Auch zweites Corona-Jahr bringt besondere Herausforderungen für den Verbraucherschutz.
Verbraucherzentrale Detmold stellt Jahresbericht 2021 vor.
-Bei rund 4000 Anliegen halfen die Verbraucherschützer:innen mit Rat und rechtlicher Unterstützung weiter.
-Trotz Lockdownphasen und wechselnden „G-Regeln“: Flexible und verlässliche Zugänge zur Beratung sichergestellt.
-Juli-Hochwasser rückt Starkregenschutz und Anpassung an die Folgen des Klimawandels in den Fokus.
-Dank einer Aufstockung der finanziellen Mittel durch Kreis und Stadt konnte eine zusätzliche Beratungskraft ihre Arbeit in der Beratungsstelle aufnehmen. Diese Verstärkung war ein wichtiger Schritt, um die immer komplexeren Verbraucheranfragen zu bewältigen.
Wellen von betrügerischen Paket-SMS oder Fake-Inkasso-Forderungen, nicht immer rechtmäßige Kontoentgelte und gekündigte Strom- und Gasverträge: Bei rund 4000 Anliegen war die Verbraucherzentrale in Detmold im vergangenen Jahr wieder eine verlässliche Ansprechpartnerin, um Verbraucher:innen zu unterstützen und zu ihrem Recht zu verhelfen. Seit dem Herbst sorgten die massiv gestiegenen Energiepreise für einen zusätzlichen Ansturm auf die Beratungsstelle.
„Verlässlich und direkt für alle Menschen ansprechbar zu sein – das war auch im zweiten Corona-Jahr die Herausforderung zwischen Lockdownphasen und sich laufend verändernden Rahmenbedingungen für Geimpfte, Genesene und Getestete. Darauf haben wir flexibel reagiert, die im ersten Pandemiejahr entwickelten digitalen Zugangskanäle genutzt und unsere Onlineangebote ausgeweitet“, sagt Brigitte Dörhöfer, Leiterin der Beratungsstelle Detmold, bei der Vorstellung des Jahresberichts 2021. „Je nach Komplexität des Anliegens war es für uns aber auch besonders wichtig, die Ratsuchenden ab Oktober wieder in unseren Räumen in der Lemgoer Str.5 persönlich empfangen zu können.“
Erfolgreich für Ansprüche von Verbraucher:innen eingesetzt
Die Kennziffern zeigen, dass die Verbraucherzentrale auch 2021 eine stark gefragte Anlaufstelle für die Menschen im Kreis Lippe war: Bei rund 1400 Rechtsberatungen und -vertretungen haben sich die Verbraucherschützer:innen 2021 zumeist erfolgreich für die berechtigten Ansprüche von Ratsuchenden eingesetzt. In der allgemeinen Verbraucherberatung erhielten 24 Prozent der Verbraucher:innen diese aufgrund von niedrigen Einkommen entgeltfrei.
Rechtliche Ersteinschätzung, ohne Unterlageneinsicht, erteilt die Verbraucherzentrale NRW in fast allen Themengebieten generell kostenfrei. „Dank Ihres Einsatzes musste ich die 2600 Euro, die durch ein im Internet abgeschlossenes Abo meiner minderjährigen Tochter gefordert wurden, nicht bezahlen“, so bedankte sich eine alleinerziehende Mutter aus dem Kreis Lippe.
Erfreulich und wichtig, so Brigitte Dörhöfer, sei daher, dass die Stadt Detmold und der Kreis Lippe den Finanzierungsvertrag bis 31. Dezember 2025 verlängert habe und das Team der Beratungsstelle durch eine zusätzliche Beratungskraft verstärkt wurde. Somit können die Menschen jetzt auf das neue Beratungsangebot Pflegerecht zählen, sowie von neuen digitalen Beratungs- und Informationsangeboten profitieren.
Juli-Hochwasser rückt Schutz vor Starkregen in den Fokus
Bilder und Berichte von den verheerenden Folgen des Starkregens in vielen Regionen NRWs führten bei vielen Verbraucher:innen zu der Frage, wie man sich selbst gegen Unwetterfolgen und Hochwasser schützen kann. „Gebäude-, Hausrat- oder Kaskoversicherung – welche Versicherung kommt für welche Schäden auf und ist eine Elementarschadenversicherung sinnvoll? Die Verbraucherzentrale hat Orientierung geboten.
Abzocke per SMS, E-Mail und in Fake-Shops
Gefälschte Nachrichten vom Zoll mit Gebührenforderungen, massenhaft verschickte SMS von angeblichen Paketdiensten, die ahnungslose Nutzer:innen zum Beispiel in Abo-Fallen lockten, Kettenbriefe in sozialen Netzwerken und Messengern, die zum Datenklau führten oder dubiose Fake-Shops: Die digitale Welt nutzten auch 2021 wieder zahlreiche Kriminelle, um die verschiedenen Kommunikationskanäle geschickt für ihre betrügerischen Aktivitäten einzusetzen. Zum generellen Schutz vor Cyberkriminalität klärte die Beratungsstelle im Rahmen der Aktion „Mach Dein Passwort stark!“ gemeinsam mit der Kreispolizeibehörde Lippe in Vorträgen über sichere Passwörter und aktuelle Abzockmethoden auf.
