Unser Bild zeigt (v.l.n.r.) Dr. Jörn Clamors, Dietmar Micklis, Björn Herde, Klaus Krentz, Dr. Edmund Haller, Andreas Gröning, Dietrich Meier zu Eißen, Dr. Robert Happe, Werner Schmidt, Ulrich Wächter und Jobst-Günther Juhre auf der Bahn im Deutschen Haus.

Blomberg hat auch das, den ältesten Männerkegelclub Lippes. Gleichwohl es durch eine Handschrift von Mönchen aus dem Jahr 1265 einen Beleg für das Existieren einer Kegelgilde geben soll (Bürger der Stadt und die katholische Geistlichkeit des Stiftes St. Victor schlossen sich zu einem »fratres kegelorum« (Brüder des Kegelns) zusammen), die ersten Kegelclubs wurden erst in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gegründet. Ab man nun das Gründungsjahr 1879 noch zur Mitte zählen möchte oder auch nicht, der Blomberger Kegelclub „Alle Neune von 1879“ besteht nun seit 140 Jahren und zählt damit zu den ältesten in ganz Deutschland, ist der älteste in Lippe.

 

„Ein Gründungsmitglied haben wir zwar nicht mehr“, scherzen die Club-Mitglieder aber geselliger Zusammenhalt gilt noch immer – damals wie heute. Zur Halbzeit, also nach 70 Jahren, waren jedoch schon vier von heute noch elf Mitgliedern am Kegeln interessiert – gewusst haben sie es zu dem Zeitpunkt aber wohl noch nicht. Wie gut der gesellige Zusammenhalt der Truppe funktioniert wird an der vorhandenen Altersstruktur deutlich. Das älteste Club-Mitglied ist stolze 94 Jahre als, das jüngste gerade 43. Dem Kegelsport wird noch immer Kampfgeist gezollt – bei den vier über das Jahr zu erkegelnden Pokalen, wovon der älteste eine echte Antiquität ist. Der „Büxe-Pokal“ stammt aus dem Jahr 1964 und ist mit der Schnapszahl 55 älter als so manches Mitglied.

 

Schnaps dürfte es wohl auch den ein oder anderen in geselliger Runde gegeben haben. Zum Beispiel beim jährlichen Ausflug, wie zuletzt im Jubiläumsjahr nach Prag, oder auf der traditionellen 1.-Advent-Veranstaltung, zu der auch die Damen herzlich geladen werden. „Noch viele Jahre woll´n sie kegeln und zusammen fröhlich sein“, lautet ein Trinkspruch seit den Anfängen und wird er auch noch weiterhin lauten, denn „Aufgeben“ ist keine Option, der Kegelclub hat ein festes Ziel – das Überdauern vieler weiterer Jahre. Eine beeindruckende Rede möchten wir unseren Leserinnen und Lesern nicht vorenthalten. Eine Rede, die nicht nur Zeitgeschichtliches dokumentiert, sondern auch aufzeigt, wie viel Liebe früher in die Vorbereitung eines solchen Anlasses gesteckt wurde. Eine lange, doch in jedem Fall lesenswerte Rede – auch für „Nichtkegler“. Daher:

 

Festansprache des Präsidenten Wilhelm Lüdeking aus Anlass des Festkommers vom 11.Mai 1979 im Hotel „Deutsches Haus“ in Blomberg zum 100 jährigen Bestehen des Kegelclubs „Alle Neune“ von 1379.

 

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, sehr geehrter Herr Stadtdirektor, verehrte Gäste und Freizeitkegler, liebe Kegelbrüder vom Kegelclub „Alle Neune“ von 1879.

 

Das Jubiläum, welches wir in diesen Tagen feiern, sollte uns ein Anlass sein, nicht nur Rückschau zu halten auf ein volles Jahrhundert regen Clublebens und geselligen Kegelns, sondern uns überhaupt einmal die Entstehungsgeschichte des Kegelns von den erst Anfängen an zu vergegenwärtigen. Wer weiß denn schon, wenn er heute auf einer modernen, automatische Kegelbahn steht, um aus Zeitvertreib zu kegeln, dass er damit einer jahrtausend alten Freizeitbeschäftigung nachgeht, deren Urform, das Rollen mit dem Stein, später mit der Kugel, uns in das Altertum zurückführt, und zwar genau in das Jahr 5200 v. Christi. Denn in einem aus dieser Zeit stammenden ägyptischen Kindergrab, welches bei Ausgrabungen entdeckt wurde, fand man bereits Kegel, die den heute gebräuchlichen auffallend ähnlich sind.

