Online shoppen, via Smartphone bezahlen, per Mausklick einen Kredit aufnehmen: Verbraucherprobleme im digitalen Konsum-alltag bestimmten 2016 die Arbeit der Verbraucherzentrale NRW. Mehr als 830.000 Mal war sie Wegweiser zu Rat und Recht. Im Online-Portal „Paket-Ärger“ wurden 12.500 Beschwerden über missglückte Paket-zustellungen abgeladen. Und das Phishing-Radar hat mehr als 108.000 Mal vor betrügerischen Phishing-Mails gewarnt.
Mal winkte eine Fitnessuhr als Gratisgeschenk, mal lockte ein Gewinnspiel zu Routenplanern im Internet. Andernorts pries eine Onlineplattform unschlagbare Schnäppchen an oder waren vermeintliche Gratis-Kochrezepte nur einen Mausklick entfernt. „Fast immer gemeinsame Zutat: Geschickte Täuschung, damit arglose Nutzer kostenpflichtige Bestellungen vornehmen oder in ungewollte Abos tappen“, so NRW-Verbraucherzentralenvorstand Wolfgang Schuldzinski.
Da lockte die Seite profi-kochrezepte.de mit ausgekochter Abzocke, um auf 20.000 Kochrezepte zugreifen zu können. Denn wer danach kochen wollte, musste zuvor unter der Angabe persönlicher Daten einen Zugang erwerben. „Doch den Button ‚Jetzt anmelden‘ zu drücken, kam teuer zu stehen: Der Betreiber der Seite, eine ‚B2B Web Consulting GmbH‘, verschickte Rechnungen über fast 240 Euro. Und im folgenden Jahr wollte die Firma den Betrag noch einmal kassieren.
Denn aus ihrer Sicht war mit dem Klick ein zwei Jahre laufender Vertrag zustande gekommen“, erläutert Schuldzinski: „Tatsächlich gab es auf der Internetseite einen versteckten Hinweis, dass sich das Angebot nur an Firmen und Gewerbetreibende richte – für die die verbraucherschützenden Informationspflichten nicht gelten. Doch hatte der Betreiber keineswegs ausgeschlossen, dass sich auch Privatpersonen anmelden können.“ In einem von der Verbraucherzentrale NRW angestrengten Verfahren hat das Oberlandesgericht Hamm der Abzocke einen Riegel vorgeschoben. Wegen des versteckten Hinweises auf die Kosten und weil ein unmiss-verständlich gestalteter und beschrifteter ‚Kaufen‘-Button fehlte, müssen Verbraucher, die sich angemeldet haben, nicht zahlen. „Dieses Beispiel zeigt, wie Rechtsberatung im Einzelfall und Aktivitäten zum generalisierenden rechtlichen Verbraucherschutz wirkungsvoll Hand in Hand gehen“, freut er sich über den Erfolg gegen Abzocke im Internet.
Unverlangtes Werben am Telefon, Unterschieben von Verträgen oder eigenmächtige Vertragskündigungen ohne Vollmacht des Kunden – dieses Trio hat die Verbraucherzentrale NRW in 2016 als Türöffner ausgemacht, um zum Abschluss neuer Energielieferverträge zu kommen. So haben Ratsuchende geschildert, dass sich Unternehmen bei ihnen unaufgefordert am Telefon gemeldet und dann mit der Nachricht überrascht hatten, dass angesichts der anstehenden Gas- oder Strompreiserhöhung ein Anbieterwechsel echte Ersparnis bringe. Selbst wenn sich Verbraucher bei einem solchen Telefonanruf lediglich mit der Zusendung von Informationsmaterial einverstanden erklärt hatten, wurden ihnen Vertragsbestätigungen nebst allgemeinen Geschäftsbedingungen und Widerrufsbelehrung zugeschickt. „Damit wurde der Eindruck erweckt, dass bereits ein Vertrag zustande gekommen war. Eine unzumutbare Belästigung, weil sich Betroffene aktiv gegen den angeblichen Vertragsabschluss wehren mussten“, erläutert Schuldzinski. Das erforderliche Einverständnis für die telefonische Kontaktaufnahme sollten Verbraucher, so die Behauptung der Anbieter, oft bei deren Teilnahme an Gewinnspielen erklärt haben. Woran sich Betroffene allerdings entweder nicht erinnerten oder dies bestritten. Gegen vier Anbieter wurde inzwischen Klage eingereicht.
