Noch einmal alles reinhauen: Mit dem Heimspiel gegen den SC Magdeburg geht am Sonntag (13 Uhr, live auf Sky Sport 1 HD) für den TBV Lemgo Lippe eine historisch erfolgreiche Saison zu Ende. Obwohl gerade die jüngsten Auftritte sehr viel Kraft gekostet haben und die Personaldecke vor dem 17. Pflichtspiel binnen siebeneinhalb Wochen unverändert dünn ist, werden die Lipper alles ihnen Mögliche tun, sich und die 1000 Zuschauer in der Phoenix Contact-Arena mit einem guten Abschluss in die wohlverdiente Sommerpause zu entlassen.

 

„Vom Kopf her war es zuletzt wirklich sehr schwer, die Spannung nach dem Pokalsieg und den schönen Siegen danach hochzuhalten“, lässt TBV-Trainer Florian Kehrmann den hohen Wettbewerbsintervall der vergangenen Tage und Wochen Revue passieren. Zwei Wochen erwiesen sich die Lipper nach dem DHB-Pokalsieg im Liga-Alltag als erprobte Wellenreiter, ehe sie den schwindenden Kräften nach vier Siegen in Serie im Heimspiel gegen Melsungen schlussendlich Tribut zollen mussten. Nach wie vor auch keine Option für den Saisonausklang sind Kapitän Andrej Kogut, Lukas Zerbe und Andreas Cederholm.

 

Lemgos schwedischer Linkshänder musste sich in dieser Woche einer Knie-Operation unterziehen, die erfolgreich verlaufen ist. Entsprechend wird Kehrmann wieder kreative Lösungen finden müssen, um den selbstbewussten Magdeburgern möglichst viel Kopfzerbrechen zu bereiten. „Sie haben mit dem Europapokalsieg und dem dritten Platz in der Liga auch eine überragende Saison gespielt“, lobt Kehrmann die Leistung der Gäste. „Da kommen noch einmal 60 Minuten harte Arbeit auf uns zu.“

 

Der knappe 30:28-Erfolg im Hinspiel sollte für den SC Magdeburg die Saat erntereicher Wochen und Monate sein. In den darauffolgenden 13 Partien, darunter ein 24:24 gegen Kiel, blieb der DDR-Rekordmeister ungeschlagen, fuhr zwischen Nikolaus und Ostern satte 26:2 Zähler ein und reihte sich damit direkt hinter dem norddeutschen Spitzenduo aus Kiel und Flensburg ein. Nachdem die Ungeschlagen-Serie durch eine 29:32-Heimspielniederlage gegen Flensburg im April nach 14 Partien endete, hielten sich in der Liga zunächst Freud und Leid die Waage.

 

Doch in den vergangenen Wochen kamen die Domstädter von der Elbe wieder in Schwung: Die nach dem 34:33 über Kiel wachsende Erfolgssträhne mit drei weiteren Siegen in Reihe erlitt im letzten Heimspiel gegen Wetzlar durch das 27:27 zwar einen Riss, doch mehr als ein Punkt war ohnehin nicht nötig: Durch das vorige 27:22 über die Rhein-Neckar Löwen im direkten Duell um die Königsklasse ist der Mannschaft von Bennet Wiegert der dritte Rang damit nicht mehr zu nehmen.

 

Für was müssen die Lipper am Sonntag gewappnet sein? Da wäre zum einen die sehr aggressive 6:0-Abwehr, aus der die Magdeburger laut Kehrmann immer versuchen, Räume zuzustellen, Kreis-Anspiele zu verhindern und den Gegner unter Druck zu setzen. „Es wird darauf ankommen, ihr Tempospiel zu unterbinden und mit unserer Abwehr zu versuchen, den Angriff weit vom Tor wegzuhalten.“

 

Angriff ist ein gutes Stichwort: Magdeburgs isländischer Sommerneuzugang Omar Ingi Magnusson schlug voll ein, ist vor allem wegen seiner Rolle als etatmäßiger Siebenmeterschütze aktuell der Rückraumschütze mit den meisten Treffern in der LIQUI MOLY Handball-Bundesliga. In Zahlen ausgedrückt: 262 Tore, davon 130 verwandelte Strafwürfe. Macht hinter Göppingens Marcel Schiller aktuell Platz zwei in der Torschützenliste. Der TBV wird also Einfluss darauf nehmen können, wer Bjarki Már Elísson an diesem Tag als neuer Torschützenkönig ablösen wird.

 

Im Hinspiel bekam man eine Kostprobe von Magnussons Nervenstärke, als der Isländer alle sieben Strafwürfe verwandelte und zwei weitere Treffer erzielte. Ein weiterer Beleg der Magdeburger Angriffsqualitäten ist zweifelsohne die starke Wurfquote von über 68 Prozent in 37 Spielen – Liga-Bestwert. Nicht nur das sehr dominante Kreisläuferspiel der Wiegert-Männer gilt es im Zaum zu halten: „Gerade mit Magnusson, Michael Damgaard und Christian O’Sullivan haben sie auch unglaubliche Eins-gegen-Eins-Spieler.“

 

Keine Frage, den Pokalsiegern wird zum Abschluss der Saison 2020/21 vorne wie hinten noch einmal alles abverlangt. Nichtsdestotrotz überwiegt im lippischen Lager vor allem die Vorfreude auf die erneut stimmgewaltige Kulisse, „die uns für den Pokalsieg sicherlich auch weiterhin unglaublich feiern wird. Dann finden wir einen guten Abschluss und haben, glaube ich, auch alle eine Pause verdient“, sagt Lemgos Coach, der am Samstag 44 Jahre alt wird. Und ganz gleich, wie das Spiel tags darauf ausgehen wird: Das schönste Geschenk haben ihm seine Schützlinge längst gemacht.

 

Schiedsrichter der Partie sind Jannik Otto und Raphael Piper. Mit seinem letzten Heimspiel läutet der TBV Lemgo Lippe quasi auch den 38. Spieltag ein. Ab 12.45 Uhr meldet sich Pay-TV-Sender Sky aus der Phoenix Contact-Arena und stimmt auf die letzten 60 TBV-Minuten in dieser Spielzeit ein.