 

Gekegelt wurde also bereits vor mehr als 7000 Jahren, so dass es sich beim Kegeln um eine der ältesten Sportarten überhaupt handelt. Auch lassen weitere Funde aus der damaligen Steinzeit den sicheren Schluss zu, dass die Menschen dieser Zeit bereits gekegelt haben:

 

Sie steckten nämlich in bestimmten Anordnungen die Schenkelknochen ihrer Opfer- oder Schlachttiere in den Sand- in Sagen und Märchen wird sogar von menschlichen Gebeinen und Totenschädel gesprochen- und schleuderten mit rundlichen Steinen danach. Im weiteren Verlauf der Entwicklungsgeschichte des Kegelns wurde aus der Sitte des Steinwerfens nach Knochen, die die Kegel darstellten, dann ein Wurfspiel, welches, worauf Forschungen hinweisen, wahrscheinlich germanischen Ursprungs ist und dem heutigen Kegelsiel sehr ähnelt. Nach der Überlieferung benutzten die alten Germanen nämlich in ihren kriegerischen Auseinandersetzungen Keulen als Hieb-, Fecht- und Wurfwaffen.

 

Um sich im Keulenwurf, also um Auge und Hand zu üben, warfen sie nach einem bestimmten Ziel, einer Figur, die „chegil“ (Kegel) genannt wurde. Später gestaltete sich dieses Wurfspiel bei den Germanen dann zu einer religiösen Kulthandlung, wie sich aus einem Dokument entnehmen lässt, welches aus dem 3. Jahrhundert stammt und aus dem hervorgeht, dass die Germanen die Angewohnheit hatten, ihre Keulen mit in die Kirche zu nehmen. Dieses wurde jedoch von der Geistlichkeit nicht gern gesehen, da diese die Nächstenliebe predigte und von Keulen, mit denen .ran sich die Köpfe einschlug, in geweihten Räumen verständlicherweise nichts wissen wollte.

 

Die Germanen, die inzwischen im christlichen Glauben unterwiesen waren, wurden dann davon überzeugt, dass in den Keulen das Böse (sprich: der Teufel) stecke und die Keulen somit vor der Kirchen zu bleiben hatten. Gegen das Böse musste aber gekämpft werden. Die Germanen waren deshalb gehalten, nach dem Kirchgang mit Steinen nach den Keulen, die zugleich die heidnischen Feinde der Kirche versinnbildlichen sollten, zu werfen und diese nach Möglichkeit zu treffen. Glückte es dem Werfer, den „Heiden“ umzuwerfen, bedeutete dieses, dass er ein gutes Leben führte und fähig war, die Heiden zu vernichten, ein Fehlwurf zeigte dagegen, dass ein noch getreulicherer Gottesdienstbesuch von Nöten war. Man hätte jedoch die Germanen wohl nicht dazu bewegen können, ihre Keulen vor der Kirchentür zu lassen, wenn es ihnen nicht einen Heidenspaß gemacht hätte, die bösen Buben, also die heidnischen Feinde der Kirche, verkörpert durch die Keulen, niederzustrecken.

 

Das Kegeln als fromme Übung der alten Germanen wurde seit dem 12 Jahrhundert, welches sich auch urkundlich belegen lässt, dann vor allem in deutschen Klöstern betrieben, jedoch mehr als Freizeitspaß um sich in Frömmigkeit zu üben. Für diesen Freizeitsspaß fanden die kegelnden Klöster natürlich auch, um ihre Kritiker zum Schweigen zu bringen, eine theologische Rechtfertigung. Der Kegel versinnbildlichte wie bei den alten Germanen die Keule, das Böse, die Kugel sollte das Böse treffen, also die Heiden vernichten. Daraus ist dann auch der ursprüngliche Name des Kegelspiels, nämlich „Heidenwerfen“ entstanden. Dieses „Heidenwerfen“ auch „Heidenspiel“ genannt, fand jeweils am Sonntag Leatare (also 3 Sonntage vor Ostern) statt und ging so vor sich: In dem Klosterhof wurde ein hölzerner Pfahl, der „Heide“ aufgestellt und mit der Kugel dagegen geworfen. Später wurden um den „Heiden“ 8 weitere Figuren aufgestellt.

