HSG Blomberg-Lippes Trainer Andre Fuhr stellt Kontakt zum High Tech Unternehmen her. Manchmal kommt alles auf einmal. Nachdem die Frauenhandball Bundesligamannschaft der HSG Blomberg-Lippe seit Jahresbeginn 10-4 Punkte erkämpfte, hat Trainer Andre Fuhr vorletzten Samstag das Abstiegsgespenst woanders hingeschickt (wir berichteten). Nebenbei wurden diverse Personalentscheidungen getroffen, um auch in der nächsten Saison mit einem schlagkräftigen Kader angreifen zu können und auch Fuhr selbst hat seinen Vertrag jüngst verlängert.
Trotz dieses immensen Aufwandes lief der ganz große Coup still und heimlich im Hintergrund.
Kurz vor dem Jahreswechsel meldete sich Jeanette Fellner bei Andre Fuhr. Nach einigen Momenten des Zögerns konnte sich der HSG Sportdirektor an seine Kommilitonin aus dem Studium der Pädagogik an der Universität Bielefeld. Nach dem Grundstudium wollte Fellner eigentlich nur ein Auslandssemester an der University of California in Los Angeles verbringen. Mitte der 90er Jahre gab es einen ersten großen Boom im Silicon Valley. Fellner erkannte sofort ihre Leidenschaft und gründete ihre erste Firma im Bereich der Informationstechnologie.
2005 rückte das Unternehmen in den Focus einer der Branchenriesen; der Kaufpreis war so lukrativ, dass die gebürtige Verlerin nicht ablehnen konnte. Dadurch war sie finanziell unabhängig und konnte sich neuen Projekten widmen. Zeitgleich entdeckte sie ihre Liebe für den Leistungssport. Dieses zielgerichtete, disziplinierte Leben bringt enorme Erfahrungen, verlangt aber auch diverse Entbehrungen. Sie war fasziniert, da viele dieser Attribute auch als Unternehmer wichtig sind. Diese Erkenntnis führte dazu, dass Jeanette Fellner sich als Sponsor für Volleyball und Basketball engagierte.
Da die weiblichen Sportler den gleichen Aufwand wie die männlichen Kollegen betreiben müssen, in finanzieller Hinsicht aber deutlich schlechter dastehen, wollte sie hier als Unterstützerin des Frauensports tätig werden. Seit 2013 arbeitet Fellner an einem neuen Projekt; mit ihrem neuen Start-Up forscht sie im Bereich Mobilität und regenerativer Energien. Aufgrund der aktuellen politischen Lage in den USA und den Aussagen der Regierung zur zukünftigen Wirtschaftspolitik suchte sie nach einem neuen Standort in Europa. Und da kam Blomberg ins Spiel.
Mit dem Weltmarktführer Phoenix Contact und den Spitzenclustern der Hochschulen in Lippe fand sie bei ihren Internetrecherchen eine ideale Region. Nach über zwanzig Jahren waren die Kontakte nach Ostwestfalen mehr als eingeschlafen. Doch bei der weiteren Suche fiel ihr das Frauenhandball Bundesliga Team der HSG Blomberg-Lippe mit Trainer und Sportdirektor Andre Fuhr ins Auge. Zu einem ersten Gespräch traf sich die amerikanische Unternehmerin mit Fuhr und Beiratsvorsitzenden Jens Genge in der Ruhe des Landhotels Bärenstein in Holzhausen.
Es wurden erste Ideen diskutiert und grobe Pläne geschmiedet. Als Standort kristallisiere sich schnell das Gebiet „Am Rammbocke“ heraus; durch die Nähe zum Betriebsgelände von Phoenix Contact sollten unternehmerische Synergien geschaffen werden. Dann kam der Sport ins Spiel. Bereits beim zweiten Gespräche Ende Februar war der Tross aus Blomberg gewachsen. Größen der Lokalpolitik und Unternehmenssprecher des größten Arbeitgebers sowie der Vorsitzende vom Blomberger SV wollten sich die Pläne genauer ansehen und vor allem die eigenen Ideen mit einbringen.
Jeanette Fellner hatte gehört, dass derzeit in Blomberg die Ausweitung von Baugebieten nicht mit den Interessen des Sports in Einklang gebracht werden konnte.
Daher suchte sie als Amerikanerin nach einer Lösung, die beidem gerecht wird. Auf dem Betriebsgelände soll ein neuer Kunstrasenplatz gebaut werden, der von einer Traglufthalle umschlossen wird. Dadurch kann auch die HSG Blomberg-Lippe ihre Heimspiele in einer modernen Arena austragen. Hierfür wird der Kunstrasenplatz abgedeckt und mit einem Handballboden versehen. Zusätzlich werden vier Tribünen mit einem Gesamtkapazität von 1.400 Sitzplätzen ausgefahren. Die Sportler sind begeistert.
Der Blomberger SV ist zunächst froh, dass dadurch die Standortdiskussion zugunsten eines Kunstrasenplatzes in der Kernstadt entschieden wurde. Durch die Halle über der „Plastikwiese“ sind die Fußballer in der kälteren Jahreszeit sogar noch vor Witterungseinflüssen geschützt. Darüber hinaus kann von April bis Oktober auf dem Naturrasen gespielt werden. Die LG Lipppe Süd kann weiterhin den Rasenplatz im Stadion für die Wurfdisziplinen nutzen.
Trainer Andre Fuhr ist von den ersten Plänen begeistert, zeigt sich doch schon jetzt, dass hiermit eine neue Heimspielstätte entsteht, die für den Frauenhandball in Deutschland einmalig ist. Auch die übrigen an der Diskussion Beteiligten freuen sich auf die Zusammenarbeit mit dem Unternehmen aus den USA und sehen hierdurch den Standort Blomberg noch einmal gestärkt. Als weiteres Bonbon übernimmt Jeanette Fellner die Erschließungskosten für bauwillige Neu-Blomberger im Baugebiet Saulsiek II. Insbesondere Familien mit Kindern sollen die Möglichkeit zum Eigenheimerwerb geebnet bekommen, sofern das Einkommen gewisse Grenzen nicht überschreitet; durch hohe Kinderfreibeträge werden hauptsächlich Familien gefördert.
Diese Konstellation zeigt für den Stadtchef, dass in einer Kleinstadt vieles möglich ist, wenn alle Beteiligten gemeinsam an den Ideen mitwirken und alle am gleichen Ende des Stranges ziehen. Nachdem die Pläne zur Erstellung der Halle schon von einem Pyrmonter Architekturbüro bearbeitet werden, ist auch die Verwaltung mit Hochdruck an der Beplanung der entsprechenden Gebiete. Die Betreibergesellschaft der Sportanlage, eine 100%ige Tochter des amerikanischen Unternehmens, hat sich auch schon die Dienste von Paul Harst gesichert. Durch seine jahrelange Erfahrung im Schulzentrum wurde er als Chief Facility Officer eingestellt.
Silicon Valley löst Blomberger Probleme.
April 1, 2017