Als in den frühen 60ern während des kalten Krieges eine niederländische Raketenabwehreinheit in der Kleinstadt Blomberg stationiert wurde, ahnten die Blomberger nicht, welche wunderschönen Bräuche sie mitbringen würden. Neben dem 4 Abende-Marsch, den der TV Blomberg noch heute veranstaltet, kam auch die Tradition des niederländischen Nikolaus, dem Sinterklaas mit seinen Pieten, nach Blomberg. 1966 wurde in der Vorweihnachtszeit der Sinterklass und seine Helfer zum ersten Mal vom damaligen Empfangskomitee, bestehend aus dem Kasernenkommandanten, dem Stadtdirektor und dem Bürgermeister auf dem Blomberger Marktplatz empfangen. Eine Tradition, die bis heute mit dem Blomberger Bürgermeister besteht – was nicht immer selbstverständlich war. Denn als die niederländische Garnison 1997 in Blomberg aufgelöst wurde, markierte dies in vielerlei Hinsicht einen Wendepunkt. Nicht nur eine gewaltige Kaufkraft und viele Freunde, sondern auch die lieb gewonnen Traditionen fielen weg.

 

So gut, wie jeder Blomberger war mit der niederländischen Tradition, für die meisten nicht wegzudenken, aufgewachsen. Sollte das nun vorbei sein? Wie kann diese Tradition weitergeführt werden? Wie soll das finanziert werden? Alle Kosten rund um den niederländischen Nikolaus und seinen Pieten wurde vorher von der niederländischen Armee getragen. Dieses Fragen stellten sich damals einige in Blomberg verbliebene Niederländer. Zusammen mit einigen Einheimischen gründeten sie kurzerhand den Heimatverein Sint Nicolaas e.V.. Gründungsmitglieder der 1. Stunde, wie Isabella Oetzel und Guy Geerts, können sich noch sehr gut an die Geburtsstunde des Vereins erinnern.

Mit der Unterstützung durch Stadt Blomberg und Blomberg Marketing, wurde der Verein fortan durch einige Sponsoren und durch Auftrittsbuchungen finanziert. Schließlich kam zum jährlichen Sinterklaas-Einzug auch der Sinterklaas-Markt dazu. Mit dem Erlös, der durch den Glühwein-Verkauf erzielt wurde, gab es eine weitere Geldquelle für den Fortbestand des Traditionsverein. Der Markt wurde immer erfolgreicher und zu einem festen Bestandteil im Blomberger Veranstaltungskalender. Doch dann kam die Corona-Pandemie und zudem schieden einige Vereinsmitglieder altersbedingt aus. Zudem flammte eine Diskussion auf, in der das niederländische Brauchtum als rassistisch dargestellt wird. Um dem entgegenzuwirken, und als Zeichen das der Verein sich sehr wohl mit der Frage wo die Grenze zwischen Rassismus und Tradition verläuft auseinandersetzt, wurde eine Anpassung versucht.

 

Die goldenen Ohrringe fielen weg, die schwarzen Strumpfhosen wurden bunt, die gelockte Haarpracht wurden „lockenfreier“ und länger. Die Kostüme wurden teils weiblich durch „Kleidchen“-Kostüme. Sogar das allseits bekannte schwarze Gesicht der Pieten gibt es nicht mehr. Die Gesichter sind nun, wie bereits auch in vielen niederländischen Regionen, nur noch „schornstein-gerußt“. Die Rassismus-Vorwürfe waren und sind für den Verein eine wahre Zerreißprobe, die uns einige Mitglieder gekostet hat. Sie wollten sich der heftigen Diskussion nicht mehr stellen.
Seit je her war der Piet dafür bekannt, dass er Schabernack mit den Kindern treibt und immer zu Scherzen aufgelegt ist. Dass man die Akteure hinter den nur noch gerußten Gesichtern sofort erkennt, war ein weiterer Grund für zahlreiche Austritte. Da die Kinder sofort den Nachbar, den Mathelehrer, die nette Frau von der Eisdiele oder den Mann vom Weingeschäft erkennen und eben nicht „den Piet“. Die Magie, der Zauber, den die Helfer des Sinterklaas bisher ausstrahlten, blieb hierdurch leider weitestgehend verloren.