 

Jetzt konnten die im Klosterhof versammelten Domherren in die Vollen werfen und sich Verdienste erwerben; denn wer mit einem Wurf „Alle Neune“ warf, der hatte das Heidentum bezwungen. Damals konnten die Kugeln noch auf beliebige Art ins Ziel gebracht werden: Entweder durch Werfen und Schleudern oder durch Schieben, wie es heute nur noch erlaubt ist. Anschließend gab es dann ein Festmahl, wobei das selbstgebraute Bier natürlich nicht fehlen durfte. Es waren also die Klöster, die über die ersten Kegelbahnen und über das erste Bier verfügten und beides, das Kegeln und das Bier, in reichlichem Maße genossen. Aber auch das gemeine Volk hatte bald begriffen, welch ein herrlicher Spaß das Kegeln war. Gekegelt wurde zunächst auf Jahrmärkten und Kirchweihfesten, und zwar wie bei den Mönchen ausschließlich im Freien.

 

Nur diente es einem völlig anderen Zweck, nämlich dem Wetteifern um Geldgewinne. Teilweise wurde sogar um recht hohe Summen gespielt und Kegler, die nicht über das nötige Geschick verfügten, von Glücksspielern, (sog. Rinnenstechern) die ihr Handwerk ausgezeichnet verstanden, mächtig ausgenommen. So geht z.B. aus einer Chronik der Stadt Rothenburg aus dem Jahre 1157 hervor, dass ein junger Mann, nachdem dieser beim Kegeln hohe Summen verloren hatte, von seinem Onkel zu folgendem öffentlichen Gelöbnis gezwungen wurde:

 

10 Jahre kein Spiel, sei es Würfeln oder Kegeln oder andere Spiele, womit man seinen Mitmenschen Verluste beibringt. Bei der Nichteinhaltung seines Versprechens sollte der junge Mann aus der Stadt verwiesen und sein Vermögen eingezogen werden. So streng waren damals die Sitten. Wie sehr das Kegeln als Wettspiel verbreitet war, ergibt sich weiter daraus, dass viele Städte dazu übergingen, dass Wettkegeln zu verbieten oder aber einzuschränken. Einen weiteren schriftlichen Beweis hierzu wie auch über das Kegeln selbst finden wir in einem deutschen Gedicht „Der Renner“. In diesem außergewöhnlich langen Gedicht setzt sich Hugo von Trimberg, ein mittelhochdeutscher Dichter, der von 125o bis 1309 Rektor am Kollegialstift Bamberg war, kritisch mit den Sitten seiner Zeit, u.a. auch mit der Unsitte des Kegelns, auseinander, welches s. Zt. auf zwei Arten ausgeübt wurde:

 

Die Kugel wurde entweder geworfen oder geleitet. Verächtlich beschreibt der lichter nun das Verhalten der Kegler, die nach dem Wurf kindisch der Kugel nachliefen, ihren Lauf mit Händen und Füßen zu steuern oder durch Windmachen mit dem Mantel zu beeinflussen versuchten, dabei in Streit gerieten und sich am Ziel nach glücklichem Lauf der Kugel vor dieser verneigten, und zwar um vieles tiefer als vor dem Herrgott. Aus dem Gedicht geht weiter aber auch hervor, dass das Kegelspiel jung und alt, reich und arm begeisterte, weil es ein Glücksspiel war, in dem der eine alles- Hof und Vieh- verlieren, der andere aber alles gewinnen konnte. Gekegelt wurde noch auf recht primitiven Bahnen, die 1,5 bis 2,5 m breit und 12 bis 2o n lang, mit Lehm oder Ton belegt, und mit feinem Sand oder einer festgestampften Mischung von Blut und Hammerschlag ausgefüllt waren.

