Das zweite Kapitel des Nelkenwanderer-Projektes „Weserbergland-Weg“, eine mehrtägige Tour auf dem nördlichen Teil, ist geschrieben. Der mit blauem XW auf grünem Grund markierte Fernwanderweg folgt bergauf und bergab dem Tal der Weser von Hannoversch Münden bis zur Porta Westfalica. Es geht vorbei an romantischen Burgen und Schlössern, historischen Altstädten. Und auf dem zertifizierten Wanderweg sind viele Mythenfiguren anzutreffen.
Das ganz Besondere: Der Weserbergland-Weg ist immer noch ein Geheimtipp, eine Wanderung mit der Natur auf Du und Du ist hier noch möglich. Vom 03. bis zum 06. Oktober 2019 sind die Blomberger Nelkenwanderer in vier Tagesetappen und einer etwas mehr als 80 Kilometer langen Wanderstrecke von Stadtoldendorf über Bodenwerder, Hameln und Hessisch-Oldendorf nach Rinteln auf diesem Fernwanderweg unterwegs.
Zur ersten Etappe mit 18 Kilometer Länge startete die Wandergruppe in der Fachwerkstadt Stadtoldendorf. Bis hierher ging es natürlich umweltfreundlich auf dem Schienenweg. Die wie ausgestorben wirkende Stadt ließen die Wanderer schnell hinter sich. Teilweise ergiebiger Dauerregen begleitet die Gruppe auf dem Weg zum Kloster Amelungsborn. Das frei zugängliche Klostergelände an der Bundesstraße nahe Negenborn kann eine bewegte Geschichte erzählen. Der Klostergarten ist für seine vielfältigen Arzneikräuter bekannt. Für die Nelkenwanderer geht es weiter Richtung Norden nach Holenberg, mitten durch eine traumhafte Landschaft, auch bekannt als die „Toskana des Nordens“.
Der erste kräftezehrende Aufstieg in das Voglergebiet endete auf Ebersnacken (460 Meter üNN) mit dem 26 Meter hohen Ebersnackenturm. Der sonst einzigartige Blick über Täler und Hügelketten des Weserberglandes fiel tiefhängende Wolken und reichlich Wassertropfen zum Opfer. Mit einem ständigen Auf und Ab führt die Wanderroute auf einsamen Wald- und Naturpfaden nun über den Höhenzug des Vogler. Auf der Bodohöhe angekommen geschah ein kleines Wunder. Es hörte auf zu regnen, Lücken zwischen den Wolken ließen auch etwas Sonnenschein zu.
Die Rundumsicht vom Bodoturm aus auf das Bergland und das Wesertal entschädigten für die vergangenen verregneten Stunden. Allerdings erschütternd: soweit das Auge reicht die unübersehbaren abgestorbenen Wälder. Bis zum nächsten Aussichtspunkt, der Königszinne hoch über dem Etappenziel Bodenwerder, war es von hier aus nicht mehr so weit. Und erholsam obendrein, verläuft der Weg doch meistens leicht bergab. Von der Königszinne führt der Weg dann steil hinab zur Jugendherberge über der Stadt an der Weser.
Gut gestärkt folgte am Freitag die zweite Wanderetappe nach Hameln. Parallel zur Weser schlängelt sich der Weserbergland-Weg rechts des Flusses von Bodenwerder aus in Richtung Hehlen. Gleich hinter der Stadt geht es in den Anstieg zum Bismarckturm. Der ist zwar beschwerlich, aber der auch bei Regen atemberaubende Ausblick von hier aus auf das Wesertal ließ alle Mühen und Anstrengungen vergessen.
Der von naturnahem Wald bedeckte Rücken des Heiligenberges ist ein weiteres Highlight des XW. Der führt von hier aus bergab an die Weser. Der Plan der Blomberger Wandergruppe war jedoch sich auf dem rechten Weserufer in Richtung der Fährstelle Grohnde durchzuschlagen. Dazu sollte eigentlich der Rumbecker Weg über den Eichberg herhalten. Der teilt leider das Schicksal vieler Wanderwege: Er wird nicht mehr gekennzeichnet, er verfällt und wird streckenweise unpassierbar. So eilten die Nelkenwanderer über eine der Weserterassen durch die Feldflur in Richtung Grohnde.
Und eigentlich sollte von hier der restliche Weg nach Hameln mit einem Schlauchboot auf der Weser gepaddelt werden. Soweit der Plan. Der Regen war mittlerweile sehr kräftig geworden. Im Schlauchboot fehlte eine leistungsfähige Lenzpumpe. Die Trinkgefäße der Wanderer reichten zum Schöpfen nicht annähernd aus. Also was blieb? Der Weg weserabwärts bis Hameln wurde zum Teil zu Fuß zurückgelegt. Für ein kurzes Teilstück nahm ein Linienbus die Wanderer auf. Trotzdem, am Ende des Tages wurden es doch noch gut 20 Wanderkilometer.
In der Nacht hatte es zu regnen aufgehört. Der Morgen grüßte mit strahlendem Sonnenschein. In der trockenen Luft in der Jugendherberge waren die regennassen Kleidungsstücke wieder tragbar getrocknet. Und so wurde die dritte Etappe gestartet. Die sollte mit fast 25 Kilometern Länge über und durch den Süntel zur Königsetappe der Tour werden. Also schnell hinaus aus der Stadt. Auf dem Europäischen Fern-Wanderweg E11 ein kurzes Verschnaufen am Hamelner Bismarckturm. Der soll einen guten Überblick vom Hamelner Talkessel bieten, ist aber leider derzeit nicht zugänglich.
