Der „Englische Mai“ nimmt für den TBV Lemgo Lippe immer mehr Fahrt auf: Zum Abschluss des Heimspiel-Hattricks empfangen die Hansestädter am Dienstagabend (Anwurf 18.30 Uhr, live auf Sky Sport 1 HD) erneut Besuch aus dem Ländle: Diesmal ist der Tabellenfünfte aus Göppingen in der Phoenix Contact-Arena zu Gast. Und obwohl im Tableau sechs Plätze zwischen ihnen liegen, sieht TBV-Trainer Florian Kehrmann beide Teams qualitativ gleichauf: „Wir haben im Hinspiel gesehen, dass wir auch in der Lage sind, Göppingen in eigener Halle zu schlagen – auch wenn es im Oktober nicht ganz gereicht hat.“
Damals hielten sich bei FRISCH AUF! Göppingen noch Freud und Leid die Waage. Nach dem Jahreswechsel war die Mannschaft von Trainer Hartmut Mayerhoffer hingegen lange Zeit die Mannschaft der Stunde, holte 19:1 Punkte aus zehn Partien. „Sie haben in einer sehr wichtigen Phase der Saison sehr viele Spiele gewonnen, teilweise ganz knapp“, war auch Kehrmann die beeindruckende Serie nicht entgangen.
Ausgerechnet das Schwaben-Derby gegen den TVB Stuttgart, welches die Göppinger wenige Wochen zuvor noch außerordentlich deutlich für sich entschieden hatten, stoppte den Siegeszug endgültig. Das war Ende April. Seitdem gab es ein beachtliches 28:28 gegen Flensburg, einen ungefährdeten 35:27-Heimerfolg über Essen – und zwei deutliche Niederlagen, von denen letztere erst wenige Stunden zurückliegt und erheblich nachwirken dürfte.
Im Nachholspiel bei den Berliner Füchsen, die den Schwaben im Rennen um Platz fünf damit nun wieder dicht auf den Fersen sind, sah man sich bereits früh einer Niederlage ausgesetzt. Nach 40 Minuten lagen die Hauptstädter mit sage und schreibe 26:12 vorn, der Rest eines aus Sicht von FRISCH AUF! völlig verkorksten Nachmittags war Ergebniskosmetik der zweiten Garde. Ein Rückschlag, für den kaum Zeit zur Aufarbeitung bleibt. Mayerhoffer kündigte nach Spielende dennoch an, dieses Spiel nicht ad acta legen zu wollen. Auf direktem Weg von Berlin nach Lemgo gebe es „einiges zu besprechen“.
Wenngleich das Momentum also beim etwas ausgeruhteren TBV liegen mag, will man sich davon im Lipperland nicht beirren lassen. Achtsamkeit gilt besonders dem Göppinger Rückraum: „Mit Sebastian Heymann, Tim Kneule, Nemanja Zelenovic und auch Nicolai Theilinger verfügen sie dort über sehr viel Wurfkraft“, so Kehrmann. Gerade der 23-jährige Heymann, der im Hinspiel mit acht Treffern maßgeblich zur Aufholjagd beitrug und kürzlich bis 2024 verlängerte, ist mit 116 Toren und 69 Assists nicht nur für den Angriff enorm wichtig. Kehrmann: „Sie leben, glaube ich, von ihrer kompromisslosen Abwehr, die mal kompakt, mal sehr aggressiv agiert. So versuchen sie immer wieder, über Gegenstöße zum Ziel zu kommen.“
Davon profitiert vor allem ein weiterer DHB-Akteur: Linksaußen Marcel Schiller, der im Filstal bereits seine achte Saison bestreitet und ebenfalls vorzeitig verlängerte, kommt bisher auf 208/99 Tore – und führt damit die HBL-Torschützenliste an. Der 29-Jährige war es auch, der seiner Mannschaft im Hinspiel gegen die Lipper wenige Sekunden vor dem Ende mit seinem achten Tor noch einen Punkt rettete. Auf dem rechten Göppinger Flügel feierte Marco Rentschler nach monatelanger Pause wegen Pfeifferschen Drüsenfiebers in Berlin sein Comeback und markierte zwei Treffer.
Um gegenüber dem Hinspiel im besten Fall sogar doppelt zu punkten, bedarf es wie schon gegen Stuttgart sehr strukturierter und temporeicher Angriffsvorträge. Mit Respekt, aber ohne Angst wird der TBV also die reisegestressten Göppinger in Empfang nehmen: „In dieser Liga ist allgemein alles möglich. Es gibt viele Überraschungen, die Saison geht jetzt langsam auf die Zielgerade, ein paar Mannschaften gehen körperlich am Stock.“ Umso erfreulicher, dass Kehrmann abgesehen von Tim Suton und Jari Lemke erneut personell aus dem Vollen schöpfen kann.
Für ein Remis wie im Hinspiel, bei dem die Göppinger übrigens erstmals in dieser Saison ihr neues Blau trugen, spricht zumindest im Vorfeld herzlich wenig. Weder der TBV zu Hause noch die Göppinger (sieben Siege, sechs Niederlagen) in der Fremde standen dort bisher auf Punkteteilungen. Das letzte Mal im Lipperland liegt mehr als 30 Jahre zurück: Am 8. November 1986 stand’s am Ende 22:22. Schiedsrichter der Nachholpartie des 23. Spieltags sind Sascha Standke und Steven Heine. Sky meldet sich um 18.15 Uhr auf Sky Sport 1 HD erstmals live aus der Phoenix Contact-Arena.