 

Zur Zeit der Reformation versuchten dann die protestantischen Obrigkeiten, die herrschenden Sitten – oder was in ihren Augen Unsitten waren – ebenfalls zu reformieren. So schrieb Thomas Murner, Franziskanerpater, Prof., Volksprediger und einer der bedeutendsten Schriftsteller s.Zt. und leidenschaftlicher Verteidiger seiner Kirche im Jahre 1522 ein allegorisches Gedicht über die Zwietracht des Glaubens, erläutert anhand. des Kegelspiels. Der Standort des Keglers ist danach der Glaube, die Kugel die zielsuchende heilige Schrift, der Standort der Kegel das Jammertal und die Kegel sind die armen, einfältigen, durch schlechte Vorbilder irregeleiteten Laien.

 

Über diese Ausführungen kann man natürlich geteilter Meinung sein. Allein die Tatsache, dar, das Kegelspiel zur Erläuterung der Glaubenssituationen herangezogen wurde, beweist jedoch, wie sehr das Kegelspiel bereits Allgemeingut und Lebensinhalt der Menschen z.Zt. der Reformation gewesen ist. So nimmt es auch nicht Wunder, dass selbst Martin Luther das Kegelspiel nicht unerwähnt lässt, indem er Angeber als Menschen charakterisiert, die 12 Kegel umschieben, obwohl nur 9 vorhanden sind und sich eine der ersten Reformationsvorordnungen, 1529 in Basel verabschiedet, mit dem Kegeln befasst:

 

An Sonn- u. Feiertagen durfte während des Gottesdienstes und vor 1 Uhr nachmittags nicht mehr gekegelt werden. Auch an sonstigen Verboten mangelte es nach wie vor nicht, da es auf Kirchweihfesten immer wieder zu Raufereien mit oft tödlichem Ausgang kam. Allerdings kümmerte sich kaum jemand um diese Verbote. Vielmehr setzte sich das Kegeln allen Widerständen zum Trotz in Deutschland weiter durch und wurde zu einem wahren Volkssport, wie Bilddokumente aus den 17. Jahrhundert eindeutig bestätigen.

 

Aus diesen alten Darstellungen ist weiter aber auch deutlich zu ersehen, dass es schon damals die gleiche Kegelaufstellung und auch den in Mittelpunkt stehenden größeren Kegel, den König, gab. Erste Regeln für das Kegelsiel sind dann aus dem 18. Jahrhundert bekannt. Denn in seinem selbst für heutige Verhältnisse sensationell umfangreichen 242 bändigen Lexikon berichtet der Berliner Arzt und Gelehrte Johann Georg Krimitz im Jahre 1786 erstmals von 13 Regeln für das Kegelspiel, die natürlich mit den heutigen nicht mehr vergleichbar sind. Geradezu frasierend ist jedoch, dass sich zwei dieser Regeln bis auf den heutigen Tag erhalten haben: Schon damals durfte nicht übergetreten und die Kugel musste vor einer bestimmten Linie aufgelegt werden.

 

Von Friedrich von Schiller und Johann Wolfgang v. Goethe ist überliefert, dass sie in Weimar eifrige Anhänger des Kegelns gewesen sind. Entsprechend den Gebräuchen, die Kugel zu werfen oder zu leiten, waren die Einrichtungen verschieden gebaut. Es gab Lang – u. Kurzbahnen. Die Wettkampfstätte selbst war jedoch nicht begrenzt. Als Vorläufer des heutigen Kugelfanges genügte ein Brett hinter den Kegeln, um die Kugel aufzufangen – es soll allerdings heute noch Bahnen geben, bei denen ein solches Brett entweder überhaupt nicht vorhanden ist oder aber seine Funktion nicht voll erfüllt.