Reisen auch im zweiten Pandemiejahr oft herausfordernd
Wer verreist, will etwas erleben oder sich entspannen. Virusvarianten, Reisewarnungen, zunächst knapper Impfstoff und wechselnde Quarantäneregeln machten die Reiseplanung jedoch auch 2021 teilweise stressig. Zum Weltverbrauchertag am 15. März hat die Beratungsstelle Detmold unter dem Motto „Urlaubspläne trotz Corona: Vorausschauend buchen, Ärger vermeiden“ zusammengestellt, was Pauschal- und Individualreisende zum Beispiel über Stornoregeln, Flex-Tarife und Pandemieklauseln wissen sollten. „Zugleich haben sich wegen Problemen bei der Erstattung abgesagter Reisen weiterhin viele Ratsuchende an uns gewendet“, erklärt Brigitte Dörhöfer.
Fake-Inkasso und Offensive an der Haustür
Ob wegen angeblicher Urheberrechtsverletzungen oder vermeintlich abgeschlossener Glücksspiel-Abos: Unter verschiedenen Vorwänden forderten Inkassounternehmen von den Menschen im Kreis Lippe Zahlungen und drohten mit Zwangsvollstreckungen oder Schufa-Einträgen. Zudem verzeichnete die Beratungsstelle verstärkt Anfragen, weil Direktvertriebler von Telekommunikationsverträgen in den Wochen vor Inkrafttreten des novellierten Telekommunikationsgesetzes am 1. Dezember offenbar eine Offensive starteten und an der Haustür Verträge für Telefon und Internet anboten, die noch längere Laufzeiten und Kündigungsfristen enthielten.
Gekündigte Strom- und Gasverträge und hohe Energiepreise
Dass mehrere Billiganbieter für Strom und Gas trotz vertraglicher Vereinbarung die Versorgung ihrer Kundschaft überraschend einstellten, brachte im Herbst viele Haushalte in Bedrängnis. Betroffene rutschten in die Ersatzversorgung. Die Verbraucherzentrale unterstützt mit rechtlicher Beratung und konkreten Verhaltenstipps. Und bis heute ist die Nachfrage aufgrund der generell gestiegenen Preise für Strom, Gas und Öl sehr hoch, worauf die Verbraucherzentrale NRW auch mit zusätzlichen Informationen im Internet und Online-Seminarangeboten reagiert.
Beratung zum Bankrecht stark gefragt
Eine hohe Nachfrage gab es auch zu Finanzthemen: Kündigungen von einst attraktiven Prämien- und Bausparverträgen vor allem von Sparkassen führten zu erheblichem Beratungsbedarf. Kund:innen wollten die Rechtmäßigkeit der Kündigungen einschätzen lassen und nahmen dazu die anwaltliche Beratung zu Bank- und Kapitalmarktrecht der Verbraucherzentrale in Anspruch. Daneben ging es bei den Prämiensparverträgen dabei um die Überprüfung der ursprünglich gut verzinsten Alt-Verträge und deren „Innenleben“ – beispielsweise um die Wirksamkeit von Zinsanpassungsklauseln, das Bestehen möglicher Nachforderungsansprüche bei Kündigungen oder auch um die Methode der Zinsberechnung.
Umweltfreundliche Technologien helfen Klima und Geldbeutel
Wie viel Öl verheizt eigentlich ein durchschnittlicher Haushalt jährlich? Dies hat die Energieberatung für den Kreis Lippe im Rahmen einer Aktion mit einem beeindruckenden Stapel von zehn Ölfässern verdeutlicht. Durch die CO2-Bepreisung und die neuen Förderprogramme war es für Hauseigentümer:innen noch attraktiver, sich nach Alternativen für alte Öl- oder Gasheizungen umzuschauen. Die Nachfrage nach umweltfreundlicher Heiztechnologien wie Wärmepumpen, Pelletheizungen und Hybridanlagen war so hoch, dass das Telefon von Energieberater Matthias Ansbach nicht mehr stillstand.
Das zweite große Thema war der Bau der eigenen Photovoltaikanlage auf dem Dach oder als Steckersolargerät auf dem Balkon. „Viele Beratungen drehten sich um die sinnvolle Dimensionierung der Anlage und um die Frage, ob ein Batteriespeicher mit berücksichtigt werden beziehungsweise wie groß dieser werden sollte. Auch wie Photovoltaik mit Elektroauto und Wärmepumpe optimal kombiniert werden könnte, war für viele Ratsuchende ein Thema“, so Matthias Ansbach.
Neues Beratungsangebot: Pflegerechtsberatung
Pflegebedürftige und ihre Angehörige sind oft überfordert, wenn es darum geht ihre Ansprüche gegenüber der Pflegekasse durchzusetzen oder die Abrechnungen von Pflegediensten und Heimen auf Rechtmäßigkeit zu prüfen. Hier setzt die neue Pflegerechtsberatung an, die seit Mai auch für Betroffene in Detmold verfügbar ist. „In komplizierten Fällen gibt es auch anwaltliche Unterstützung, um Interessen der Ratsuchenden außergerichtlich durchzusetzen“, so Brigitte Dörhöfer.
Hinweis: Für Ratsuchende ist die Verbraucherzentrale Detmold, Lemgoer Str. 5, zu folgenden Zeiten persönlich und telefonisch erreichbar:
Mo, Fr : 9:00 – 13:00 Uhr.
Di, Do : 9:00 – 13:00 und 14:00 – 18:00 Uhr.
https://www.verbraucherzentrale.nrw/beratungsstellen/detmold