Leserbriefso wurde Donnerstag im öffentlich-rechtlichen deutschen Fernsehen die Spitze der britischen Regierung genannt. Welche deutsche Einrichtung für AgitProp hat sich denn diese Reminiszenz zur Vierer-Bande ausgedacht? Denn dass TV-Sprecher schlicht ohne Absicht aus purer Unwissenheit auf so eine Bezeichnung kommen, wäre eine Beleidigung des Intellekts solcher Leute. Wer sich noch erinnert, was denn die Vierer-Bande war, was sie bewirkt hat und wie sie endete, der wird nicht umhin können, zu merken, dass durch diese Gedankenverbindung offensichtlich Ressentiments, Ängste und Hass geschürt werden sollen gegen die Regierung eines hoffentlich bald wieder autonomen europäischen Staates, den „perfiden Albion“?

 

Oder ist es Neid? Neid geschürt darauf, dass die Briten durften, was die deutsche Bevölkerung, erst kürzlich von deutschen Staatsoberbeamten und Mandatsträgern als politisch unzuverlässig und genetisch einfältig apostrophiert, erst gar nicht durfte: Selbst beschließen über das REIN in, und folglich auch das RAUS aus der EU.

 

Und nicht jede finanziell und sozial wichtige Entscheidung mit „Warten auf eine EU-Regelung“ zu verhindern? Besondere Qualität gewinnt dieser Ausrutscher, wo doch gar diese Woche verkündet wurde, dass die mediale Verbreitung von despektierlichen Bemerkungen, von Herabwürdigungen, die das gedeihliche Zusammenleben der Menschen und Völker in Frage stellen, besonders strafwürdig seien.

 

Wird Herr Maas nun von Amts wegen einschreiten? Oder wird er warten, bis die britische Regierung, more Erdogan, Strafantrag stellt? Ist doch solch eine öffentlich-rechtliche Einlassung besonders gefährlich, wo man doch weiß, wie leicht und gern sich die revanchelüsternen deutschen Stammtischler zu Rachefeldzügen über den Kanal aufhetzen lassen. Oder kommts bei solchen sprachliche Ausfällen drauf an, wer es sagt? Ist die Äußerung eines Stammtischlers anders zu werten als die eines öffentlich rechtlichen, sei es Fernsehen oder Amtsträger?

 

Die sprachliche Hetze der EU-Notabeln gegen die Briten, die sich ja nun nach langer Erörterung im Lande in demokratischer Abstimmung für den Austritt entschieden haben, und folglich damit auch Politiker beauftragen, die sich zu diesem Entscheid bekennen, ist nur folgerichtig. Anders als mit den Wahlversprechungen auf dem Kontinent, wie wir alle wissen. Und Angesicht all dessen wird mir so, als müsse ich dringend austreten.

 

Walter Beumer
32825 Blomberg
Residenzstraße 61