Die Beschäftigten in den lippischen Werkstätten für Menschen mit Behinderungen machen sich Sorgen um ihre Zukunft. Grund sind die Vorhaben der Bundesregierung zur Neuausrichtung und Umstrukturierung des Werkstattsystems, die auch die Ausgliederung von Leistungsträgern in den ersten Arbeitsmarkt beinhalten. Auf Einladung des Werkstattrats der Lebenshilfe Detmold hat sich Bundestagsabgeordnete Kerstin Vieregge jetzt vor Ort über die Ängste der Betroffenen und ihre Arbeit in der Werkstatt informiert.
Dabei stand auch die praktische Mitarbeit in der Werkstatt auf dem Programm und die CDU-Politikerin zeigte sich beeindruckt von der guten Atmosphäre und dem motivierenden Miteinander dort. „Jeder wird nach seinen individuellen Fähigkeiten gefordert, beschäftigt und wertgeschätzt“, lobte Vieregge. Die Werkstatträte machten im Anschluss deutlich, wie wichtig ihnen gerade diese Besonderheit der Werkstätten ist. „Ein Arbeitsplatz im ersten Arbeitsmarkt ist prinzipiell gut, aber nicht jeder von uns kann dem Druck außerhalb der Werkstatt standhalten.
Viele haben Angst davor“, erläuterte Olaf Wegemann, stellvertretender Vorsitzender des Lebenshilfe-Werkstattrates. Vieregge betonte: „Der Arbeitsplatz muss immer genau zum Teilnehmenden passen und darf ihn nicht überfordern. Dieses Matching zu organisieren, ist eine wichtige Aufgabe der Werkstätten und genau darin liegt ihre Daseinsberechtigung.“ Sie hält das Wunsch- und Wahlrecht der Beschäftigten für einen zentralen Punkt, der auch zukünftig nicht in Frage gestellt werden darf.
Nach den aktuell diskutierten Plänen des Bundes dagegen sollen alle starken Werkstatt-Mitarbeiter ausgegliedert und in sogenannten Inklusionsbetrieben in den ersten Arbeitsmarkt vermittelt werden. Die damit verbundene Trennung von Rehabilitation und Arbeit sehen die Menschen in den Werkstätten kritisch: „Werkstatt ohne Arbeit ist ein Rückschritt in die 1960er Jahre, wo in Beschäftigungsstätten gebastelt und getöpfert wurde“, heißt es in der Stellungnahme der Werkstatträte Deutschland. Bei der Lebenshilfe Detmold wird „weitere Ausgrenzung und eine Zweiklassengesellschaft innerhalb der Werkstatt“ befürchtet.
Auch Vieregge sieht in der arbeitsmarktnahen Beschäftigung aller Werkstatt-Mitarbeiter eine notwendige Bedingung: „Im Interesse der Menschen, aber auch, um das wirtschaftliche Ergebnis der Werkstätten zu stärken, verbietet sich die strikte Trennung und damit Zerschlagung der funktionierenden Strukturen. Das trägt zudem in keiner Weise zur dringend notwendigen Verbesserung des Entgeltsystems für die Beschäftigten bei“, gibt sie zu bedenken. Aus Termingründen kann sie am geplanten Aktionstag der Lebenshilfe nicht teilnehmen, versprach aber die Wünsche des Werkstattrates mit nach Berlin zu nehmen und sich dort für angemessene Bezahlung der Beschäftigten einzusetzen.
Pressemitteilung der Bundestagsabgeordneten Kerstin Vieregge