Was ein Kraftakt, aber vor allem: was ein Offensivspektakel! In einem temporeichen Schlagabtausch mit sage und schreibe 76 Treffern haben der TBV Lemgo Lippe und TuSEM Essen am Donnerstagabend den bisherigen Torrekord in dieser Spielzeit eingestellt. Noch wichtiger allerdings: die nächsten zwei Punkte, die die Lipper durch den 39:37 (18:18)-Auswärtserfolg mit auf die Rückfahrt nahmen.
Für den TBV, dessen Auswärtsbilanz sich im Kalenderjahr 2021 mit nun 9:3 Punkten aus sechs Partien durchaus sehen lassen kann, rotierten in der Sporthalle „Am Hallo“ Bobby Schagen, Dani Baijens und Andreas Cederholm in die offensive Anfangsformation. Anstelle von Peter Johannesson durfte sich erstmals in dieser Saison Finn Zecher von Beginn an behaupten. Beim ersten Strafwurf nach einer Minute war Lemgos Nummer 20 gegen Noah Beyer zwar machtlos, leitete mit seiner ersten Parade dann aber die erste TBV-Führung an diesem Abend ein: Mit seinem 50. Siebenmeter-Tor stellte Bjarki Már Elísson auf 2:1. In den Folgeminuten schafften es die Gäste zunächst, sich auf drei Tore abzusetzen.
Nach Baijens‘ 6:3 aber drehten die Essener auf, wirbelten sich zurück ins Spiel und gingen wieder in Führung: Als Essens Tim Rozmann nach einer Viertelstunde aus acht Metern unbedrängt zum 10:9 dreschen konnte, trommelte Florian Kehrmann erstmals seine Mannschaft zusammen und forderte vor allem mehr Biss in der Abwehr. Mit dem eingewechselten Frederik Simak, der zunächst für Gedeón Guardiola assistierte und wenig später selbst zweimal netzte, setzten sich die Gäste zunächst wieder auf 15:12 ab. Weil sich die Fehlwürfe im Anschluss wieder mehrten, blieb der forsche Aufsteiger im Spiel. Per Doppelschlag stellte der TuSEM in einem inzwischen offenen Schlagabtausch kurz vor der Pause auf 18:18.
Auch nach dem Seitenwechsel blieb die Offensive Trumpf: Zunächst legten die Lemgoer, die nun im 5:1 agierten, durch Gedeón Guardola auf zwei vor, dann besorgte Essens Kreisläufer Tim Zechel die erneute Führung für die Seinen zum 23:24. Es ging hin und her, weil beiden Teams wenig in ihrer Deckungsarbeit gelingen wollte. Als Simak auf 29:28 stellte, verpasste Elísson im Gegenstoß erst die große Chance, auf plus zwei zu stellen. Doch wenig später kamen die erhofften Ballgewinne, die Lukas Zerbe und Cederholm nach 50 Minuten zur ersten Drei-Tore-Führung (31:28) in Hälfte zwei nutzten.
Als Essen verkürzt hatte, verwandelte ein an diesem Abend besonders kaltschnäuziger Elísson seinen siebten Strafwurf. Stark auch, wie Simak wenige Augenblicke später im Fallen seinem isländischen Teamkollegen den nächsten Treffer auflegte. Aus einer erneuten 6:0-Abwehr legte der TBV an Stabilität zu, war nun um schnelleren Rückzug bemüht. Auf der anderen Seite zogen die Lipper in der Crunchtime durch Simak erstmals auf vier davon (55.).Der TBV schrammte auch wegen der Unterzahl zum Ende zwar hauchzart an der 40-Tore-Marke vorbei, brachte seinen vierten Auswärtssieg in Serie aber mit der nötigen Ruhe ins Ziel.
Weil auch der Gastgeber weiterhin offensiv gefällig blieb, war in der 58. Minute der bisherige HBL-Torrekord in dieser Saison bereits durch den 73. Treffer eingestellt. Am Ende bejubelten die Lipper die Pluspunkte 30 und 31, mit denen sie auf den neunten Platz vorrücken. Beste Schützen auf Lemgoer Seite waren Bjarki Már Elísson mit 11/7 und Andreas Cederholm mit 8 Toren.
TBV-Trainer Florian Kehrmann zum Ausgang des Spiels: „Wichtig war nach dem Göppingen-Spiel am Dienstag, genug Kraft zu haben, um hier auch zu bestehen. Wir haben gut Angriff gespielt, konsequent abgeschlossen, hinten leider nicht immer die Konsequenz in der Abwehr gehabt. Trotzdem hatten wir das Spiel irgendwie immer unter Kontrolle, das war wichtig. So konnten wir uns in beiden Halbzeiten in einer Phase auf drei Tore absetzen.
Letztendlich geht der Sieg in Ordnung – auch wenn nicht alles super war. Das Beste ist, dass wir einfach zwei Punkte geholt und auswärts eine wirklich schwere Aufgabe bestanden haben. Jetzt müssen wir wieder gut regenerieren, uns wieder gut vorbereiten – und haben mit dem THW Kiel dann einen der ganz Großen vor der Brust. Darauf freuen wir uns!“