Was der TBV Lemgo Lippe vor gut einer Woche in vollen Zügen genoss, steht dem HC Erlangen erst noch bevor: Gegen die Lipper sind erstmals seit Oktober wieder Zuschauer in der Arena Nürnberger Versicherung zugelassen, rund 1700. Unabhängig davon, wie viele es am Ende werden: Der HC wird bis in die Haarspitzen motiviert sein.
Nach Coburg wird dem Pokalsieger auch beim zweiten Gastspiel im Frankenland am Donnerstag (Anwurf 19 Uhr, live auf Sky Sport 6 HD) einiges abverlangt werden. Darauf bereitet TBV-Trainer Florian Kehrmann seine Mannschaft gewohnt akribisch vor – ohne nicht zu warnen: „Wenn wir unsere eigene Leistung nur ein bisschen vernachlässigen, wie in der ersten Viertelstunde in Coburg, dann haben wir in der Bundesliga keine Chance, ein Spiel zu gewinnen.“ Das Credo für den Endspurt lautet: Zähne zusammenbeißen.
Um beim personell gebeutelten Tabellenzwölften nicht in ähnliche Schwulitäten zu geraten, „müssen wir weiter an uns glauben und in diesem System verteidigen“. Dann könne man auch jeden Gegner vor Probleme stellen. In welcher Konstellation die Lipper ihr vorletztes Auswärtsabenteuer angehen werden, entscheide sich erst kurzfristig. Zuletzt fehlten Kapitän Andrej Kogut und Andreas Cederholm angeschlagen.
Der Gastgeber ist hingegen seit Wochen vom Verletzungspech verfolgt: Auch bei der langersehnten Rückkehr seiner Fans – für die Erlanger ist es erst das zweite Heimspiel vor Zuschauern – wird HCE-Coach Michael Haaß auf eine Reihe von Stammkräften verzichten müssen: Neben Kapitän Nikolai Link und Abwehrchef Petter Overby fehlen zudem Steffen Fäth, Nico Büdel, Sime Ivic und Antonio Metzner.
Hinzu kommt der Ausfall von Stamm-Torwart Klemen Ferlin. Aber: Not macht bekanntlich erfinderisch. So verhalf der HCE dem vertragslosen Kreisläufer Benjamin Meschke (zuletzt HBW Balingen-Weilstetten), Linkshänder Stefan Lex und Keeper Matthias Ritschel (beide Profikarriere beendet) zu unverhofften Comebacks. Aus der U23 rückten Sebastian Bauer, Janis Boieck und der bereits mit einem Zweitspielrecht ausgestatte Yannik Bialowas zu den Profis auf.
„Trotz der vielen Verletzungen schaffen sie es immer wieder, mit ihrem großen Kader gute Leistungen auf die Platte zu bringen“, zeigt sich Kehrmann beeindruckt. Obwohl die Mittelfranken nach der erfolgreichsten Hinrunde in ihrer noch jungen Vereinsgeschichte auf der letzten Rille fahren, haben sie auch in der zweiten Saisonhälfte beständig gepunktet. Die Gründe hierfür sieht Kehrmann vor allem in der sehr stabilen und aggressiven Abwehr begründet, über die der HCE immer wieder versuche, ins Gegenstoßspiel zu kommen. „Darüber hinaus haben sie mit Martin Ziemer einen Torhüter, der momentan wieder sehr gut in Form ist.“
Zwei Drittel ihrer Pluspunkte holten die Erlanger in der eigenen Arena, zuletzt nahm man durch das 33:28 gegen Coburg erfolgreich Revanche für die Derby-Niederlage im Februar. Als gefährlichster Rückraumschütze stach mit sechs Treffern abermals Rechtshänder Simon Jeppson hervor, der mit 144/11 Toren der Erlanger Topscorer ist. Nationalspieler Sebastian Firnhaber, der durch die anhaltende Verletzungsmisere seit Wochen defensiv wie offensiv gleichermaßen gefordert ist, folgt mit 122 Toren.
Sollte der TBV seinen Positivlauf fortsetzen und wettbewerbsübergreifend das halbe Dutzend vollmachen, bestünde sogar noch Hoffnung auf die beste Saisonplatzierung des vergangenen Jahrzehnts. In der Saison 2011/12 wurde der TBV Siebter. Aktuell trennt die Lipper noch ein Punkt von Rang sechs, wo sich die MT Melsungen aufhält. Am Sonntag kommt es zum direkten Duell.
Kehrmann: „Die Saison ist eng und es gilt jetzt wirklich noch einmal, dieses gute Gefühl und die Selbstsicherheit mitzunehmen. Dann werden wir auch eine Chance bekommen, in Erlangen zu punkten.“ Schiedsrichter der Partie sind Thomas Kern und Thorsten Kuschel. Sky stimmt ab 18.30 Uhr auf die vier Partien am Donnerstag ein, das komplette Gastspiel des TBV wird auf Sky Sport 6 HD gezeigt.