Etwa 220 Steckverbindungshersteller, -nutzer und –dienstleister aus Deutschland, Belgien, den Niederlanden, der Schweiz sowie den USA haben sich jetzt zur 9. VDE/VDI Fachtagung „Symposium Connectors“ in der Phoenix Contact Arena in Lemgo getroffen. Die von TH OWL-Professor Dr. Jian Song organisierte und geleitete zweitägige Konferenz fand erstmals seit 2021 wieder als Präsenzveranstaltung statt.
Zentrale Thema der Tagung waren Ektromobilität und Nachhaltigkeit. So stellt der Schnellladeprozess mit Ladeleistungen von 700 kw die Branche vor Herausforderungen beim Material und der Oberfläche, der Simulation, der Prüfung oder auch der Kontaktphysik. Für das Thema Nachhaltigkeit gab es einen eigenen Bereich. Auch die Keynote von Andreas Torka, als Vice-Präsident bei den Wieland-Werken zuständig für Nachhaltigkeit und Research, Development und Innovation (RD&I) beschäftigte sich mit dem Thema.
Deutlich wurde dabei, dass die Unternehmen hier über den eigenen Tellerrand hinausblicken und die komplette Lieferkette von der Rohstoffgewinnung bis zum fertigen Endprodukt überprüfen. Recycling von Rohstoffen sowie das Reduzieren des Einsatzes von fossilen Energieträgern sind hierbei die wichtigsten Ansätze. Dafür werden beispielsweise Solarflächen aufgebaut, die Produktion in den Werken umgestellt sowie Anlagen modernisiert, um bis zum Jahr 2045 CO2-neutral produzieren zu können.
Bereits am Vortag fanden erstmalig zwei Tutorials statt. Das erste Tutorial von Professor Dr.-Ing. Stephan Schlegel von der TU Dresden sowie Dr. Frank Ostendorf von der TE Connectivity Germany GmbH gewährte spannende Einblicke in die Grundlagen für die Auslegung von Steckverbindern. Zeitgleich vermittelte Johann Edfelder zusammen mit Steffen Thies, beide von Rosenberger Hochfrequenztechnik, worauf es bei der thermischen Simulation von elektrischen Steckverbindern besonders ankommt.
Im ersten Fachvortrag in der Session Material und Oberfläche berichtete Dr. Isabell Buresch zusammen mit Ruud Somers von TE Connectivity über die Herausforderungen bei der Miniaturisierung von Steckverbindern sowie der Ermittlung von Werkstoffkenngrößen wie der plastisch-elastischen Verformung bei diesen Bauteilen. Dr. Sönke Sachs von TE Connectivity betrachtete in einem weiteren Vortrag die Miniaturisierung in Hinblick auf die immer weiter steigenden Anforderungen auch höhere Ströme und Leistungen zu übertragen, wie z.B. im Bereich der Ladeinfrastruktur bei der Elektromobilität.
Hier stellen neben der hohen Leistungsübertragung auch die hohen Steckzyklen eine Herausforderung. Erfolgsversprechend seien hier spezielle Silberlegierungen mit Graphit als Festkörperschmierstoff. Dr. Sebastian Wagner von der Rosenberger Hochfrequenztechnik bestätigte diese Untersuchungen. Er zeigte, dass der Beschichtungsprozess erfolgreich in den industriellen Maßstab skaliert werden könne. Das optische Erscheinungsbild, eine raue, matte und dunkel verfärbte Oberfläche, müsse jedoch von den Anwendern akzeptiert werden.
In der Session Connector Design wurden u.a. neue Entwicklungen und Konzepte zu Hochfrequenzsteckverbindern, Smart Connectors und Schirmung vorgestellt. Dr. Wilhelm Rust von WAGO präsentierte in der Session zum Thema Simulation das Verhalten von elektrischen Steckverbindern bei gleichzeitiger mechanischer Bewegung, sodass die Belastungsgeschichte eines Steckverbinders berücksichtigt werden könne.
Der zweite Tag der Konferenz begann mit der Session Prüfung. Auch hier wurden u.a. erneut Silberschichtsysteme thematisiert. Hier berichtete z.B. Dr. Elke Flegel von Robert Bosch über die Eigenschaftsänderungen von silberbeschichteten, passivierten Kontaktflächen bei unterschiedlichen Umgebungsbedingungen. Professor Dr.Jian Song von der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe stellte eine Methode vor, mit welcher die charakteristische Lebensdauer von elektrischen Prüfungen bereits aus der Frühphase von beschleunigten Lebensdauertests ermittelt werden könne.
Da diese Prüfungen allerdings immer noch sehr zeitaufwändig seien, wurde eine Methode entwickelt, mit welcher die Verläufe des gemessenen elektrischen Widerstands für verschiedene Ausfallwahrscheinlichkeiten extrapoliert würden, um in deutlich kürzerer Zeit die charakteristische Lebensdauer der geprüften Steckverbinder bestimmen zu können.
In der Session zum Thema Kontaktphysik betrachtete Dr. Michael Ludwig von TE Connectivity in Zusammenarbeit mit der TU Dresden die thermischen Risiken beim DC Schnellladen im Bereich der Elektromobilität. Neben dem Reibverschleiß durch die häufigen Steckzyklen, seien auch verunreinigte oder beschädigte Kontaktelemente ein signifikantes thermisches Risiko. Eine einseitige Schädigung könne durch thermische Erwärmung auch die Gegenstelle beschädigen, sodass Schädigungen weitergetragen würden. Ein Hauptproblem seien hier die öffentlichen Ladesäulen. Hier wurden im Rahmen einer Studie Feldversuche durchgeführt wobei sich herausstellte, die Hälfte der Kontaktsysteme als kritisch anzusehen seien.
Die Teilnehmer erfreuten sich über die „Praxisrelevanz“ sowie die „wissenschaftliche Tiefe“ der insgesamt 22 Vorträge, die durch zwei weitere Posterpräsentationen ergänzt wurden und bezeichneten sie gleichzeitlich als „trotz des Niveaus der Themen als sehr verständlich“. Der Fachausschuss Elektrische und optische Verbindungstechnik der VDE/VDI-Gesellschaft für Mikroelektronik, Mikrosystem- und Feinwerktechnik hat noch während der Tagung die Fortsetzung der Tagungsreihe in Lemgo beschlossen, sodass auch das 10. Symposium Connectors in 2025 wieder in Lemgo stattfinden wird.
Pressemeldung: TH OWL