Weinbau in Ostwestfalen – was heute erstmal ungewöhnlich klingt, war im Mittelalter durchaus denkbar. Ralf Pankoke von der Hochschule Ostwestfalen-Lippe untersucht im Rahmen seiner Doktorarbeit, wann und wie am Räuschenberg in Höxter in der Vergangenheit Wein angebaut wurde. Wenn Ralf Pankoke am Räuschenberg im Norden von Höxter arbeitet, fühlt er sich oft wie ein Ermittler an einem Tatort.
Um die Aufklärung eines Verbrechens geht es bei dem Landschaftsarchitekten zwar nicht, aber um die Frage: Wurde hier – mitten in Ostwestfalen – einmal Wein angebaut? Die Ermittlungen laufen: Ralf Pankoke vom Fachbereich Landschaftsarchitektur und Umweltplanung der Hochschule OWL forscht für seine Doktorarbeit zum Thema „Der Corveyer Weinberg in Höxter – ein regional oder überregional kulturhistorisch bedeutendes Landschaftselement?“.
„Wir sind zwar keine Weinbauregion, aber Ansätze des Weinbaus sind nicht neu: Der Weinbau in der Region geht auf das Kloster Corvey zurück, also auf das ausgehende 17. Jahrhundert“, erklärt Pankoke. In der Literatur hat der Doktorand Belege gefunden für enge Beziehungen des Klosters Corvey zu einem Weinbaugebiet an der Mosel. Dass die Mönche zuhause in Höxter, in den Südlagen des Weserberglands, ebenfalls Wein angebaut haben, lässt sich durch verschiedene Quellen nachweisen. Eine wissenschaftlich belastbare Aussage über die konkrete Lage des am Räuschenbergs vermuteten Weinbaugebiets ist jedoch bisher nicht vorhanden. An dieser arbeitet Ralf Pankoke nun: Für seine Untersuchungen ist er häufig „am Ort des Geschehens“, wie er erzählt. Am Räuschenberg – und damit in Sichtweite zum Kloster Corvey – findet er alte Mauerstrukturen und Gewölbe, Terrassen und unterschiedliche Vegetation.
„Ich beobachte sehr viel im Gelände und versuche, Beziehungen herzustellen. Dazu führe ich beispielsweise Bodenuntersuchungen durch und gleiche Ergebnisse mit Archivmaterialien ab“, erklärt der Wissenschaftler. Ein erstes Ergebnis: „Die Terrassen auf dem Gelände sind künstlich angelegt und wurden landwirtschaftlich genutzt. Das resultiert aus meinen Untersuchungen aus Bodenkunde und Geoarchäologie und dem Studium von Karten, Bildern, Luftbildern und weiteren Quellen“, sagt Pankoke.
In der Landschaft lesen
Wie ein Kriminalist muss Pankoke bei seinen Untersuchungen sehr genau sein, exakt vermessen, präzise
beobachten. „Meiner Arbeit zugrunde liegen unter anderem Grundsätze aus der Archäologie, der Denkmalpflege und -untersuchung“, erklärt Pankoke. In Summe gehe es darum, „die Landschaft zu lesen“. Hier spielt auch die Vegetation eine Rolle, welche Pflanzen wachsen wo, wie alt sind die Gehölze, was sagen sie aus über Bodenbeschaffenheit und Klima? Das Untersuchungsgelände erstreckt sich über rund sieben Hektar, also eine Fläche von bis zu zehn Fußballfeldern. Vorverurteilungen gibt es dabei keine: „Die Untersuchung läuft ergebnisoffen. Aus den gesammelten Puzzlestücken werde ich letztlich ein Gesamtbild zusammensetzen“, so Pankoke.
Kooperation zwischen Höxter und Berlin
Betreut wird die Doktorarbeit an der Hochschule OWL von Professor Dr. Jörn Pabst vom Fachgebiet Landschaftsbau und Vegetationstechnik. Die Promotion wird in Kooperation mit der Technischen Universität Berlin durchgeführt, wo Professorin Cordula Loidl-Reisch als Betreuerin agiert. DasPromotionsvorhaben läuft seit Mitte 2017. Zuvor war Pankoke bereits ein Jahr wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fachbereich Landschaftsarchitektur und Umweltplanung. Die Hochschule OWL kennt er zudem schon aus Studentenzeiten: Hier hat er das Diplomstudium der Landschaftsarchitektur und Umweltplanung absolviert, bevor er für das Masterstudium an die Universität Kassel wechselte.
Studierende der Hochschule OWL sind auch in Teilaspekte der Doktorarbeit einbezogen: Im Sommersemester 2017 haben Studierende aus dem Bachelor-Studiengang Landschaftsbau und Grünflächenmanagement in einem Projekt die Bauaufnahme historischer Objekte erlernt. Dafür haben sie Vermessungen auf dem Gelände am Räuschenberg durchgeführt.
Foto: Katharina Thehos, Copyright: Hochschule OWL
Text: Katharina Thehos