„Die geplante Änderung des Infektionsschutzgesetzes ist für mich unbegreiflich.“ Alfred Westermann, Vizepräsident und Vorsitzender des Handelsausschusses der Industrie- und Handelskammer Lippe zu Detmold (IHK Lippe) kann es nicht fassen. Der Handelsausschuss sieht dies als einen Schritt zurück auf den Stand von vor 14 Monaten. Der Bevölkerung sei es nicht mehr zu erklären, warum große Teile des Einzelhandels nun wieder schließen sollen, obwohl die Ladengeschäfte keine Hotspots sind. Und warum dürfe ein Gartenmarkt öffnen und ein Baumarkt müsse geschlossen bleiben? Warum können Fachgeschäfte z.B. keine Sportschuhe verkaufen, Lebensmittelmärkte ihre Nonfoodsortimente jedoch immer weiter ausbauen? „Das ist unverständlich“, so Westermann.
Der IHK-Vizepräsident fordert die lippischen Bundestagsabgeordneten auf, dem Kabinettsentwurf nicht zuzustimmen. Der Handel hat mit sehr vielen Investitionen in Hygienekonzepte und Kontaktermittlung wichtige Schritte in eine gesicherte Kundenbetreuung gemacht. Das geplante Gesetz zieht den Unternehmen den Boden unter den Füßen weg. Die Unternehmer*innen und deren Mitarbeiter*innen nehmen ihr Schicksal lieber selbst in die Hand und wollen nicht länger am Tropf des Staates hängen.
Der Vizepräsident betont, dass digitale Angebote zur Nachverfolgung und Einlasskontrollen im Umlauf sind. Seit einem Jahr setze der Handel kreative und sichere Konzepte ein und zeige Eigenverantwortung. Westermann bewertet die Rücknahme von „Click und Meet“, also der Einkauf mit vereinbarten Terminen, als echten Stimmungskiller für den Einzelhandel. Anstelle der Änderung verlangt Westermann von der Politik mehr Mut zur kontrollierten Öffnung und Nutzung der bereits entwickelten Konzepte des Handels.
Die Formulierung des Kabinettsentwurfs scheint sogar die Abholung per „Click und Collect“ sowie die Auslieferung von Waren zu verbieten. „Unfassbar, denn das ist der Gastronomie erlaubt, was ich ausdrücklich begrüße. Wir wollen nicht zulassen, dass Politik Handel und Gastronomie gegeneinander ausspielen“, schüttelt Westermann den Kopf. Dies lasse befürchten, dass die Politik die Wertigkeit des stationären Einzelhandels nicht sehe. „Unsere Einzelhandelsgeschäfte sind mit Gastronomie und Kultur prägend für die Attraktivität unserer Innenstädte!“
Solange die Inzidenzen sehr hoch sind, sei „Click und Meet“ mit Negativtest hilfreich. Außerdem biete dieses Angebot den Bürger*innen einen Anreiz, sich testen zu lassen. Vermehrte Testungen sind im Interesse aller, dadurch werden Infektionsketten durchbrochen, da Infizierte frühzeitig herausgefiltert werden, so der Handelsausschussvorsitzende. Die Politik muss nun verlässliche Perspektiven für die Wirtschaft auf den Weg bringen, die schon seit Monaten geschlossen ist. Den Handel zu schließen zeugt nicht von einer weitsichtigen Politik. Diese hätte schon nach dem ersten Lockdown Konzepte für die zweite Welle erarbeiten müssen.