 

Die Bahn erstreckte sich auf den Hofbelag oder Gartenvorplatz. Es dauerte dann noch eine Zeitlang, bis diese begrenzt wurde. Die Lauffläche war allerdings noch nicht genügend behandelt, wodurch auch das Gleiten der Kugel sehr erschwert wurde. Früher oder später musste dem also abgeholfen werden: In der Bahnlänge wurden Eichenbaumplanken gelegt, die die bis dahin verwandte gestampfte Tonerde ablösten. Erst nachdem Risse und Unebenheiten als Folge ungenügender Pflege wieder die alten ursprünglichen Zustände aufkommen ließen, dachte man an einen Schutz der Bahn gegen die Witterung. Die Wirtshausbesitzer machten nämlich ein gutes Geschäft mit der Kegelleidenschaft der Leute, waren also bestrebt, lockende Bahnen zur Verfügung zu stellen. Die Bahnen wurden dann gegen Ende des 18. Jahrhunderts erst überdacht und später in geschlossene Räume verlegt. Die erste, auch den heutigen Anforderungen annähernd entsprechende moderne Kegelbahn entstand 1874 in Wien.

 

Die damals geübten Regeln wurden 1835 in dem Buch „Enzyklopädie der Spieler“ zusammengefasst. Hier lesen wir zum ersten Mal über den Unterschied vom Spiel mit Kegeln mit „Vollen“ und mit „Abräumen“, d.h. nach jedem Wurf auf das volle Kegelfeld wurden die Figuren, (Kegeln) wieder aufgestellt beim Abräumen dagegen müssen sämtliche Kegel gefallen sein, bevor eine neue Aufstellung erfolgt.

 

In den Beginn des 1. Jahrhunderts fallen dann die ersten Gründungen von Spielgemeinschaften, die das Kegeln regelmäßig betrieben. Sahen die ersten Kegelclubs ihre Hauptaufgabe noch darin, Bedürftige zu unterstützen, so verloren die philanthropischen Zielsetzungen jedoch bald an Bedeutung. An ihre Stelle trat nunmehr die Geselligkeit. Dieser Zielsetzung verdankt es auch der Kegelclub „Alle Neune“, dass er heute sein 100 jähriges Bestehen feiern kann.

 

Denn Blomberger Bürger waren es, die, um die Geselligkeit zu pflegen, sich bereits vor 100 Jahren am Weinberg im Gebäude eines dort vorhandenen Schießstandes zum Kegeln, wenn auch zunächst noch nicht regelmäßig, trafen. Dieser Schießstand ist zwar schon lange nicht mehr vorhanden, jedoch noch bei alten Blomberger Bürgern in guter Erinnerung. Auch sind heute noch im Bereich der alten Stadtmauer hinter der Gärtnerei Gronemann deutlich die Stellen zu erkennen, an denen früher das Mauerwerk der Schießhalle in die Stadtmauer eingelassen war. Leider existieren keinerlei vergilbte Urkunden darüber, dass es schon seit 1879 in Blomberg eine Kegelbahn gibt und die Gründer des heutigen Jubilars dort bereits gekegelt haben.

 

Denn Kegelclubs neigen im Allgemeinen nicht zur Publizität und treten deshalb auch nach außen hin kaum in Erscheinung, sondern beschränken sich mehr auf die Fröhlichkeit nach innen, also innerhalb des eigentlichen Clublebens. Daher erscheinen Kegelclubs, wie es von Herrn Eggert als vormaligem Stadtdirektor und jetzigen Stadtarchivar in einem Bericht, den dieser mir für diesen Vortrag über das Vereinsleben in Blomberg um die Jahrhundertwende und zwischen dem 1. und 2. Weltkrieg erstellt hat, auch kaum in den verstaubten Akten des Stadtarchivs. Aber wichtiger als schriftliche Beweisstücke sind oftmals mündliche Überlieferungen, die jedoch eindeutig bestätigen, dass bereits vor 100 Jahren auf der Kegelbahn bei Gronemanns Garten gekegelt wurde und aus den Keglern der damaligen Zeit dann später der Kegelclub „Alle Neune“ hervorgegangen ist. Nach diesen mündlichen Überlieferungen muss sogar schon 1 Jahr früher, also im Jahre 1878, mit dem Kegeln auf der Kegelbahn bei Gronemanns Garten begonnen worden sein, ohne dass es zur damaligen Zeit bereits zur Grünung eines Kegelclubs kam. Dieses war vielmehr erst 1 Jahr später, also 1879 der Fall.