 

Der Verein sucht daher auch dringend neue Mitglieder, die diese Tradition seit Kindesbeinen kennen und trotz der Einschneidungen weiter aufrechterhalten möchten. Neben Pieten werden aber auch Mitglieder benötigt, die bereit sind, den Sint Nicolaas -Markt aufzubauen, Glühwein zu verkaufen oder den Sinterklaas und seine Pieten zu den Auftritten zu fahren. Es gibt viele Tätigkeiten, die erledigt werden müssen um diesen traditionsreichen Verein aufrechtzuerhalten. Bist Du bereit? In Ergänzung dieser Pressemeldung vom Heimatverein Sint Nicolaas e. V. lesen Sie gerne auch den nachfolgenden Kommentar unserer Redaktion:

 

Der Zwarte Piet stirbt aus?
„Blackfacing geht im Jahr 2022 einfach nicht! Und die künstlerische Freiheit oder die noch so schlaue künstlerische Idee können daran auch nicht rütteln“, ist ein Zitat aus dem Netz. Blackfacing gehe deshalb nicht, weil es ein Sinnbild für eine rassistische Vergangenheit sei. Tatsächlich waren schwarze Menschen zu Zeiten eines William Shakespeare auf der Bühne grundsätzlich böse Menschen, so auch alle, die nicht dem damaligen Schönheitsideal entsprachen. Das Bösewichte sich äußerlich durch abweichendes Aussehen abgrenzen mussten blieb bis ins frühe 20. Jahrhundert. Doch nun schreiben wir das Jahr 2023. Der „Zwarte Piet“ entstand im Jahr 1850 durch den Amsterdamer Schullehrer Jan Schenkmann, der den zuerst namenlosen Helfer in einem Kinderbuch hinzudichtete. Die Gesichtsfarbe erklärt sich durch seine maurische Herkunft. Einen Hinweis auf rechtes Gedankengut konnten wir bei unseren Recherchen über den Lehrer übrigens nicht finden.

Nun hat sich auch der Blomberger Traditionsverein dem öffentlichen Druck ergeben und die „Zwarten Pieten“ sind gar nicht mehr zwart. Viele Blomberger trauern regelrecht um diese Tradition und man darf die Frage aufwerfen: „Wer trägt hier eigentlich das falsche Gedankengut in sich? Diejenigen, die sich (meist ungefragt) für die Rechte von People of Color einsetzen und sich auf die Vergangenheit beziehen? Oder Diejenigen, die farbigen Menschen den Glanz der Pieten auch weiterhin gönnen? Glanz? Tatsächlich genießen die „Zwarten Pieten“ in Blomberg einen mehr als ausgezeichneten Ruf. Sie beschenken die Kinder mit Süßigkeiten, bringen sie zum Lachen, tanzen mit Ihnen und verbreiten bei Jung und Alt immer viel Freude. Zaubern den Menschen ein Lächeln ins Gesicht und bringen Kinderaugen zum Leuchten.

 

Die fehlende Akzeptanz das Erscheinungsbild auch weiterhin zu tolerieren nimmt „farbigen Menschen“ diese positive Assoziation einfach weg – so kann man es eben auch sehen. Keine Spur von Weltoffenheit. Und überhaupt: Um wen geht es eigentlich? Vorrangig doch um die Kinder. Und Kinder denken nicht in Nationen oder Religionen. Was ist eigentlich wenn der Verein nun neue Mitglieder findet und diese farbig sind? Müssen die sich das Gesicht dann eigentlich weiß färben? Oder werden diese einfach nur ausgeschlossen? Es ist absurd und traurig zugleich, wenn einige wenige Menschen für den Bruch mit altbewährten und schönen Traditionen sorgen.

 

„Wer hat Angst vorm schwarzen Mann?“ – kennen die Älteren von uns aus dem Sportunterricht an der Grundschule. Die Antwort lautete „Niemand“, doch wenn er kommt: „Dann laufen wir“. Vermutlich sind die Blomberger Kinder in den Grundschulen stehen geblieben – wollten sie doch Süßigkeiten haben. Aber sei es wie es ist. Gleichwohl die Pieten nicht mehr „zwart“ sind, „smart“ sind sie noch immer – zumindest der verbliebene Rest, der auch weiterhin die Kinder glücklich machen wird. Es wäre toll, wenn Blomberg ein Zeichen setzt und www.sintnicolaas-blomberg.de zumindest durch den Besuch auf dem Markt Anfang Dezember unterstützen würde. Denn die Vereinsmitglieder können nichts für die Kuriosität, den viele Menschen in dieser Debatte erkennen.