Keinen Zweikampf gescheut, entschlossen attackiert, auf alles eine Antwort gehabt – und vor hitziger Kulisse den kühleren Kopf bewahrt. So in etwa lässt sich der spektakuläre 36:33 (20:17)-Heimerfolg des TBV Lemgo Lippe im Jubiläumsspiel gegen FRISCH AUF! Göppingen herunterbrechen. Nicht umsonst sprach TBV-Trainer Florian Kehrmann nach der Partie von einer erfolgreich gemeisterten Reifeprüfung seiner Mannschaft.

 

Zum Spielverlauf: 37 Tore im ersten Durchgang – vor 4225 Zuschauern in der Phoenix Contact-Arena entpuppte sich das Lemgoer Jubiläumsspiel zu einem munteren und höchst unterhaltsamen Schlagabtausch. Dass die Lipper zur Halbzeit mit drei Toren führten, war aufgrund einer starken Anfangsviertelstunde alles andere als unverdient. Nach der Niederlage in Wetzlar hatte Florian Kehrmann die Rotationsmaschine angeschmissen.

 

Einer der neuen in der Lemgoer Anfangssieben: Kian Schwarzer, der in der 2. Minute sogleich einen Tempogegenstoß zur 1:0-Führung vollendete. Nachdem Urh Kastelic Marcel Schillers Siebenmeter-Heber übers Tor lenken konnte, zeigten sich die Lipper vorne enorm zielstrebig – und hinten hellwach. Nachdem Lukas Hutecek über die Schnelle Mitte im Alleingang zum 3:1 getroffen hatte, vollendete Gedeón Guardiola im Gegenstoß den Assist seines Zwillingsbruders zum 4:1 (5.).

 

Die Gäste mussten sich zunächst einmal schütteln, legten dann aber den Vorwärtsgang ein: Obgleich Niels Versteijnen zwischenzeitlich in den Knick keulte, gelang dem Tabellen-15. durch seinen Linksaußen Axel Goller erstmals der Ausgleich zum 6:6. Lemgos Reaktion folgte zugleich: Bobby Schagen krönte einen Lemgoer Doppelschlag. Lemgo hatte es in dieser Phase vor allem auf das Göppinger Zentrum abgesehen, Spielmacher Hutecek war mit präzisen Würfen zur Stelle – und der TBV wieder mit vier Toren vorn (11:7). Göppingens Trainer Markus Baur, der vor dem Spiel wärmstens vom Lemgoer Anhang begrüßt worden war, schickte nach der Auszeit eine gänzlich neue Rückraumachse aufs Feld. Wieder war es Goller, der mit einem Aufsetzer ins kurze Eck nach 20 Minuten ausglich (14:14).

 

Aber: Lemgo sollte an diesem Abend ohnehin auf alles eine Antwort haben. Wieder legten die Hausherren vor, als G. Guardiola erst Josip Sarac den Ball stibitzte und Schwarzer die Aktion zum 17:14 veredelte, sah Göppingen in Minute 25 die erste Zeitstrafe der Partie. Zu seinem Vorteil konnte sie Lemgo nicht nutzen, hielt die Gäste dennoch auf Abstand. Dass Schiller mit der Halbzeitsirene Laerkes 20:16 noch konterte, war bezeichnend für den hohen Unterhaltungswert.

 

Nach der Pause hütete Finn Zecher das Lemgoer Tor und bot nach nicht mal einer Minute sein ganzes Können auf, als er zunächst gegen Kresimir Kozina parierte und auch den Nachsetzer von Schiller per Hechtsprung sehenswert vereitelte. Lemgo gehörte erneut die Anfangsphase. Stark, als Schagen den Pass von Tim Kneule abfing und den Gegenstoß selbst zum 22:18 vollendete. Der TBV hielt die Gäste bis zur 40. Minute auf Distanz, ehe zwei Rote Karten binnen zwei Minuten – Jan Brosch und Isaias Guardiola wurden des Feldes verwiesen – den Lemgoer Hexenkessel überbrodeln ließen.

 

Trotz der personellen Verluste stemmte sich ein sichtlich angestachelter TBV mit allem dagegen, sinnbildlich Versteijnens Treffer zum 30:27, als dieser mit aller Entschlossenheit durch die Göppinger Deckung brach. Als Schwarzer, dessen sechs Abschlüsse allesamt ins Ziel gingen, seinem Bewacher entwischt war und als Einläufer auf 32:29 stellte, war der TBV voll da. Doch eine Zeitstrafe gegen Suton brachte Sand ins Getriebe, Missverständnisse mündeten zwei Minuten später im 32:32-Ausgleich. Kehrmann beorderte sein Team ins Sieben-gegen-sechs – und Hutecek erwies sich einmal mehr als Spielentscheider.

 

Erst holte der Österreicher einen Siebenmeter heraus, dann traf er selbst zum 34:32. Mit der Zeit im Nacken sah er die Lücke, traf zum achten Mal ins Schwarze (35:33) – und eroberte eineinhalb Minuten vor Schluss daraufhin noch den Ball. Vor stehenden Ovationen war der Rest zum Genießen: Versteijnen traf durch die Hosenträger von Rebmann zum 36:33, ehe Zecher Göppingens Angreifern gleich zweimal den Garaus machte. Dann war Ende – und alles angerichtet für eine blau-weiße Party.

 

TBV-Trainer Florian Kehrmann: „Das Spiel hat mich heute irgendwie ein wenig mitgenommen. Erstens spielt man als Trainer gegen den anderen Trainer, mit dem man jahrelang in dieser Halle intensive Schlachten geschlagen hat. Das hat irgendwie zu dem heute intensiven Spiel gepasst. Ich bin mega stolz auf meine Mannschaft, wie sie das angenommen hat. Wir haben nach dem ganz harten Kampf in Wetzlar heute mit einer unglaublichen Mannschaftsleistung und ein paar frischen Kräften wie Kian und Bobby geschafft, Göppingen zusammen mit dem 8. Mann niederzukämpfen.

 

Was heute teilweise in der Halle los war, war unglaublich und hat mich ein bisschen an die Zeiten mit Markus erinnert. Dieses Spiel müssen wir erst einmal sacken lassen, es aber vor allem genießen, dass wir eine Mannschaft geschlagen haben, die mittlerweile wieder gut in der Spur ist. Wir haben uns heute mit unseren jungen Spielern gewehrt, die Jungs sind immer in die Zweikämpfe gegangen und das Publikum hat den letzten Funken überspringen lassen. Ich freue mich, dass wir heute bestanden haben.“

 

TBV Lemgo Lippe: Zecher (6 Paraden), Kastelic (5/1 Paraden); Hutecek (8), Zehnder (3/1), Brosch, I. Guardiola, Laerke (3), Schagen (5), Blaauw, Schwarzer (6), Suton (2), Zerbe, Versteijnen (8), G. Guardiola (1), Houtepen.

 

FRISCH AUF! Göppingen: Rebmann, Sego; Neudeck, Kneule (1), Duarte (1), Lindenchrone, Heymann, Sarac (4), Blagotinsek, Schiller (7/4), Goller (3), Gulliksen (4), Hermann, Kozina (5), Malus (3), Schmidt (5).

 

Pressemeldung: TBV