Miescha Günzel (li.) sollte im Auftrag der Gläubigerin mögliche Kaufinteressenten beschaffen. Detlef Gründer (re.) muss sich nun noch etwas gedulden – die Entscheidung steht weiter aus.

Rechtspfleger Helge Ortmeier verlas rund 15 Minuten die Grundbücher der Objekte, alle nach wie vor eingetragen auf Reinhold Mennecke, um die es heute im Block gehen sollte – die Ersteigerung einzelner Objekte war nicht möglich. Immerhin 18 Menschen füllten die Stühle des Sitzungssaals, deutlich mehr als zuletzt. Sollte es heute endlich zur Versteigerung kommen und dem Scharfrichter neues Leben eingehaucht werden? Das vorhandene Inventar, zwischenzeitlich freigegeben, würde übrigens nicht dazu gehören. Rund 19.000 Euro Gerichtskosten sind mittlerweile bereits aufgelaufen, eine stolze Summe.

 

Das erste und zunächst einzige Gebot in Höhe von 50.000 Euro wurde von einem Herrn Gründer abgegeben, als Sicherheitsleistung wurde ein Scheck der Stadtparkasse Lippstadt in Höhe von 15.000 Euro hinterlegt. Erst 20 Minuten später gab dann ein Herr Prechmann ein Gebot in Höhe von 51.000 Euro ab. Der Richter hatte zuvor darauf hingewiesen, dass bei Nichterreichen von 50 Prozent des Verkehrswertes (69.100 Euro) der Zuschlag von Amtswegen zu verweigern sei, unter 70 Prozent (96.900 Euro) kann auch die Gläubigerin den Zuschlag auf Antrag verweigern.

 

Seitens der Stand Blomberg waren ebenfalls Vertreter vor Ort. Auf Nachfrage, warum die Stadt eine Angebotsabgabe in Betracht gezogen hätte, erklärte Klaus Geise gegenüber unserer Redaktion: „Um das Verfahren weiter am Laufen zu halten und somit die Voraussetzungen zu schaffen, dass die Gebäude tatsächlich einmal verkauft und einer neuen Nutzung zugeführt werden können. Der langjährige Leerstand ist für die Gastronomieszene, wie aber auch für die historische Altstadt in Gänze alles anderes als förderlich. Im Rahmen ihrer Möglichkeiten trägt die Stadt damit dafür Sorge, dass eine Veränderung dieser Situation eintreten kann.“

 

Kurz vor Ablauf der halbstündigen Bieterzeit kam es dann zum Schlagabtausch zwischen den beiden Bietern. Die eine Bietergemeinschaft bestand aus Mario Prechmann und Nadine Dreismann-Biermann, die zweite war der Diplom Kaufmann Detlef Gründer. Die einzelnen Angebotsabgaben wie folgt:

 

52.000 Euro
60.000 Euro
61.000 Euro
65.000 Euro
65.500 Euro
70.000 Euro
70.500 Euro
75.000 Euro
76.000 Euro

 

Nach kurzer Rücksprache mit der anwaltlichen Vertretung der Gläubigerin (New Bond Street GmbH – Rechtsanwalt Peter Sternberg) bot Detlef Gründer 97.000 Euro und die 7/10 Grenze war gefallen. Dann kam es zum weiteren Schlagabtausch:

 

110.000 Euro
111.000 Euro
112.000 Euro
113.000 Euro
114.000 Euro
115.000 Euro
117.000 Euro
118.000 Euro
120.000 Euro
121.000 Euro
125.000 Euro
125.500 Euro
126.000 Euro
126.500 Euro
129.000 Euro
129.500 Euro
130.000 Euro
130.500 Euro
131.000 Euro
131.500 Euro

 

Das letzte Gebot kam von Detlef Gründer, der somit Höchstbietender war. Rechtsanwalt Sternberg bat um eine kurze Unterbrechung um sich mit der Gläubigerin telefonisch abzustimmen, konnte offenbar jedoch niemanden erreichen. Somit beantragte er die Aussetzung des Zuschlags. Rechtspfleger Ortmeier entsprach dem Antrag und terminierte die Zuschlagsverkündung auf den 21. Februar 2019 um 9.00 Uhr in Zimmer 104. Bis zu diesem Zeitpunkt kann sich die New Bond Street GmbH nun überlegen, ob Sie den Zuschlag erteilen möchte. Erst dann weiß auch Höchstbieter Gründer ob er neuer Eigentümer der „Versteigerungsmasse“ werden wird. „Ich verstehe dieses Vorgehen sehr gut, bedeutet der Verkauf zu diesem Preis doch auch große Verluste auf Seiten der Gläubigerin. Den bestehenden Denkmalschutz sehe ich übrigens eher positiv, ergeben sich dadurch doch auch wirtschaftliche Möglichkeiten“, so Gründer gegenüber unserer Redaktion.

 

Sollte er den Zuschlag nun bekommen, so ist die Zukunft des Objekts noch ungewiss. „Ich war bislang noch nicht in dem Objekt und kenne es lediglich durch das Gutachten und von außen. Die gastronomische Nutzung wäre durchaus denkbar, ebenso jedoch auch die durch die Vermietung von Wohneinheiten“, so der Diplomkaufmann weiter, für den es bereits der dritte Versteigerungstermin gewesen ist an dem er sich beteiligte. Ob er jedoch den finalen Zuschlag tatsächlich bekommen wird? Es bleibt weiter spannend und die „Blomberger Gerüchteküche“ brodelt bereits.

