Viele assoziieren die Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung (ADHS) primär mit Kindern und Teenagern. Allerdings sind auch rund zwei bis drei Prozent der Erwachsenen davon betroffen. Bei fast 50 % der Personen bleiben die Anzeichen über die Kindheit hinaus bestehen und verursachen weiterhin erhebliche Beeinträchtigungen. In einigen Fällen wird ADHS sogar erst im fortgeschrittenen Alter diagnostiziert.
Wie sich ADHS bei Erwachsenen äußert
Experten haben spezifische Kriterien festgelegt, die für die Diagnose von ADHS erfüllt sein müssen. Diese Kriterien umfassen verschiedene Grade von Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität. Etwa 15 % der Kinder und Jugendlichen mit ADHS entsprechen auch im Erwachsenenalter diesen Kriterien. Dennoch manifestiert sich ADHS bei Erwachsenen oft in veränderter Form. Während die Hyperaktivität tendenziell nachlässt, rücken Unaufmerksamkeit, innere Unruhe und emotionale Regulierungsschwierigkeiten in den Mittelpunkt.
Personen mit ADHS tendieren dazu, viel zu sprechen und andere regelmäßig zu unterbrechen. Einige reagieren rasch mit Wut, beenden Beziehungen überstürzt, wechseln spontan den Arbeitsplatz oder kündigen, ohne bereits eine neue Anstellung in Aussicht zu haben. Diese Impulsivität kann sich auch im Verkehr zeigen, beispielsweise durch unvorsichtiges Fahren.
Diagnose – mit Herausforderungen verbunden
Die Diagnose von ADHS bei Erwachsenen erfordert eine gründliche und zeitaufwendige Untersuchung. Ein Schlüsselkriterium ist das Vorhandensein zentraler Symptome vor dem 12. Lebensjahr und bereits auftretende Probleme während der Grundschulzeit. Es wird überprüft, ob die Symptome den Standards des international anerkannten Klassifikationssystems ICD-10 entsprechen und ob andere Krankheiten vorliegen oder auszuschließen sind.
Ein tiefgehendes Gespräch mit dem Patienten bietet dem Facharzt oder Psychotherapeuten wertvolle Einblicke in die mögliche Erkrankung. Obwohl spezielle Tests bei der Diagnosestellung hilfreich sind, ist am Ende stets eine klinische Beurteilung erforderlich.
Die verschiedenen Behandlungsansätze im Überblick
Ob bei ADHS Cannabis positive Auswirkungen haben kann, war Gegenstand einer britischen Studie aus dem Jahr 2017. In der sechswöchigen Untersuchung wurden 30 Erwachsene untersucht. 50 % der Teilnehmer verwendeten ein Spray, das sowohl CBD als auch THC in gleichen Anteilen enthielt, während die andere Hälfte ein Placebo erhielt. Die Wissenschaftler stellten in den Bereichen Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität/Impulsivität und emotionale Labilität Verbesserungen fest. Diese Veränderungen waren jedoch nicht ausreichend, um als statistisch signifikant betrachtet zu werden. Von 2017 bis 2022 registrierte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte insgesamt 163 Cannabis-Verschreibungen im Zusammenhang mit ADHS. Trotz dieser Verschreibungen gibt es aufgrund der aktuellen Forschungssituation keine klinischen Richtlinien für den Einsatz von Cannabis bei ADHS.
Die Verhaltenstherapie, die häufig bei ADHS angewendet wird, zielt darauf ab, problematische Verhaltensmuster sowie unlogische Glaubenssätze und Denkweisen zu erkennen und zu thematisieren. Dabei werden alternative Handlungsstrategien entwickelt und geübt. Mit Hilfe eines sogenannten Störungsmodells wird den Betroffenen aufgezeigt, welchen Entwicklungsprozess sie durchlaufen haben und welche internen und externen Faktoren eine Rolle gespielt haben. Im weiteren Verlauf der Therapie liegt der Fokus auf der aktuellen Situation und dem gegenwärtigen Erleben.
Für Menschen mit ADHS kann eine klare Tagesstruktur sehr hilfreich sein. Es empfiehlt sich, tägliche Aufgaben zu planen und sie schriftlich festzuhalten. Umfangreiche Aufgaben sollten in handhabbare Schritte zerlegt werden, die im Laufe des Tages nacheinander abgearbeitet und abgehakt werden können. Technische Hilfsmittel wie Handy-Erinnerungen, Wecker oder auch physische Notizen an Orten wie der Haustür, dem Kühlschrank oder im Auto können an bevorstehende Termine erinnern. Das Festlegen fester Orte für Gegenstände wie Brille, Handy oder Schlüssel kann ebenfalls helfen. Unterstützung von Familie und Freunden, die an wichtige Termine erinnern, kann ebenfalls wertvoll sein.
Laut den aktuellen Richtlinien kann bei mittelschweren ADHS-Symptomen eine medikamentöse Behandlung angebracht und erforderlich sein. Die dabei verwendeten Medikamente sind meist Psychostimulanzien, von denen viele dem Betäubungsmittelgesetz unterliegen. Das Hauptziel dieser Medikamente ist es, ein Gleichgewicht zwischen den Neurotransmittern im Gehirn zu schaffen. Bei Vorliegen depressiver Anzeichen können auch bestimmte Antidepressiva verabreicht werden, die indirekt positive Auswirkungen auf ADHS haben können. Hierbei ist eine gründliche ärztliche Aufklärung und Beratung essenziell, und in den Anfangsphasen der Behandlung kann eine engmaschige medizinische Überwachung notwendig sein.