauftragt eine neue Gestaltungsmöglichkeit der Satzungen zu erarbeiten und dem Gremium in einer kommenden Sitzung vorzulegen. Da die Mustersatzung des Städte- und Gemeindebundes keinesfalls rechtsverbindlich ist, die Stadt Blomberg hier also frei entscheiden kann, darf Frau Blome auf eine Änderung hoffen. Die Grabstätte ihres Mannes bleibt zunächst in einer Art Schwebezustand und wird nicht angetastet, wie Bürgermeister Geise versicherte.