Also flott weiter zum Forsthaus Heisenküche am Schweineberg. Hier übernimmt der XW wieder die Regie. Durch von Buchen dominierten Mischwald geht es über den Schweineberg weiter Richtung Nordwest immer aufwärts auf die Süntelhöhen. Auf der „Hohen Egge“ bietet der Süntelturm einmaligen Ausblicke über Süntel und Deister bis weit hinein in die Norddeutsche Tiefebene. Die angeschlossene Gastwirtschaft lädt zum Verweilen ein.
Und nur ein paar Kilometer weiter folgt mit dem Hohenstein und dessen bis zu 60 Meter hohen Klippen eine wirklich sagenhafte Landschaft. Beste Aussichten laden direkt auf den Felsen zu einer längeren Pause ein. Aber auch hier: große kahle, vormals baumbestandene Flächen. Dazwischen: um ihr Leben kämpfende Bäume. Von den Klippen führen Treppen bergab, hinunter zur Baxmannbaude. Ab hier brachte der Pyrmonter Weg die Nelkenwanderer direkt zum Etappenziel in Hessisch Oldendorf.
Weitere gute 20 Kilometer liegen auf der vierten Etappe vor der Wandergruppe. Auf dem kürzesten Weg eilte die Wandergruppe von Hessisch Oldendorf aus nach Rohdental an den Fuß des Wesergebirges. Mit einem Steilanstieg wurde der Kamm des Wesergebirges erklommen. Die mittlerweile bekannten Grün-Blauen XW-Schilder weisen dann den Weg zur Paschenburg, ein im Jahre 1842 errichtetes repräsentatives Steinhaus mitten im Wald. Auf die Wandergruppe wartet ein grandioser Ausblick über das weite Wesertal und das begleitende Bergland.
Unterhalb der Paschenburg liegt ein Felsspalt, der Mystisches birgt: der Sage nach wohnen in den Höhlen und Spalten unterhalb der Paschenburg kleine Wichte mit langen Bärten und Zipfelmützen. Die sollen sich immer mal wieder blicken lassen. Über die Springsteine auf dem Obernberg und die Westendorfer Egge werden Luhdener Klippen erreicht. Der Klippenturm bietet noch einmal beste Aussichten ins Wesertal und das Nordlippische Bergland. Noch ein kleines Stückchen auf dem XW und es geht hinunter nach Rinteln, dem Ziel dieser letzten Etappe.
Zurück nach Schieder wurde der Schienenweg über Hameln genommen, das ist bequem und dauert insgesamt nur 1 Stunde. In Fahrtrichtung links huschte ab Rinteln das Panorama von Wesergebirge und Süntel vorbei. Kaum zu glauben, es blieben den Nelkenwanderern gerade mal 15 Minuten bis Hameln sich fürs Erste vom Weserberglandweg zu verabschieden. Mit diesen vier Wandertagen endete für die Blomberger Nelkenwanderer das Projekt „Weserberglandweg XW“. Trotz fast herbstlicher Temperaturen wurde doch so mancher Tropfen Schweiß vergossen, die gut gefüllten Rucksäcke sorgten insbesondere bei den vielen Anstiegen fast immer für ein moderates Tempo.
Das einhellige Fazit: Besser als auf diesem Wanderweg kann man sich diese Region und deren Natur nicht erschließen. Insgesamt konnte die Wandergruppe auf nun acht Tagesetappen die abwechslungsreichen Landschaften links und rechts der Weser kennen und genießen lernen und für sich erschließen. Das sorgte für viele schöne Erlebnisse. Die Vielfalt der Natur hinterließ unzählige und einzigartige Eindrücke. Aber mittlerweile gehören zu einer Wanderung auch deprimierende und nachdenklich stimmende Momente.
Denn leider liegen, wie auch andernorts zu erleben, die Wälder entlang der Weser im Sterben. Von den einstigen dichten Nadelwäldern stehen nur noch Ruinen, die Laubbäume, hier insbesondere die Eschen, und mittlerweile auch die Buchen, leiden unter den menschengemachten Umweltveränderungen. Dieser Prozess schreitet immer schneller und unaufhaltsam fort und ist draußen in der Natur nicht mehr zu übersehen. Unser Apell: Lasst uns alles in unserer Macht Stehende unternehmen damit wenigstens die schlimmsten Auswirkungen dieser Entwicklung abgemildert werden.
Wir Nelkenwanderer möchten den uns folgenden Generationen nicht nur Waldruinen hinterlassen. Unsere Enkel sollen, wie wir es noch können, auch in den Genuss von vielfältigen Naturerlebnissen kommen. Einer unserer Beiträge: Wir suchen uns regionale Ziele, wir nutzen die öffentlichen Verkehrsmittel, wir stehen für sanften, naturverträglichen Tourismus. Bei den Touren der Wandergruppe sind Gäste immer gerne willkommen. Sollte jemand Interesse an der einen oder anderen der mittlerweile vielen absolvierten Wanderstrecken haben, kein Problem, jede Anfrage wird beantwortet.