 

 

Ein kleiner Rückblick aus der letzten Ausgabe der NelkenWelt:

 

Nach Insolvenzanmeldung im Jahr 2003 durch Reinhold Mennecke, lief der Laden zunächst auf seinen Sohn, später auf seine Lebensgefährtin. Im Jahr 2007 schloss der Insolvenzverwalter Matthias Landwehr eine Nutzungsvereinbarung mit Klaus Sommer. Sommer wurde unterstützt von seiner Tochter und führte den Laden zunächst erfolgreich weiter. Seine Bemühungen das Objekt zu kaufen scheiterten damals an aus seiner Sicht überzogenen Preisvorstellungen der Verwertungsgesellschaft. Die Ausübung des Rechts auf Kündigung durch den Insolvenzverwalter (nur vier Wochen Kündigungsfrist waren beiderseitig vereinbart worden) trafen Sommer und sein Team damals wohl wie ein Schlag. Hatten sie doch viel Zeit und auch Geld in den Scharfrichter gesteckt. Eine längerfristige Vorwarnung wäre sicherlich wünschenswert gewesen – auch im Interesse der Nelkenstadt.

 

Nachdem es beim ersten Versteigerungstermin im Juni 2011 ein Missverständnis bezüglich des Mindestgebotes gegeben hatte – ein Blomberger Gastronom hatte ernsthaftes Interesse bekundet – konnte das Objekt keinen neuen Besitzer finden. Im Jahr 2013 wollte ein Paderborner Investor 100.000 Euro für das Gesamtpaket „Scharfrichter“ zahlen, damals hatte die Frankfurter Euro Hypo AG, Hauptgläubigerin der Objekte, jedoch mindestens 177.000 Euro für das angebotene Gesamtpaket verlangt. Diese Summe war dem möglichen Investor aber zu hoch und er, sowie Gastronom Michael Sanner, der 2010 einen Pachtvertrag mit dem damaligen Eigentümer Reinhold Mennecke geschlossen hatte, zogen unverrichteter Dinge wieder von Dannen. Eine Konzession für den Gaststättenbetrieb hatte Sanner damals übrigens leider nicht erhalten, die erwartete Wiedereröffnung blieb aus.

 

Die Zwangsversteigerung vom 27. Juli 2017 blieb ebenfalls erfolglos. Der Bielefelder Geschäftsmann Knut Schlüter, der in Bielefeld ein Autohaus betreibt und nach eigener Aussage schon Objekte in Blomberg besitzt, startete mit einem Gebot in Höhe von 70.000 Euro – zunächst gab es kein weiteres Gebot. Dann jedoch hatte ein Vertreter der Deutsche Haus und Grund Invest GmbH aus Lippstadt 70.500 Euro geboten, bevor lange Stille im Sitzungssaal einkehrte. Nach einer halben Stunde kam es zum offenen Schlagabtausch zwischen den beiden Bietern, die bereits ein Gebot abgegeben haben. In 1.000-Euro-Schritten wurde abwechselnd bis zu einer Summe von 105.000 Euro geboten.

 

Das Höchstgebot kam vom Knut Schlüter, der unserer Redaktion im Anschluss erzählte, dass er das für ihn interessante Objekt mit toller Historie gerne auch weiterhin gastronomisch nutzen, jedoch nicht selbst betreiben wollen würde. Für Blomberg hätte dies sicherlich eine Bereicherung dargestellt. Die Vertreterin der Gläubigerin (New Bond Street GmbH), Rechtsanwältin Kerstin Büker, hatte jedoch weisungsgebunden die Einstellung des Verfahrens beantragt. Als rechtliche Konsequenz wird dadurch der Zuschlag versagt und das Objekt bleibt weiterhin ohne neuen Eigentümer, der somit laut Grundbucheintragungen noch immer Reinhold Mennecke heißt.

 

140.000 Euro hätten es für die New Bond Street GmbH mindestens werden müssen, eine Summe, die auch am 9. Februar 2018 bei einem weiteren Zwangsversteigerungstermin nicht erreicht werden konnte. Das Problem liegt auf der Hand. Abgesehen davon, dass die Gläubigerin aus Berlin keinerlei Interesse an einer Belebung zu haben scheint, ist neben dem Kaufpreis mit höheren Investitionen zu rechnen, die aufgrund der Unterdenkmalstellung nicht einfach umzusetzen sein werden. Gerade das urige Haupt-Objekt aus dem Zeitalter der Spätrenaissance (Baujahr um 1677) hat unglaublich viel Charme und weckt bei vielen Blombergern angenehme Erinnerungen. Nicht nur das einzigartige Ambiente, auch die zahlreichen Auftritte von Prominenten aus den verschiedensten Bereichen und auch die einfachen Dinge wie Mafia-Party oder Schnitzeljagd waren sehr beliebt.

 

Es wäre schön, wenn sich ein neuer Betreiber finden würde, der dem Objekt neues, bestenfalls gastronomisches, Leben einhauchen würde. In den sozialen Medien hatte es Mitte 2017 den Vorschlag einer Bürgerinitiative gegeben. Blomberger Bürger sollten sich zusammentun und das Objekt gemeinsam kaufen und auf Vordermann bringen. Leider ist dieser eigentlich gute Ansatz bislang, zumindest nach den unserer Redaktion vorliegenden Informationen, noch nicht realisiert worden.