 

Gleichwohl nahm man jedoch den Beginn des Kegelns im Jahre 1878 zum Anlass, am 17. Juli 1948 das 7o jährige Bestehen des Kegelclubs „Alle Neune“ im würdigen Rahmen zu feiern und bei dieser Gelegenheit einen Damenkegelclub gleichen Namens zu gründen, dessen Mitglieder, soweit diese hier erschienen sind, ich bei dieser Gelegenheit ganz besonders herzlich begrüßen darf. Zur damaligen Zeit gehörten dem Kegelclub als Mitglieder folgende Kegelbrüder an:

 

Carl Beißner
Karl Blumenthal
Fritz Büxe
Ernst Dierking
Heinrich Ewert
Otto Finke
Georg Haverich
Julius Kanne
Dr. Ludwig Kenter
Karl Frösche
Werner Kohlmann
Karl Köhne
Walter Lohoff
Heinrich Mariß
Hermann Oberschmidt
Heinrich Prasse
Wilhelm Prasse
August Recker
Martin Reichelt
Robert Schlierphake
Adolf Schnare
Erwin Stirtzel
August Sünkel
Adolf Tappe
Günther Thörner
Karl Wagner

 

Erster Präsident war Heinrich Mariß, gefolgt in seinem Amt von den Kegelbrüdern Heinrich Prasse, Fritz Büxe und Walter Lohoff, von welchem ich das Präsidentenamt dann am 9.1.1963 übernahm.

 

Gekegelt wurde zur damaligen Zeit auf der Kegelbahn der Gaststätte Ricke, jetzt Drogerie Hilienhoff, am Marktplatz in Blomberg, bis dann im Jahre 1954 der Wechsel auf die Kegelbahn im Deutschen Haus erfolgte. Aus Anlass des 7o jährigen Jubiläums des Kegelclubs wurde von diesem dann auch erstmalig bereits in Jahre 1948 eine Stadtmeisterschaft ausgetragen, als deren Sieger man den eigenen Kegelbruder Walter Lohoff feiern konnte. Auch bei späteren Stadtmeisterschaften war der Club sehr erfolgreich. Denn Stadtmeister des Jahres 1958 wurde der Kegelbruder Willi Krause, während der Kegelbruder Heinrich Vesting in den Jahren 1966 und 1969 die Stadtmeisterschaft gewinnen konnte.

 

In diesem Zusammenhang soll auch nicht unerwähnt bleiben, dass sowohl der sich jährlich wiederhole Termin der Stadtmeisterschaften (Samstag nach Aschermittwoch) als auch dessen jetziger Austragungsmodus auf entsprechende Vorschläge des Kegelclubs „Alle Neune“ aus dem Jahre 1967 zurückgeht. 11 mal hatte dieser dann bis zum heutigen Tage das Glück, Kegelbrüder zu dem seltenen Wurf „8 ums Vordereck“ beglückwünschen zu können. Doch gab es nicht nur erfreuliche Anlässe, die das Freizeitkegeln in Blomberg betrafen. Auch hierzu ergeben sich aus dem bereits erwähnten Bericht des Herrn Eggert interessante Einzelheiten, insbesondere aus einem von diesem gefertigten Auszug aus der „Polizeiakte“. Denn wie sich aus dieser Polizeiakte ergibt, gab es bereits in den Jahren 1915 und 1916 Nachbarschaftsbeschwerden darüber, dass noch nach 22.00 Uhr in der Gaststätte Rieke gekegelt wurde.

 

Interessant vielleicht der Wortlaut einer solchen Beschwerde und die daraufhin von dem Magistrat an den Gastwirt Rieke erlassene Verfügung vom 31.Juli 1916: „Die Nachbarschaft führt bei der hiesigen Polizeibehörde darüber lebhafte Beschwerde, dass bei Ihnen an den letzten Abenden bis 1.00 und 1/2 12.00 Uhr gekegelt und laut gelärmt worden sei. Hierdurch sind die Nachbarn nach ihrer Angabe in ihrer nächtlichen Ruhe gestört worden. Damit sich diese Vorkommnisse in Zukunft nicht wiederholen, wird Ihnen hiermit aufgegeben, das Kegeln an jedem in Frage kommenden Abend mit dem Glockenschlag lo.00 Uhr abends einzustellen. Sollten weitere Anzeigen einlaufen, so müsste aufgrund vorstehender Verfügung Ihre Bestrafung eintreten“.

