Die Ärztekammer Westfalen-Lippe (ÄKWL) kritisiert den Schiedsspruch zwischen Krankenkassen und Apotheken zu „pharmazeutischen Dienstleistungen“. Die bewährte Zusammenarbeit und Aufgabenteilung zwischen Ärzten und Ärzten einerseits und Apothekerinnen und Apothekern andererseits werde aktuell unnötig aufs Spiel gesetzt, so der einstimmig von der Kammerversammlung angenommene Beschluss. Das Ergebnis des Schiedsspruchs greife in ärztliche Tätigkeit ein. Für ÄKWL-Präsident Dr. Hans-Albert Gehle ist das nicht akzeptabel. Er sprach sich für eine konstruktive Abstimmung zwischen der Ärzteschaft und Apothekern „im Sinne der Patientenversorgung“ aus, sagte aber auch: „Zusammenarbeit ja, aber ärztliche Leistungen gehören in ärztliche Hand, das ist die rote Linie.“

 

Ohne Beteiligung von Ärzten und Ärzten hat eine Schiedsstelle von Vertretern der Krankenkassen und der Deutscher Apothekerverbände (ABDA) in der vergangenen Woche Inhalt und Vergütung von „pharmazeutischen Dienstleistungen“ beschlossen. Nach der Grippeimpfung in Apotheken sollen dort nun auch komplexe Beratungsgespräche mit Patienten nach Organtransplantation und Krebspatienten geführt sowie Kontrollmessungen und Beratungen bei erhöhtem Blutdruck und Schulungen zur Anwendung von inhalativen Medikamenten durchgeführt werden.

 

Nach Ansicht des westfälisch-lippischen Ärzteparlamentes ist zu befürchten, dass durch derartige „Beratungsgespräche“ von Apothekern das Vertrauen zwischen Arzt und Patient geschwächt wird. So sei die onkologische Behandlung inzwischen hoch individuell, viele Patienten würden in Studien betreut. Die Datenbanken, auf die Apotheker im Rahmen der Prüfung auf Arzneimitteltherapiesicherheit zugreifen würden, enthielten relevante und aktuelle Informationen dann noch gar nicht und führten gegebenenfalls zur Rückmeldung eines „arzneimittelbezogenen Problems“.

 

Dies sei dann „Gift für die Therapieadhärenz und das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient“, so Kammerpräsident Dr. Hans-Albert Gehle. „Je nach Ausgestaltung könnte dies eine Substitution bisher dem ärztlichen Beruf vorbehaltenen Leistungen darstellen. Hier sind die Apotheker aufgefordert klarzustellen, dass sie ärztliche Leistungen nicht substituieren wollen“, fordert Gehle.

 

Der eigentliche Ansatz einer Medikamentenberatung durch Apotheker zum Beispiel mit dem „Brown-Bag-Review“ ist laut ÄKWL dabei gar nicht falsch: der Patient bringe sämtliche Medikamente in einer Tüte, dem „Brown-Bag“, mit zum Apotheker. Beim Apotheker liefen dann Informationen über die Medikamentenverschreibungen verschiedener Ärzte zusammen und zusätzlich auch über die OCT-Medikamente, die der Patient nebenher nehme, von denen die behandelnden Ärzte meist gar nichts wüssten. Gehle: „Unerwünschte Wechselwirkungen zwischen Medikamenten, von denen die beteiligten Ärzte gar nichts wissen, können so aufgedeckt werden.“

 

Für eine sinnvolle Gestaltung der Arzneimittelsicherheit in Kooperation zwischen Ärzten und Apothekern nach diesem Prinzip wäre allerdings eine frühzeitige Einbindung der Ärzteschaft in die Entscheidungsprozesse und insbesondere in das Schiedsverfahren unerlässlich gewesen, kritisiert ÄKWL-Präsident Gehle. „In einem solchen Verfahren hätten auch Missverständnisse geklärt und rote Linien verdeutlicht werden können.“

 

Deshalb fordert die Kammerversammlung der Ärztekammer Westfalen-Lippe, jetzt den Reset-Knopf zu drücken und das Verfahren unter Beteiligung der Ärzteschaft neu aufzusetzen. Gehle: „Denn auch die Ärzteschaft hat ein Interesse daran, dass die Apotheken vor Ort erhalten bleiben, aber nicht um den Preis einer Gefährdung der Patientenversorgung.“ Zudem würden klare Regelungen zur ausländischen Versandapotheken Apothekern und Ärzten helfen, denn nur inländische Apotheker und Ärzte unterliegen auch einer über den Berufsstand und den Gesetzgeber geregelten Selbst-und Fremdkontrolle.

 

Pressemeldung: Ärztekammer Westfalen-Lippe.