Eigentlich ist eine Preisverleihung mit dem Gefühl der Ehre, Würdigung und Anerkennung verbunden. Darüber freuen sich sichtlich auf dem Foto die Ortsvorsteher, die diese Preise stellvertretend für die tatkräftigen, engagierten Bürger/-innen vor Ort in Empfang nehmen. – Wussten letztere eigentlich davon? Im Publikum waren sie nicht anwesend. Und warum nur stellt sich bei dieser Preisvergabe ein schaler Beigeschmack ein?
Kurzer Rückblick: 2017 hatte die Mehrheit des Stadtrates beschlossen, aus Kostengründen 4 Friedhöfe „auslaufen“ zu lassen. D. h., ab sofort sollten dort keine Beerdigungen mehr stattfinden. Das heißt aber nicht, dass diese Friedhöfe ab sofort nicht mehr gepflegt werden müssten – dazu ist die Kommune weiterhin vollumfänglich verpflichtet. Sie muss weiterhin 30 Jahre bis zum Auslaufen des letzten Grabes Rasen mähen, Hecken schneiden, Wege bereiten! Große Frage: wie passt das denn nun mit der angestrebten Kostenreduzierung zusammen? Nun, jetzt kommen unsere Preisträger ins Spiel: Damit weiterhin auf einem örtlichen Friedhof bestattet werden kann und trauernden Angehörigen endlose, mühsame Wege auch zur Grabpflege nicht zugemutet werden, übernehmen einige wenige Bürger/-innen die Aufgaben der Kommune: Die Kostenersparnis tritt sofort ein. Somit ist das Kalkül der Stadtverwaltung und Politiker voll aufgegangen: Betroffene Bürger/-innen mit gesundem Menschenverstand und sozialer Intelligenz, auf die sich bereitwillig unliebsame Kosten abwälzen lassen, haben sich quasi auf Knopfdruck eingefunden.
Nun zum Heimatpreis: Dazu hat der Rat der Stadt Blomberg detailliert folgende Kriterien festgelegt:
– Engagement im Bereich der Heimat- und Brauchtumspflege und zur Erhaltung von Traditionen und/oder
– Beitrag zum Erhalt besonderer künstlerischer örtlicher Projekte und/oder
– Beitrag zur Stärkung des Standortes Blombergs in der Region und/oder
– Beitrag zum Erhalt der historischen Identität der Stadt Blomberg
Dieser Preis ist vom Land NRW initiiert, welches 5000 € dazugibt und wie folgt benannt wird: „Heimat. Zukunft. Nordrhein-Westfalen. Wir fördern, was Menschen verbindet.“
Ja, stimmt, was die Menschen hier verbindet, ist die Zwangslage der drohenden Stilllegung von Friedhöfen. Diese sind gerade im ländlichen Bereich nicht nur eine Selbstverständlichkeit, vor allem eine Notwendigkeit.
Die betroffenen Friedhöfe sind keine Orte der besonderen Brauchtumspflege, sie sind keine künstlerischen Objekte. Wie sie zum Erhalt der historischen Identität der Stadt Blomberg und zur Stärkung der Region beitragen sollen, ist mir ein Mysterium. Vielmehr gehören sie schlichtweg zur essentiellen Infrastruktur eines Ortes z.B. von fast 500 Einwohnern mit bekannter Demographie.
Nicht aus Traditionsbewusstsein und Heimatliebe pflegen die Bürger/-innen die Rasenflächen und die Hecken, die Kapellen: Dies geschieht aus reiner Not heraus, hervorgerufen durch erpresserischen Druck der verantwortlichen Politiker/-innen.
Sicherlich hatte(n) der- oder diejenige(n), die die Friedhofsgruppen zum Heimatpreis vorschlugen, nur die besten Absichten, ehrenwert und anerkennend. Vor dem Hintergrund aber, dass die auswählende Jury genau dieses Gremium ist, welches seinerzeit die Stilllegung der Friedhöfe beschlossen hat, kommt jetzt das schlechte Geschmäckle hoch. Zumal ein Teil der strahlenden Preisträger gleichzeitig Jurymitglied ist. Mit dieser Ehrung und Geld nun soll als Entschuldigung, Wiedergutmachung den wenigen tatkräftigen und fleißigen Helfern Genüge getan werden, die in ihrer Freizeit ihren restlichen ca. 15 000 Mitbürgerinnen/Mitbürgern einige Zehntausend Euro Kosten im Jahr ersparen. Dieses Anliegen kann nur aufgehen, wenn alle Friedhöfe ehrenamtlich bewirtschaftet werden.
Mit einem mit Geld dotierten Preis wird die Politik die Ungleichbehandlung nicht kompensieren: Sie ist Ausdruck des schlechten Gewissens, das Eingeständnis einer Fehlentscheidung und mit der Annahme des Preises zeigen sich die glücklichen Preisträger letztendlich auch noch zufrieden mit dieser Ehrenamtslösung. – Applaus?
Heike Niedermeier, Brüntrup
(Die Redaktion von Blomberg Medien bietet Bürgern die Möglichkeit zur Veröffentlichung von Leserbriefen, distanziert sich jedoch generell von Inhalten.)