Was für ein Spiel, was für eine Stimmung. Viele überragende Tore, große Emotionen, aber vor allem eine einmal mehr grandiose Abwehrleistung – inklusive eines bärenstarken Peter Johannesson – waren ausschlaggebend für diesen beeindruckenden Heimsieg. Mit 30:25 (14:13) bezwang der TBV Lemgo Lippe am 32. Spieltag der LIQUI MOLY Handball-Bundesliga am Pfingstsonntag die SG Flensburg-Handewitt. Bester Torschütze der Lipper war Bjarki Elísson mit 11 Treffern. „Wir haben heute verdient gewonnen. Ich bin sehr stolz auf meine Mannschaft“, sagte TBV-Coach Florian Kehrmann im Anschluss und hob ebenfalls die „unglaubliche Atmosphäre in der Halle“ hervor.

 

Zum Spielverlauf: Von der ersten Sekunde an war dem TBV anzusehen, was er sich für dieses Heimspiel vorgenommen hatte. Hochmotiviert und hellwach gingen die Lipper zur Sache. Der Matchplan war gut zu erkennen: Aus einer kompakten Defensive heraus sollte nach Ballgewinnen in null Komma nichts in den Vorwärtsgang geschaltet werden. Erst Jonathan Carlsbogård, dann Gedeón Guardiola und schließlich Elísson brachten die Lipper auf diese Weise früh im Spiel mit 3:0 in Front. In einer zu jeder Zeit actionreichen Partie agierte Lemgo wie aus einem Guss. In der Offensive funktionierte vieles, zum Beispiel zwei klasse Unterarmwürfe von Cederholm oder ein schöner Dreher von Guardiola nach Suton-Zuckerpass.

 

Was aber vor allem herausstach war die überragende Abwehrarbeit. Beweglich und leidenschaftlich verteidigten die Lemgoer den Weltklasse-Rückraum der SG um Mads Mensah und Franz Semper. Knapp die Hälfte des ersten Durchgangs waren von der Uhr, als SG-Coach Maik Machulla erkannte, dass seine Schützlinge sich von Minute zu Minute schwerer taten, Tore zu erzielen. Beim Stand von 7:3 stellte Flensburg schließlich auf den siebten Feldspieler um – und traf dank der neuen taktischen Ausrichtung gleich dreifach zum 7:6-Anschluss. Doch kurz darauf hatten die Lipper den alten Vorsprung wieder hergestellt, nachdem Peter Johannesson nach einer Glanzparade das leere Tor des Gastes ins Visier nahm und kurzerhand selbst das Torewerfen übernahm.

 

Es war in fast jeder Phase ein Bundesligaspiel auf sehr hohem Niveau und die Begeisterung über dieses Handball-Spektakel war auf den Rängen deutlich zu spüren. Wieder vergingen nur Momente, bis die starken Gäste beim 9:8 wieder dran waren – und mit einem Angriffsversuch sogar den Ausgleich hätten erzielen können: Der angeschlagene SG-Spielmacher Jim Gottfridsson, der in diesem Spiel nur wenige Minuten im Tank hatte, setzte Nationalmannschaftskapitän Johannes Golla mit einem No-Look-Pass in Szene. Ein Raunen ging durch die Phoenix Contact-Arena – und wurde zu einem frenetischen Jubelsturm, als Johannesson den anschließenden Wurf mit einem super Reflex parierte.

 

Obwohl sich Lemgo wenig Fehler leistete, konnte man die Klasse der Flensburger nicht in jedem Moment unterdrücken. In der 24. Minute glichen die Gäste schließlich zum ersten Mal aus, was allerdings nicht lange Zeit Bestand hatte, weil der abgezockte Guardiola direkt vom Anwurf aus ins leere Gäste-Tor traf. Elísson und erneut Guardiola legten nach und erhöhten für die Lipper auf 13:10. In diesem temporeichen Spiel ging es jedoch auf und ab, so erzielte Emil Jakobsen kurz vor der Halbzeit den zweiten Ausgleich für die SG. Den Schlusspunkt von Durchgang eins setzte jedoch ein Lipper, der gerade erst seinen Vertrag langfristig verlängert hat: Quasi im Einklang mit der Sirene schraubte sich Tim Suton in die Höhe, knickte artistisch um den Flensburger Doppelblock herum und hämmerte den Ball unhaltbar in den rechten oberen Winkel. Pausenstand: 14:13.

