Keine Punkte im letzten Pflichtspiel des Jahres: Auch der TBV Lemgo Lippe kann den Siegeslauf der Berliner Füchse nicht stoppen und kassiert zum Abschluss eines ereignisreichen Handballjahres eine 23:29 (11:16)-Niederlage. Obwohl sich der TBV in Durchgang zwei noch einmal auf drei Tore herankämpfte, mussten die Lipper letztlich der hohen Qualität der Gäste Tribut zollen. Während die Berliner mit dem neunten Sieg in Folge Kontakt zur Spitze halten, geht der TBV mit 15:17 Punkten ins neue Jahr. Erfreulich: Mit 107 Toren führt Bjarki Már Elísson nach dem 16. Spieltag wieder die Torjägerliste der LIQUI MOLY Handball-Bundesliga an. Bester TBV-Schütze an diesem Abend war allerdings Lukas Zerbe mit sechs Treffern.
Erstmals seit Ende Oktober konnte TBV-Trainer Florian Kehrmann wieder im linken Rückraum auf Jonathan Carlsbogård zurückgreifen. Der 25-jährige Schwede hat seine Fraktur in der Wurfhand, die er sich bei seinem Länderspieldebüt Anfang November gegen Rumänien zugezogen hatte, überstanden. So lange, wie der TBV auf seinen Leistungsträger verzichten musste, haben die Gäste aus Berlin in der Liga keine Niederlage mehr hinnehmen müssen. Keine fünf Minuten waren gespielt, als Carlsbogård aus der Mitte die nächste Lemgoer Angriffswelle anschob und Zerbe den Spielzug mit seinem zweiten Tor zum 2:3-Anschlusstreffer vollendete. Zu diesem Zeitpunkt agierten die Lipper bereits in Überzahl, nachdem die Füchse in Person von Jakov Gojun bereits die erste Zeitstrafe gegen sich gesehen hatten.
Mit Zerbe an der Spitze verteidigten die Hausherren in der 5:1-Deckung offensiv, um die Gäste aus dem Positionsangriff nicht unbedrängt zum Wurf kommen zu lassen. Das klappte im ersten Durchgang allerdings nur selten. Anfangs unterlief dem TBV der ein oder andere technische Fehler, wodurch der Hauptstadtklub durch seinen wurfgewaltigen Rückraum seine Führung auf vier Tore ausbauen konnte. Doch der TBV gab die perfekte Antwort mit der bis dato besten Phase des Spiels: Zunächst Christoph Theuerkauf im Fallen, dann Andreas Cederholm per Tempogegenstoß, erneut Zerbe und TBV-Kapitän Andrej Kogut aus dem Rückraum bescherten ihrem Team einen blitzblanken 4:0-Lauf zum 8:9 (16.).
Sechs Minuten später, als sich die Füchse ihre 4:0-Führung gerade zurückerobert hatten, sah Marcel Timm nach Foul an Berlins Marian Michalczik die erste Zeitstrafe für den TBV. Den Lemgoer Torlos-Bann, der acht Minuten angehalten hatte, brach schließlich Cederholm in Minute 24 mit einem Tunnler gegen Füchse-Keeper Dejan Milosavljev zum 9:13. Mit seinem bis dato vierten Treffer krönte Zerbe wenig später ein mustergültiges Anspiel von Dani Baijens zum 11:15. Mit einem Fünf-Tore-Rückstand ging es dennoch in die Halbzeitpause. Allen Beteiligten war klar, dass alles zusammenlaufen muss, um das Ruder noch einmal herumreißen zu können.
Nach der Pause wechselten sich beide Teams zunächst mit dem Torewerfen ab. Vor allem einer wurde in den Lemgoer Angriffsbemühungen gegen die groß gewachsene Deckung der Gäste immer wieder gesucht – und in den ersten Minuten zweimal gefunden: Christoph Theuerkauf. Noch schöner als Theuerkaufs Fallwürfe war in der 38. Spielminute allerdings Johannessons Distanzwurf zum 15:20, den auch Berlins Nationalspieler Paul Drux im Rückwärtssprint nicht mehr zu fassen bekam.
Direkt im Anschluss parierte Lemgos schwedischer Nationaltorhüter dann gegen Tim Matthes, Lukas Zerbe verkürzte per Tempolauf zum 16:20. Dem TBV boten sich ab der 40. Spielminute zunehmend Chancen, wieder heranzukommen – auch, weil Johannesson und das Aluminium weitere Einschläge verhinderten. Aber die Gäste wirkten durch ihren Siegeslauf derart gefestigt, dass sie auch kleinere Rückschläge wegsteckten und nach 45 Minuten nach wie vor mit fünf Toren führten.
Doch der TBV steigerte sich nun, vor allem in der 6:0-Abwehr. Nachdem Jonathan Carlsbogård zunächst in Gedeón Guardiola am Kreis einen Abnehmer fand, traf er in der 46. Spielminute dann zum ersten Mal nach seiner Verletzung wieder selbst ins Schwarze. Elísson verkürzte anschließend auf 19:22 – und der TBV witterte noch einmal Morgenluft. Und obwohl der TBV mit noch mehr Zug zum Tor agierte, fehlte in den entscheidenden Momenten auch etwas das Glück, um den Spielverlauf in dieser Phase völlig auf den Kopf zu stellen. „Uns fehlte dann der letzte Moment, um auf zwei zu stellen. Da hat es dann nicht gereicht und Berlin hat das im Sinne einer Spitzenmannschaft zu Ende gespielt“, bilanzierte Kehrmann auf der anschließenden Pressekonferenz.
Der TBV stemmte sich in der Schlussviertelstunde noch einmal mit allem dagegen. Für ein Augenschmankerl auf Lemgoer Seite sorgte noch Gedeón Guardiola mit seinem Treffer zum 21:26. Spätestens, als die Füchse zwei Minuten vor dem Ende zum 22:28 trafen, galt es, sich erhobenen Hauptes aus diesem Handballjahr zu verabschieden. Das letzte TBV-Tor im Jahr 2020 war einem der auffälligsten Lemgoer Akteure vergönnt: Lukas Zerbe, der mit sechs Treffern zugleich erfolgreichster Schütze seines Teams war. „Was wir in der zweiten Halbzeit gezeigt haben, war richtig gut. Wir haben um jeden Zentimeter gekämpft. Darauf lässt sich aufbauen“, so Kehrmann.
TBV Lemgo Lippe: Johannesson (1), van den Beucken; Elísson (5/1), Kogut (1), I. Guardiola, Carlsbogård (1), Theuerkauf (4), Timm, Zerbe (6), G. Guardiola (2), Cederholm (3), Baijens.