Katharina Schmidt, die Tochter des Künstlers, mit Museumsdirektor Dr. Michael Zelle / Foto: Lippisches Landesmuseum.

Der „Rote Salon“ im Lippischen Landesmuseum ist der Bereich, der es ermöglicht verborgene Schätze aus dem umfangreichen Depot zu zeigen. Hier werden in regelmäßigen Abständen Gemälde der umfangreichen Kunstsammlung dem Publikum zugänglich gemacht. Präsentiert wird jeweils eine Auswahl von Kunstwerken, die der Besucher in aller Ruhe auf sich wirken lassen kann. Diesmal stehen Kunstwerke des 20. Jahrhunderts im Mittelpunkt. Es ist eine Auswahl an Werken aus dem Nachlass des Malers Hans Robert Schmidt (1926 – 1997), der Mitte der 1950er Jahre die systematische Auseinandersetzung mit dem Bauhaus, mit all den Infragestellungen von Material und Methode, die 35 Jahre zuvor schon in Weimar und Dessau bewegt und umgesetzt wurden.

 

Seine Basis waren die Spannungsfelder der quadratischen Bildfläche, etwa am Beispiel der Gewichtungen subjektiver gegen objektive Zentrierung. Ende der 1960er Jahre führten Auseinandersetzungen mit chromatischen Farbverläufen zu dem Thema „Ohne Horizont“. Ein besonderes Ziel des Künstlers war, dem Betrachter Freiheitsspielräume der Wahrnehmung zu eröffnen. Er versuchte, selbst möglichst keine Deutungen vorzunehmen, die die Wahrnehmung des Betrachters in nur eine Richtung lenken. In dem Zusammenhang ist auch seine Vorsicht gegenüber Bildtiteln zu erwähnen. Er hatte Skrupel, seine Bilder mit Titeln zu versehen, da er befürchtete, dass Titel dem Betrachter zu stark vorgeben, welche Vorstellungen er mit einem Bild zu verbinden hat.

 

Unter anderem war es Schmidt wichtig, ernst zu nehmen, dass Bilder nicht nur den Seh-Sinn ansprechen, sondern ebenso auch andere Sinne. Dass Farben nicht nur visuell wirken, wird darin deutlich, dass man zum Beispiel von einem quietschenden Gelb, einem kreischenden Grün, einem warmen Rot, einem kalten Violett oder einem stechenden Blau sprechen kann. „Farben sehen nicht nur aus, sie erwecken Assoziationen, z.B. akustischer Art: Ein dünner weißgelber Strich auf blauschwarzem Untergrund kann einem scharfen Geigenton in einem Bassgeigen Chor vergleichbar sein – oder dem Quietschen einer Straßenbahn in einem dunklen Stadtviertel. Trüge ein Bild, auf dem jener dünne weißgelbe Strich auf dunklem Untergrund zu sehen ist, den Titel Lichtstreifen bei Nacht, so wäre es dem Betrachter erschwert, zu abweichenden Wahrnehmungen zu gelangen“, schrieb der Künstler.

 

Seine Tochter, Katharina Schmidt, erklärt den Titel der Reihe „Bilder ohne Horizont“ so: „Betrachtet man den Titel im Kontext der hier angesprochenen, nicht vorhersehbaren Überraschungsmomente, könnte man formulieren, ohne Horizont bedeute: ohne einzig gültigen letzten Horizont, weil Wahrnehmungs- und Erfahrungshorizonte in den Beziehungen zwischen Künstler, Kunstwerk und Betrachter immer wieder variiert und erneuert werden können.“ Zu sehen ist diese Anregende Reihe während der regulären Öffnungszeiten, Dienstag bis Freitag von 10 bis 18 Uhr, am Wochenende von 11 bis 18 Uhr im Lippischen Landesmuseum, an der Ameide, mitten in Detmold.