Fast ein Jahr ist der Lippische Blinden- und Sehbehindertenverein in Detmold ohne einen einzigen Coronafall ausgekommen – Mitte Januar erwischt das Virus die Einrichtung mit voller Wucht. Zeitweise waren 69 Mitarbeitende und Bewohner infiziert. Mittlerweile ist der Verein coronafrei, Zeit, um ein Fazit zu ziehen.
Für Menschen mit Behinderungen ist die Corona-Pandemie eine besondere Herausforderung: Sie zählen zu den Risikogruppen und sind somit mehr als viele andere einem erhöhten Infektionsrisiko ausgesetzt. Gleichzeitig erschweren ihnen die erforderlichen Schutzmaßnahmen den Alltag: Gehörlose können sich mit den Mund-Nasen-Schutz schwierig verständigen, Sehbehinderte erkennen nicht, ob der Abstand eingehalten wird oder verstehen ihr Gegenüber durch die Masken schlechter. Herausforderungen, die auch der Lippische Blinden- und Sehbehindertenverein kennt. Dort leben und arbeiten Menschen mit Behinderungen Seite an Seite, teilweise sind sie nicht nur sehbehindert, sondern haben auch geistige, körperliche oder psychische Einschränkungen.
Die Menschen benötigen ein festes Umfeld, spüren aber auch die Verunsicherung ihrer Mitmenschen. „Es ist ein Spannungsfeld, in dem wir uns bewegen: Einerseits sind diese Menschen besonders schutzbedürftig, andererseits ist es schwierig, ihnen diese Regeln begreiflich zu machen. Sie verstehen teilweise nicht, warum sie eine Maske tragen sollen oder den Abstand einhalten müssen. Die Mehrzahl der Klienten akzeptiert aufgrund der Beeinträchtigung die Maske nicht oder kann sie aufgrund der Auswirkungen auch nicht tragen. Ein Jahr lang hat das dennoch sehr gut geklappt, aber man steckt einfach nicht drin“, berichtet Angelika Bicker, Vorstandsmitglied des Vereins.
Aufgefallen ist die Infektion bei einem routinemäßigen Schnelltest, umgehend erfolgte ein PCR-Test. Das Gesundheitsamt des Kreises hat sofort alle notwendigen Maßnahmen ergriffen: Reihentestung für alle Mitarbeitenden und Klienten, Ermittlung weiterer Kontaktpersonen und Quarantänemaßnahmen. Eine Einzelisolierung der Betroffenen ist nicht immer möglich, da sie auf Pflege und den sozialen Umgang angewiesen sind. „Wenn das Virus in einen so sensiblen Bereich einfällt, müssen wir schnell handeln. Das hat mit dem Blinden- und Sehbehindertenverein auch sehr gut geklappt, wir waren im ständigen Austausch und alle Maßnahmen wurden umgesetzt, teilweise haben die Verantwortlichen schon proaktiv reagiert, sobald ein positives Ergebnis vorlag. Dieses Beispiel zeigt einfach, dass weiterhin Vorsicht gefragt ist“, erläutert Dr. Kerstin Ahaus, Leiterin des Gesundheitsamts.
Seit einigen Tagen gibt es in der Einrichtung keinen bestätigten Fall mehr. Die meisten aller Klienten und Mitarbeitenden sind trotz ihres Risikogruppenstatus‘ gut durch den Ausbruch gekommen.