Keinen Zweikampf gescheut, nach dem Seitenwechsel nahezu immer vorgelegt und kurz vor dem Ende mit zwei Toren geführt: Am Ende überwog beim TBV Lemgo Lippe nach dem 31:31 (16:16) beim HC Erlangen dennoch der Stolz über eine couragierte Vorstellung, die mit dem ersten Auswärtsremis belohnt wurde.
Ein Spiel auf Augenhöhe hatte Florian Kehrmann für das Duell beim Tabellenzwölften vorhergesagt – und die Prognose des TBV-Coaches sollte sich an diesem Nachmittag ab der ersten Minute bewahrheiten. Erstmals seit seiner Verletzung hütete Urh Kastelic von Beginn an wieder das Lemgoer Gehäuse, auch Isaias Guardiola stand nach wochenlanger Verletzungspause wieder im Aufgebot. Die ersten beiden Treffer für die Lipper zum jeweiligen Ausgleich erzielte Bobby Schagen, der die Angriffe der um schnelle Antworten bemühten Lipper unaufgeregt vollstreckte. Weil das im dritten Anlauf jedoch misslang, erhöhte Erlangens Christopher Steinert in der 6. Minute erstmals auf plus zwei.
Auch wenn anfangs erfolgreiche Abwehraktionen fehlten, blieb der TBV durch konzentriert vorgetragene Angriffsvorträge am Drücker. Der HCE hatte soeben auf 6:8 erhöht, als sich Kastelic in der 10. Minute erstmals auszeichnen konnte und dem Erlanger Gegenstoß per starkem Reflex den Riegel vorschob. Seine Teamkameraden dankten es ihm prompt: Erst verkürzte ein am Kreis mutterseelenallein gelassener Gedeón Guardiola zum 7:8, ehe Kian Schwarzer nach gelungener Abwehraktion im Gegenstoß das Spielgerät zum 8:8-Ausgleich versenkte. Es kam noch besser: Nachdem Kastelic mit der linken Pranke zur Stelle war, markierte G. Guardiola nach herrlichem Zuspiel an den Kreis auf der Gegenseite die erste Führung an diesem Nachmittag (14.).
Zwar sah sich der TBV kurz darauf erneut im Hintertreffen, hatte mit Lukas Hutecek und Niels Versteijnen aber einmal mehr die richtigen Antworten parat. Und noch mehr: Nach einer Kastelic-Fußparade traf Zerbe im Handumdrehen zum 12:10 (20.). Der Lemgoer Zwei-Tore-Vorsprung hielt bis zur 25. Minute an. Dann trafen Steinert vom Punkt und Simon Jeppsson per Distanzgeschoss zum 15:15. Weil Lemgo gleich zweimal aussichtsreich an HCE-Keeper Klemen Ferlin scheiterte, stand nach dem ersten Durchgang ein leistungsgerechtes 16:16 zu Buche.
Ein ähnliches Bild bot der zweite Durchlauf: Nach den ersten Treffern auf beiden Seiten sahen sich die Lipper erstmals in Überzahl, nachdem Nico Büdel den heranstürmenden Simak in den Wurfarm gepackt hatte. Doch Kapital konnten die Gäste hieraus leider nicht schlagen. Einen Guardiola Distanzwurf entschärfte Ferlin, im Gegenzug brachte HCE- Kreisläufer Tim Zechel seine Mannschaft per Dreher wieder in Führung. Doch der TBV erarbeitete sich die Führung zurück: Erst stellte Spielmacher Hutecek, dessen Nehmerqualitäten gegen die robust zu Werke gehenden Hausherren ein ums andere Mal auf die Probe gestellt wurden, die Partie wieder pari, dann brachte Gedeón Guardiola den TBV erneut in Führung (20:19).
Der TBV legte bis in die Schlussminuten stets um ein Tor vor. Über die Stationen 23:22, 26:24 und 29:28 deutete vor 5386 Zuschauern in der Arena Nürnberger Versicherung alles auf ein Herzschlagfinale hin. Dem ganz großen Wurf sahen sich die Lipper nach 58 Minuten bereits ganz nah: G. Guardiola im Nachsetzen und Lukas Zerbe nach starker Seitenverlagerung von Tim Suton brachten den TBV in eine äußerst komfortable Situation. Als Finn Zecher eineinhalb Minuten vor Ende einen Erlanger Abschluss stark vereitelte, versuchte Lemgos Keeper den Ball im verwaisten Tor des Gastgebers unterzubringen – der HCE agierte inzwischen auch im 7:6 , doch sein Ball landete auf dem Tor.
Erlangen spielte dieser verfrühte Versuch in die Karten, Sebastian Firnhaber und Nico Büdel bescherten ihrem Team den Ausgleich. Dennoch blieb Lemgo noch 15 Sekunden Zeit, um beide Punkte ins Lipperland zu entführen. Als Hutecek sechs Sekunden vor Ende wieder in die Mangel und dabei hart im Gesicht getroffen wurde, hätte sich der HCE nicht wirklich beschweren dürfen, wenn das Schiedsrichtergespann nach Regelwerk auf Rote Karte und Strafwurf entschieden hätte. So blieb es jedoch bei einer Zeitstrafe – und bei einer letzten Wurfmöglichkeit für den TBV. Doch Leve Carstensen, dem in der Schlussviertelstunde bereits seine ersten beiden Bundesligatreffer gelungen waren, scheiterte mit dem letzten Wurf frei vor Bertram Obling. Einen Vorwurf machte dem jungen Linksaußen selbstverständlich niemand. Dann war Schluss.
Lukas Hutecek im Sky-Interview: „Heute fühlt es sich definitive nach einem verlorenen Punkt an. Aber wenn wir in zwei Wochen darüber nachdenken, werden wir zu dem Schluss kommen, dass wir heute gegen eine sehr starke Mannschaft einen Punkt geholt haben.“
TBV-Trainer Florian Kehrmann: „Wir haben heute eine sehr leidenschaftliche Leistung geboten, die Abwehrhärte von Erlangen angenommen und keinen Zweikampf gescheut. Es war ein sehr enges Spiel, über das wir die meiste Zeit trotzdem die Kontrolle hatten. Ärgerlich, dass wir das Spiel in den letzten zwei Minuten nicht zu Ende bringen und auch den letzten Wurf vergeben. Trotzdem war das insgesamt eine wirklich sehr, sehr gute Leistung. Auf dieser können wir aufbauen. Jetzt müssen wir gucken, dass alle gut aus der Länderspielpause kommen und dann geht es weiter.“
TBV Lemgo Lippe: Zecher (2/1 Paraden), Kastelic (11 Paraden); Hutecek (4), Brosch (2), I. Guardiola, Simak (1), Laerke (1), Schagen (2), Blaauw, Schwarzer (2), Suton (2), Zerbe (5/2), Versteijnen (4), G. Guardiola (6), Carstensen (2), Houtepen.
HC Erlangen: Obling (7 Paraden), Ferlin (8 Paraden); Heiny (4), Sellin, Bialowas, M. Zehnder, Firnhaber (4), Büdel (5), Bissel (3), Metzner, Link, Jeppsson (3), Steinert (7/2), Olsson (1), Zechel (4).
Pressemeldung: TBV