 

Der Magistrat hatte jedoch dann ein Einsehen mit den Keglern, die mit dem Glockenschlag 1o.00 Uhr abends ihr Kegeln noch nicht beenden wollten, so dass mit weiterer Verfügung vom 29.8.1916 dem Gastwirt Rieke dann die jederzeit widerrufliche polizeiliche Erlaubnis erteilt wurde, am Freitagabend jeder Woche die bei ihm tagende Kegelgesellschaft, so nannte man s.Zt. den Kegelclub- bis 11.00 Uhr abends kegeln zu lassen.

 

Eine Überschreitung dieses Termins hatte dann allerdings die sofortige Entziehung der erteilten Erlaubnis zur Folge. Man sieht hieraus des Weiteren und kann heute mit Erstaunen registrieren, dass, wie Herr Eggert hierzu weiter anmerkt, die Menschen in Blomberg bereits vor mehr 6o Jahren, als das Wort „Umweltschutz“ noch gar nicht erfunden war, bereits ein beachtliches Umweltschutzbewusstsein besaßen. Fast 4o Jahre später, nämlich im Jahre 1954, konnte der Kegelclub „Alle Neune“ dann das 75 jährige Bestehen feiern. Aus diesem Anlass wurde der Club von der Nichte des s.Zt. noch aktiven Kegelbuders Hermann Oberschmidt, Frau Ermshaus, ein Wimpel gestiftet, der an dieses Ereignis noch heute erinnert, und gleichzeitig die Clubgründung im Jahre 1879 dokumentiert.

 

Damit möchte ich dann auch zum Schluss meiner Gratulationsansprache kommen. Ein Kegelclub feiert Geburtstag. Ein besonderes Ereignis? Wohl kaum, wenn es nicht der 100. Geburtstag wäre und es keineswegs eine Selbstverständlichkeit ist, dass ein Club sich loo Jahre jung erhält, trotz zweier in diesem Zeitraum stattgefundener Weltkriege, (des Zerfalls eines Kaiser- u. sogar eines l000 jährigen Reiches, einer Inflation und sonstiger politischer, wirtschaftlicher oder aber auch persönlicher Ereignisse. Wie ist dieses zu erklären? Einmal bereits aus dem Namen „Alle Neune“ heraus.

 

Denn die Zahl 9 eine Glückszahl, deren Ursprung bis in die vorchristliche Zeit zurückreicht und damit nicht nur eine uralte Vergangenheit hat, sondern auch für die Zukunft den Bestand unseres Clubs garantiert. Dieses umsomehr, als der Grundgedanke des Kegelns wie vor 100 Jahren auch heute noch der gleiche geblieben ist: Jeder Mensch mit gesundem Empfinden, der seine Leistungsfähigkeit und Gesundheit erhalten will, braucht gerade in der heutigen Zeit, die den Trimm-Sport wieder entdeckt hat, eine körperliche Ausgleichsbetätigung. Und da ist es u.a. gerade das Kegeln, welches von frühester Jugend bis ins hohe Alter in geselliger Form ausgeübt werden und dazu beitragen kann, das Leben schöner zu machen. Ist man doch inmitten von Menschen, die die eigenen Neigungen teilen, sie fördern und anerkennen.

 

Kegeln ist andererseits aber auch eine Art, sich vom Stress des Berufs, den Belastungen, die das tägliche Leben mit sich bringt, abzureagieren und einige vergnügliche Stunden miteinander zu verbringen.

 

Kurzum: Beim Kegelabend darf man vergessen, anders sein als sonst, Mensch sein und Mensch sein lassen. In diesem Sinne wünsche ich dem Jubilar für die Zukunft noch manchen frohen, geselligen Kegelabend und allen hier versammelten Freizeitkeglern viel Freude und Erholung beim Kegelspiel.

 

Gut Holz!