Landrat Dr. Axel Lehmann eröffnete in bester Laune die Traditionsveranstaltung.

„Es war schon eine Durststrecke, gerade für das Schaustellergewerbe, aber auch für die Feierwilligen und Wilbasen-Liebhaber, die durch die Pandemie ausgelöst wurde“, leitete unsere Redaktion noch im letzten Jahr ein. …und gefeiert wurde im letzten Jahr reichlich. In 2023 ist dann längst wieder „Normalität“ eingekehrt, wobei ganz „normal“ ist diese Ausnahmeveranstaltung sicherlich nicht. Abgesehen davon, dass es deutschlandweit die einzige Kirmes ist, welche von einer Kreisveranstaltung organisiert wird, gibt es weitere Parameter, die nicht so ganz normal sind. Ein 48.000 Quadratmeter großes Veranstaltungsgelände, über 200 Markthändler und Schausteller in 2023 und teilweise spektakuläre Fahr- und Belustigungsgeschäfte ziehen alljährlich tausende Menschen auch aus der Ferne ins schöne Blomberg. Bei den aktuellen Wetterprognosen dürften es bis Montag vermutlich wieder weit über 200.000 an der Zahl werden.

 

Erstes Highlight in jedem Jahr ist der traditionelle Fassbieranstich durch Landrat Dr. Axel Lehmann, durch den eine der größten und ältesten Kirmesveranstaltungen im Kreis Lippe offiziell eröffnet wird. Die Wurzeln des Volksfestes reichen bis ins Jahr 856 zurück, selbst das Münchner Oktoberfest kann mit der Kreisveranstaltung nicht mithalten, fand erstmals im Jahr 1810 statt. Erneut waren der Einladung des Landrats zahlreiche Ehrengäste aus Wirtschaft und Politik gefolgt. Darunter Christoph Dolle (Bürgermeister der Stadt Blomberg) mit einigen Mitgliedern des Stadtrats, Jürgen Berghahn (Mitglied des Deutschen Bundestags), Alexander Baer (Landtagsabgeordneter) oder Antonio „Tino“ Noack (Vorsitzender des Vereins Lippischer Schausteller e.V. – Nordrhein-Westfalen). Auch Kathrin Ridder (1. Vorsitzende) und Jasmin Whiting (Geschäftsstellenleiterin) von Blomberg Marketing e. V. gaben sich die Ehre. Als Gastgeber begrüßte Dr. Lehmann am heutigen Tage Peter Daletzki, der mit seinem Team erneut für die Bewirtung der Gäste zuständig war.

 

Landrat Dr. Lehmann ließ es sich nicht nehmen vor dem Anstich die Leistungen der Einsatzkräfte aus dem Sanitätswesen, der Feuerwehr und der Polizei lobend zu erwähnen. Selbstverständlich bedankte er sich bei den zahlreichen Schaustellern, ohne die ein solches Event gar nicht möglich wäre und erwähnte in diesem Zusammenhang tolle Highlights der Veranstaltung. Nachdem es in 2022 mit Michael Gronau erstmalig einen externen Marktmeister gegeben hatte, setze der Kreis Lippe auch in diesem Jahr auf seine Kompetenz. Besonders bedankte sich Dr. Lehmann auch bei seinen für den Markt hauptverantwortlichen Mitarbeiterinnen Kirsten Hilker und Marin Engel und lobte zudem das gute Angebot, welches im Bereich der Jugendbetreuung wieder auf dem Wilbaser Markt vorhanden ist, bevor er das Mikrophon an Bürgermeister Christoph Dolle übergab.

 

Christoph Dolle ordnete die aktuelle Situation der Stadt ein.

Christoph Dolle begrüßte die Anwesenden als Bürgermeister der Stadt Blomberg herzlich zur Eröffnung des 591. Wilbaser Marktes und schloss sich den dankenden Worten des Landrats an. „Zu Wilbasen gehört Musik, der Duft gebrannter Mandeln, bunte Fahrgeschäfte, ebenso wie das gesellige Beisammensein, das Feiern mit Freunden und das Wiedersehen mit alten und mit neuen Bekannten. Hier in Blomberg war es die letzten Wochen leider deutlich spürbar — ein friedliches Zusammenleben ist längst keine Selbstverständlichkeit mehr. Die besondere Dynamik der Kommunikation in sozialen Netzwerken und die vermeintliche Anonymität im Internet haben die Hemmschwellen für Beleidigungen und Aufrufe zur Gewalt stark gesenkt. Hass und Hetze haben sich besorgniserregend ausgebreitet. Die bösen Geister der Vergangenheit zeigen sich in neuem Gewand und präsentieren ihr völkisches Denken als die Antwort auf die offenen Fragen unserer Zeit. Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, dass wir wieder mehr Menschen für unsere lokale Demokratie begeistern können.