Einmal mehr mündeten falsche Kreditversprechen in Kostenfallen. Auf Internetseiten mit verheißungsvollen Adressen wie etwa sorglosduo.de, firstgold.de oder mastercredit.de wurde der unproblematische Zugang zum bargeldlosen Bezahlen angepriesen, selbst wenn der Finanzrahmen in Schieflage geraten war. „Kredit und Kreditkarte ohne Schufa! Die hochgeprägte Goldkarte winkt auch bei schlechter Bonität!“ – wer das glaubte und bestellte, orderte ungewisse Erfolgsaussichten inklusive. Denn entweder gab es nur teure Prepaid-Kreditkarten oder gar bloß ein paar Antragsformulare für ein Auslandskonto mit Sicherheitsleistung.
Im Kleingedruckten der Anbieter war nämlich erwähnt, dass die Anfrage nur an ein Kreditinstitut zur Prüfung weitergegeben werde. „Dessen ungeachtet war nach Bestellung der Kreditkarte eine kostenpflichtige Postsendung per Nachnahme ins Haus geflattert. Diese enthielt aber nicht die erhoffte Kreditkarte, sondern die Aufforderung, eine Ausgabegebühr von 49,90 Euro zu entrichten“, rechnet Schuldzinski vor. Zudem sei eine Jahresgebühr in ähnlicher Höhe angefallen. „Dies alles wurde für eine bloße Prepaid-Kreditkarte verlangt, auf die man vor der Benutzung erst Geld laden muss – und die es anderswo kostengünstiger gibt“, entlarvt er die Versprechen vom problemlosen schnellen Kredit.
Vor allem ältere Kabelkunden waren Zielgruppe von Werbern für Produkte eines Kabelnetzbetreibers: Bei ihren Besuchen hatten sie an der Wohnungstür Ängste im Hinblick auf die Einstellung des analogen TV-Programms am 30. Juni 2017 geschürt. Dadurch verunsichert sind dann oft überflüssige und teure Verträge für Telefonie und Internet oder zusätzliche kostenpflichtige TV-Angebote abgeschlossen worden. „Die Werber hatten auf Unkenntnis gesetzt. Denn dass für die anstehende Umstellung auf digitalen Kabel-Empfang keine neuen Verträge notwen-dig sind, hatten sie natürlich nicht verraten“, so Schuldzinski.
Bei vielen Rechtsberatungen und -vertretungen standen Probleme mit Telekommunikationsanbietern im Mittelpunkt: Zumeist ging es um nicht nachvollziehbare Posten in der Rechnung oder um Schwierigkeiten bei der Kündigung von Verträgen. Auch wenn die tatsächliche Leistung und Geschwindigkeit des Internetanschlusses mit den Versprechungen in der Werbung oder des Kundenberaters nicht übereinstimmte, bot das Anlass zu Beschwerden. Außerdem: In einem gerichtlichen Eilverfahren hat die Verbraucherzentrale NRW beim Landgericht Essen klären lassen, dass die seit Sommer 2016 freie Wahl des Routers nicht nur für Neu-, sondern auch für Bestandskunden gilt.
Erfolgreich hat die Verbraucherzentrale NRW zudem gegen unzulässige Darlehensgebühren bei Bausparkassen und löchrige Datenschutzbestimmungen bei Facebook und Samsung geklagt.
Auch Verbraucherprobleme von geflüchteten Menschen sind bei der Verbraucherzentrale angekommen: So hatten ihnen zum Beispiel umtriebige Mitarbeiter in Telefonshops ein kostenloses Smartphone oder Tablet versprochen. Tatsächlich fanden sie sich dann jedoch in zwei oder gar drei Verträgen mit 24-monatiger Laufzeit wieder. Aktuell startet die Verbraucherzentrale NRW in sechs Beratungsstellen das Projekt „Get in“ mit Bildungsveranstaltungen für Geflüchtete.
Die Verbraucherzentrale hat 2016 in Neuss die 61. Beratungsstelle eröffnet. Mit einem Konzept zur „Verbraucherberatung im Quartier“ erprobt sie einen neuen Ansatz in drei strukturell benachteiligten Kölner Stadtteilen. Darüber hinaus hat sie in fast 650 Veranstaltungen mehr als 10.000 Kindern und Jugendlichen das Einmaleins des Verbraucherdaseins nahe gebracht.
Pressemeldung Verbraucherzentrale NRW
Internetabzocke als Dauerbrenner
Mai 27, 2017