 

Die fünfzehn Minuten Unterbrechung waren sicher auch für viele Fans bitter nötig, denn Zeit zum Durchschnaufen gab es während des Spiels keine. Kaum waren die Zuschauer wieder auf ihren Plätzen, ging das Handball-Feuerwerk auf dem Feld schon weiter. Der TBV hätte nach einigen hochkarätigen Chancen bereits deutlich höher führen können, als die SG knapp fünf Minuten nach Wiederanpfiff das 14:14 erzielte. Zu verdanken hatten die Gäste das auch ihrem Keeper Kevin Möller. Folglich setzten sich die Nordlichter sogar auf 14:16 ab (38.). Fast zehn Minuten vergingen, bis Elísson per Strafwurf zum ersten Mal den Ball ins gegnerische Netz beförderte.

 

Kurz darauf erzielte Johannesson mit seinem zweiten Treffer den Anschluss (16:17). Endlich war Lemgo angekommen im zweiten Durchgang und die Atmosphäre in der Halle kochte erneut hoch. „Wir sind Lemgo“ riefen Hallensprecher und Zuschauer im Takt, nachdem erneut Elísson in Unterzahl zum 18:18-Ausgleich traf. Auf unvergleichbare Art markierte der Isländer aus spitzestem Winkel auch das 20:19 und brachte sein Team damit wieder in Führung.

 

Auch Halbzeit zwei ließ kaum etwas zu wünschen übrig und wohl jedes Handballerherz – parteiisch oder unparteiisch – höherschlagen. Der SG, die mit vielen Ausfällen und angeschlagenen Spielern ins Lipperland kam, ging dann in der Schlussphase etwas die Puste aus – und Lemgo machte es weiter ganz stark: Regelmäßig fand das Kehrmann-Team gegen sieben Flensburger Angreifer gute Lösungen, agierte agil und clever und kam so regelmäßig zu Ballgewinnen, die zu einfachen Toren führten. Im Angriff machte es Lemgo ebenfalls abgezockt und geduldig, spielte das 7-gegen-6 seinerseits oft auf den Punkt und setzte sich in der Schlussphase eiskalt ab.

 

Mit seinem zehnten Treffer zum 29:24 knapp 90 Sekunden vor dem Ende machte Elísson dann endgültig den Deckel auf ein fantastisches Heimspiel. Alle Fans in der Phoenix Contact-Arena standen schon lange, als Lukas Hutecek zum 30:25-Endstand traf und die Freude keine Grenzen mehr kannte. Noch lange nach dem Abpfiff feierten Zuschauer und Mannschaft gemeinsam ausgelassen. Einmal mehr hat der TBV gezeigt, zu welch großen Leistungen er im Stande ist. Chapeau an diese Truppe!

 

TBV-Trainer Florian Kehrmann zur Partie: Flensburg spielt, egal in welcher Aufstellung, immer eine unglaublich gute Abwehr. Das wussten wir und haben versucht im Angriff sehr breit zu spielen. Wir sind so gut ins Spiel gekommen und hätten in der ersten Halbzeit vielleicht noch höher in Führung gehen können. Eine symbolische Aktion war der Wurf von Tim Suton kurz vor der Halbzeit gegen den Flensburger Doppelblock. Eine Situation, die zeigt, dass die Mannschaft einfach voll da und unser Siegeswille groß war.

 

Nach der Halbzeit hatten wir dann eine schwierige Phase, haben dann aber sowohl in der Abwehr als auch im Angriff gegen und im 7-gegen-6 gute Lösungen gefunden – das war am Ende entscheidend. Dazu kommt noch das Momentum durch die Halle: Die Atmosphäre heute war unglaublich. Das hat uns sehr geholfen und es hat richtig Spaß gemacht! Wir werden jetzt in die letzten beiden Spiele alles investieren!

 

TBV Lemgo Lippe: Johannesson (2), Zecher; Hutecek (3), Elísson (11/2), Simak (1), Carlsbogård (2), Isaias Guardiola, Schwarzer, Suton (2), Zerbe (2), G. Guardiola (4), Cederholm (3), Reitemann, Blaauw, Geis.

 

Pressemeldung: TBV.