 

Die nächsten drei Tage stehen im Zeichen einer starken Gemeinschaft und für ein friedliches Miteinander. Wilbasen ist Vielfalt: Es ist schön zu wissen, dass sich so viele Menschen mit Ausdauer und Idealismus für das gesellschaftliche Leben, für Kultur und Brauchtum in unserer Stadt engagieren. Gerade in der heutigen Zeit ist das Zusammenarbeiten wie auch das zusammen Feiern von den unterschiedlichsten Menschen vor, während und nach einer solchen Veranstaltung auch ein Zeichen für eine friedliche und tolerante, weltoffene wie bodenständige, pluralistische und kooperative Gesellschaft. Ein herzliches Dankeschön geht daher an alle, die zum Gelingen des Wilbaser Marktes beitragen. Die erfolgreiche Zusammenarbeit zahlreicher Akteure, das Engagement der Bürgerinnen und Bürger und der Schausteller schaffen eine einzigartige Mischung, die Wilbasen zu dem macht, was es ist. Ich freue mich auf die vielen Besucherinnen und Besucher aus nah und fern und wünsche uns allen ein paar unbeschwerte und gesellige Tage auf der größten Stoppelkirmes in Ostwestfalen.

 

Antonio Noack ehrte Wolfgang Michel (re.) mit der goldenen Nadel seiner Zunft.

Antonio Noack hatte im letzten Jahr in seiner Funktion als Vorsitzender der lippischen Schausteller noch auf die besonderen Umstände der letzten beiden Jahre hingewiesen: „Hinter uns liegen 27 Monate, in denen wir kein Geld verdient haben. Meine Kollegen und ich haben bundesweit die Politiker mobilisiert und durch die Überbrückungshilfen gibt es uns noch, dafür herzlichen Dank.“ Wenn die Großeltern von „Zeiten nach dem Krieg“ sprechen, so spricht seine Generation von „Zeiten nach Corona“. Ein durchaus heftiger Vergleich, der jedoch die Schwere der Auswirkungen durch die Pandemie verdeutlicht. Mittlerweile hat sich die Lage glücklicherweise schon wieder etwas entspannt, gleichwohl es im letzten Jahr aus Sicht der Schausteller doch einen noch etwas holprigen Neustart gegeben hatte. Auch Noack lobte Michael Gronau, Kirsten Hilker und Marin Engel – sie seien sehr fleißig und gäben sich die größte Mühe diesen Markt auf die Beine zu stellen.

 

Noack hatte den Vizepräsidenten für Berufsfragen vom Deutscher Schaustellerbund e.V. „im Gepäck“, über dessen Besuch er sich sichtlich freute. Thomas Meyer war der Einladung gerne gefolgt, kommt er doch als gebürtiger Ostwestfale gerne aus Berlin nach Lippe. „Dieser Markt ist schon etwas ganz Besonderes, ist er doch noch bevor Kolumbus Amerika entdecke, und der wusste gar nicht was er tat – entstanden. Getragen von den Schaustellern, meinen lieben Kollegen, wird er auch hoffentlich noch die nächsten 500 Jahre bestehen und unserem Berufsstand die Ausübung auch weiterhin ermöglichen“, so der Vizepräsident. Im Anschluss nahm Antonia Noack noch eine Auszeichnung vor, Wolfgang Michel, seit 50 Jahren auf Wilbasen, wurde mit der goldenen Ehrennadel ausgezeichnet. Gerührt äußerte dieser: „Man muss sich immer weiterentwickeln. Zum Markt haben viele beigetragen. Man muss immer miteinander sprechen, auch über die Dinge, die eben nicht so gut laufen. Der Weg der hier eingeschlagen wurde ist bislang richtig, man muss ihn nun auch mit den richtigen Leuten weitergehen.“

 

Mittlerweile sehr routinierter Fassbieranstich durch Landrat Dr. Lehmann.

Endlich kam es nun zum ersehnten Fassbieranstich, den Lehmann schon mit einer gewissen Routine vollbrachte. Der erfolgreiche Anstich darf durchaus als positives Omen für vier tolle Veranstaltungstage verstanden werden. Und wie immer: Während unsere Redaktion im Büro diesen Artikel für unsere Leserschaft verfasst, befinden sich die Ehrengäste auf dem traditionellen Rundmarsch um sich ein genaues Bild von den einzelnen Ständen zu machen – und Sie lesen gerade diesen Artikel? Runter vom Sofa und ab auf die Kirmes – wir wünschen Ihnen viel Freude auf dem 591. Wilbaser Markt.