Eine sehr starke erste Hälfte reichte nicht aus, um den Kieler Siegeslauf letztlich stoppen zu können: Am Ende musste der TBV Lemgo Lippe gegen den THW zwar in eine 25:30 (12:13)-Niederlage einwilligen, Trainer Florian Kehrmann war ob des engagierten Auftretens seiner Mannschaft dennoch vollen Lobes: „Ich muss meiner Mannschaft ein großes Kompliment machen, weil sie über 60 Minuten voll dagegen gehalten hat.“

 

Für den angeschlagenen TBV-Kapitän Andrej Kogut rückte Frederik Simak ins erste Glied. Keine drei Minuten waren gespielt, als sich der Ex-Berliner erstmals einen Weg durch die Kieler Deckung bahnte und zur 2:1-Führung wuchtete. Die Zebras mussten in den Anfangsminuten viel Aufwand betreiben, um sich gegen den Lemgoer 6:0-Deckungsverbund aussichtsreiche Abschlusspositionen zu erspielen.

 

Als die Gäste durch ihren Linksaußen Rune Dahmke gleichgezogen hatten, parierte Peter Johannesson in der 5. Minute einen Strafwurf gegen Landsmann Niclas Ekberg. Zu diesem Duell sollte es im weiteren Verlauf noch häufiger kommen. Nachdem die Lipper die erstmalige Kieler Führung durch Jonathan Carlsbogård ausgeglichen hatten, blieb Ekberg im nächsten Siebenmeter-Duell diesmal der Sieger und brachte seine Farben damit erstmals nach zehn Minuten in Front (3:4).

 

Die Zebras übten mit ihrer geänderten 3:2:1 respektive 5:1-Deckung immer wieder früh Druck aus und provozierten so viele Eins-gegen-Eins-Duelle. Den TBV-Akteuren wurde in den eigenen Angriffen daher ein genaues und gut getimtes Passspiel abverlangt. Nachdem Simak an THW-Schlussmann Dario Quenstedt gescheitert war, besorgte der Ex-Lemgoer Hendrik Pekeler die erstmalige Zwei-Tore-Führung für den amtierenden Deutschen Meister. Lemgo blieb jedoch unbeeindruckt: Bjarki Már Elísson traf per Strafwurf zum Anschluss, Andreas Cederholm krönte einen blitzsauberen Angriffsvortrag zum 7:7. 20 Minuten waren gespielt, als Gedeón Guardiola im dritten Anlauf sein Tor und die erneute Lemgoer Führung erzielte.

 

Lemgo rührte in der Abwehr weiter Beton an. Glück für den THW, als dieser nach letztem Pass und Pfostentreffer noch einen etwas schmeichelhaften Siebenmeter für sich gepfiffen bekam. Ekberg verwandelte, nach einem Lemgoer Fehlpass erhöhte der beste Angriff der Liga im Gegenstoß auf 9:11. Erneut ließ sich der TBV nicht abwimmeln und stellte mit zwei Tempogegenstößen durch Cederholm und Elísson wieder gleich. Das letzte Wort eines ausgeglichenen ersten Durchgangs oblag allerdings dem Gast durch Dahmke, sodass es nach einem Pfostentreffer des TBV mit einem knappen Rückstand in die Kabinen ging.

 

Nach der Pause begann Lukas Zerbe für Bobby Schagen auf dem rechten Flügel. Nachdem sich zunächst beide Teams mit dem Torewerfen abgewechselt hatten, leitete ein Lemgoer Fehler die erste Drei-Tore-Führung der Kieler ein. Doch der TBV kämpfte sich erneut heran: Zunächst behielt Zerbe die Nerven, dann parierte Johannesson stark gegen Pekeler. Im Gegenzug schweißte Simak das Spielgerät an Quenstedt vorbei in den rechten Winkel – der erneute Anschluss zum 18:19 nach 42 Minuten. THW-Coach Filip Jicha brachte nun den amtierenden Welthandballer Niklas Landin zwischen die Pfosten. Die Einwechslung brachte den erhofften Effekt, kurz darauf verhinderte der Däne den Einschlag von Zerbe.

 

Kiel nutzte die fehlende Konsequenz des TBV und war nach 48 Minuten auf 19:23 davongezogen. Gleichwohl die Lipper offensiv gefällig blieben und sich Abschlüsse erarbeiteten, fehlte ein ums andere Mal das nötige Quäntchen Glück im Abschluss. Der THW Kiel nutzte die zum Ende offenere TBV-Deckung, um sich mit seiner zweifelsfrei hohen individuellen Klasse in der Crunchtime frühzeitig auf 22:28 abzusetzen. Den 3:0-Lauf der Zebras durchbrach schließlich Cederholm mit einer tollen Einzelleistung. Das Schlusswort an diesem späten Handballabend hatte schließlich der erfolgreichste TBV-Schütze: Elísson verwandelte auch seinen fünften Strafwurf und besorgte mit seinem neunten Tor den 25:30-Endstand.

 

TBV-Trainer Florian Kehrmann auf der abschließenden Pressekonferenz: „Mit der kämpferischen Einstellung bin ich heute einverstanden, denn wir haben heute alles versucht und den THW vor allem in der Abwehr vor viele Probleme gestellt haben. Leider fehlte uns ein bisschen der Einstieg in die zweite Halbzeit. Da lassen wir zu schnell auf drei Tore abreißen und benötigen viel Aufwand bis zum 18:19. Dann ist es halt eine Spitzenmannschaft, die ihren Stiefel weiter runterspielt und mit sehr viel individueller Klasse agiert.

 

Das Problem ist dann oft, wenn man sich die Chancen erarbeitet und sie dann nicht nutzt, wird man ganz schnell bestraft. Das war in der Phase bis zur 51. Minute der Fall. Trotzdem haben wir mit einer offensiveren Abwehr und schnellen Abschlüssen versucht, das Spiel noch zu drehen. Ich hoffe, dass wir beim nächsten Aufeinandertreffen vielleicht ein bisschen mehr Spielglück haben und vielleicht noch ein, zwei bessere Entscheidungen treffen – und dann wird’s vielleicht ein enges Spiel. Und darauf freue ich mich jetzt schon in Hamburg.“

 

TBV Lemgo Lippe: Johannesson (9 Paraden), Zecher; Elísson (9/5), I. Guardiola, Simak (2), Carlsbogård (3), Schagen, Timm (1), Hangstein, Zerbe (3), G. Guardiola (1), Cederholm (5), Geis, Reimann, Baijens (1).