Fachkräftesituation in Lippe. Volker Steinbach (r.), Präsident der IHK Lippe stellt zusammen mit IHK-Hauptgeschäftsführerin Svenja Jochens (2.v.r) sowie Christina Flöter (2.v.l.) und Martin Raithel (l.), beide IHK Lippe, die Umfrageergebnisse der IHK-Umfrage vor. Bildquelle: IHK Lippe

Lippische Wirtschaft – Weiterbildung bleibt schärfste Waffe gegen Fachkräftemangel.

 

Trotz wirtschaftlicher Stagnation kann fast jedes zweite Unternehmen in Lippe offene Stellen längerfristig nicht besetzen. Mehr als jedes dritte Unternehmen befürchtet einen Verlust von Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit. Betriebliche Weiterbildungsmaßnahmen wie zur Stärkung von Digitalisierungskompetenzen ist starkes Instrument der Unternehmen gegen Schwierigkeiten bei Stellenbesetzung. Das ergibt eine aktuelle Umfrage zur Fachkräftesituation der Industrie- und Handelskammer Lippe zu Detmold (IHK Lippe).

 

„Viele Unternehmen blicken mit Sorge in die Zukunft“, sagte IHK-Präsident Volker Steinbach bei der Vorstellung der Umfrage, an der sich mehr als 450 Betriebe beteiligt haben. „Die Fachkräftesituation bleibt sehr kritisch. Das gilt nicht nur für die direkt betroffenen Betriebe, sondern auch für unseren Wirtschaftsstandort insgesamt.“ Die Personalengpässe beträfen die Breite der Wirtschaft und zögen sich mittlerweile durch nahezu alle Branchen und Berufe, berichtete er. „Einige Branchen sprechen nicht nur von Lücken bei Fachkräften, sondern von einem allgemeinen Mangel an Arbeitskräften.“

 

Grundsätzlich haben nur rund 15 Prozent der suchenden Betriebe kein Problem, offene Stellen zu besetzen. „Das bedeutet im Umkehrschluss, dass mehr als acht von zehn Betrieben bei der akuten Rekrutierung von Mitarbeitenden mehr oder weniger große Herausforderungen bewältigen müssen oder sogar erfolgslos bleiben,“ ergänzt Svenja Jochens, Hauptgeschäftsführerin der IHK Lippe. Am häufigsten fehlen in den lippischen Unternehmen beruflich Qualifizierte mit dualer Ausbildung. 53 Prozent der Unternehmen, die vergeblich nach Beschäftigten suchen, würden gern dual ausgebildete Praktiker:innen einstellen.

 

„Der Mangel an Arbeits- und Fachkräftemangel hat gravierende Folgen in den Betrieben und ist ein deutliches Standortrisiko“, erklärt Christina Flöter, Referentin in der IHK Lippe. Mehr als jedes zweite Unternehmen wird ihr Angebot einschränken oder Aufträge ablehnen müssen. Fast die Hälfte erwartet steigende Lohnkosten, um die knappen Mitarbeitenden zu gewinnen und halten zu können. Mehr als jedes dritte Unternehmen geht sogar von einem Verlust der Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit aus. 13 Prozent erwägen bei anhaltendem Fachkräftemangel eine (Teil-) Verlagerung des Betriebes in eine andere Region oder Land, in der Industrie durchdenken dies sogar 29 Prozent. Etwa 10 Prozent denken insgesamt sogar über eine Gewerbeabmeldung/ Schließung des Unternehmens nach.

 

„Das zeigt, dass der noch immer starke Industriestandort Deutschland nicht nur bei den Energiekosten unter Druck steht“, unterstreich Steinbach. „Auch die fehlenden Fachkräfte sind eine enorme Herausforderung – mittelfristig vielleicht sogar die größere.“ Denn: „Kosten können generell auch wieder sinken, Demografie bleibt bis auf Weiteres.“ Um gegensteuern zu können, benötigen die Betriebe nach Steinbachs‘ Worten passende Rahmenbedingungen. Zu den Optionen zählen die Intensivierung der Aus- und Weiterbildung, mehr Beschäftigung von Älteren und Menschen mit Behinderungen, innovative und flexible Arbeitszeitmodelle sowie Produktivitätssteigerungen und Automatisierung.

 

Ein wichtiger Pfeiler ist auch die Zuwanderung von Fachkräften aus dem Ausland. Mit der Weiterentwicklung des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes möchte die Bundesregierung den Zuzug erleichtern. Für 40 Prozent der Umfrageteilnehmenden kommt die Anwerbung und Einstellung von ausländischen Mitarbeitenden in Betracht. Dabei wünschen sich fast 80 Prozent dieser Unternehmen gute deutsche Sprachkenntnisse, wohingegen nur jeder dritte Betrieb auf eine (anerkannte Berufsausbildung) Wert legt.

 

Jochens beschreibt, dass die Umfrageteilnehmenden auch Wünsche an die Politik in der Umfrage abgeben konnten. Oft wurde von den Unternehmen Bürokratieabbau bzw. der Abbau administrativer Hürden gefordert. Weiter wurde der Wunsch nach verschiedenen Förderungen geäußert, beispielsweise zur Integration von Geflüchteten. Das große Themenfeld „Fachkräfte“ ist ein Schwerpunktthema der IHK Lippe in 2024. Hier werden neben Veranstaltungen wie zum Fachkräfteeinwanderungsgesetz oder auch dem Recruting von Auszubildenden, weitere Aktivitäten folgen.

 

Pressemeldung: IHK