Die Ärztekammer Westfalen-Lippe (ÄKWL) übt Kritik an den neuesten Beschlüssen der Gesundheitsministerkonferenz (GMK) zur Quarantäne-Regelung für Schulkinder. Der Präsident der ÄKWL, Dr. Hans-Albert Gehle, wirft der GMK vor, sie habe die Risiken zwischen Folgen und Nutzen der Quarantäne für Schulkinder als Kontaktpersonen ihrer Mitschüler nicht abgewogen und die fachlich begründeten Stellungnahmen der Kinder- und Jugendärzte sowie vieler Gesundheitsämter nicht berücksichtigt.

 

„Die neue bundesweite Regelung, die Sitznachbarn für fünf Tage bis zu einem negativen Corona-Test in Quarantäne zu schicken, ist in Nordrhein-Westfalen seit August bereits häufig angewendet worden, bedeutet aber trotzdem Homeschooling für viele Kinder.“ Gehle fordert stattdessen, lediglich die positiv getesteten Kinder und Jugendlichen in Quarantäne zu schicken. Man müsse sich auf das unmittelbare familiäre Umfeld oder enge soziale Kontakte von infizierten Kindern konzentrieren, da hier das größte Risiko einer Übertragung von SARS-CoV-2 bestehe. Ansonsten sei auch der Öffentliche Gesundheitsdienst mit der Kontaktpersonenverfolgung überfordert.

 

Die Gesundheitsminister der Länder haben sich gestern darauf verständigt, dass bei einem positiven Corona-Fall nicht mehr die gesamte Klasse in Quarantäne muss. Zudem sollen Schülerinnen und Schüler ohne Symptome ihre Quarantäne nach fünf Tagen mit einem negativen Corona-Test beenden können. Die Gesundheitsämter vor Ort sollen aber per Einzelfallentscheidung auch abweichend entscheiden können. Dies belasse die Verantwortung unverändert auf Ebene jedes einzelnen Gesundheitsamtes, sagt Gehle. Eine wissenschaftliche Begründung für die vorgesehene „5–Tage-Regelung mit Freitestung“ gebe es bei Kindern ebenso wenig wie bei Reiserückkehrern.

 

Weiterhin fordert der ÄKWL-Präsident Sonderkonzepte für schwerkranke und vorerkrankte Schülerinnen und Schüler sowie die Installation von CO2-Ampeln in den Klassenräumen und besondere Lüftungskonzepte für fensterlose Räume. Zudem kritisiert der Kammerpräsident, es fehlten noch immer fundierte Pläne sowie eine strukturierte Diskussion zwischen Politik und Vertretern der Ärzteschaft, dem Öffentlichen Gesundheitsdienst, Eltern, Schulorganisationen, Vertretern des Kinderschutzbundes und Trägern der Jugendhilfe.

 

Es sei dringend erforderlich, Regelungen nicht nur für Schulen, sondern auch für Kindertagesstätten zu finden. „Wir brauchen auch für Kitas Testkonzepte. Dabei genügt es, nur Kinder in Quarantäne zu schicken, die positiv getestet wurden. Für ein vierjähriges Kind haben Lockdowns und Quarantänen den Hauptanteil seiner Lebenszeit ausgemacht, die Schäden in der Psyche, der Entwicklung, der sozialen Teilhabe und auch der Bildung werden uns sicher die nächsten Jahrzehnte noch begleiten.“

 

Pressemeldung: Ärztekammer Westfalen-Lippe.