Drei spanische Erzieherinnen haben Anfang Oktober ihre Tätigkeit in den DRK-Kitas in Detmold aufgenommen und berichten über ihren Umzug ins Unbekannte.

 

Bei der Gewinnung pädagogischer Fachkräfte für Kindertageseinrichtungen haben sich das DRK Lippe und die Stadt Detmold mit der Agentur für Arbeit Detmold zu einem spannenden neuen Projekt zusammengetan. Viele gut ausgebildete Erziehungsfachkräfte in Spanien haben derzeit keinen Job. Hierzulande werden sie aber händeringend gesucht. Gemeinsam mit der Agentur für Arbeit hat das DRK Lippe gezielt Stellen in Spanien für seine Detmolder Kindertageseinrichtungen ausgeschrieben. Die Agentur für Arbeit Detmold und die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung standen mit den spanischen Behörden in Verbindung und informierten und unterstützten die Träger im gesamten Projektverlauf. Durch sie wurde zum Beispiel geklärt, wie die Beantragung von Fördermitteln, die Organisation von Sprachkursen oder die Vermittlung und Hospitation von BewerberInnen ablaufen und welche Unterlagen zur Anerkennung als Fachkraft in NRW-Kitas notwendig sind. „Die Rahmenbedingungen hierfür sind in NRW recht straff“, bestätigt Bettina Brand von der Detmolder Agentur für Arbeit.

 

Die Stadt Detmold begleitete das Projekt und unterstützte unter anderem bei der Suche nach Wohnraum für die spanischen Fachkräfte. Die Gesamtkoordination lag bei der Regionaldirektion der Agentur für Arbeit in NRW. Aus ganz NRW haben sich 16 Träger die Mitwirkung an dem spannenden, aber auch arbeitsintensiven Projekt zugetraut, das DRK Lippe ist der einzige aus OWL stammende Träger. Im Hintergrund des länderübergreifenden Projektes steht die EURES, ein Zusammenschluss aller europäischen Arbeitsmarktservices. Die ersten Gespräche wurden online geführt. Hierbei konnten die Spanier*innen durch Videos aus den Einrichtungen einen ersten Einblick in die Arbeit und den Alltag in den Kitas erhalten. Eine wichtige Voraussetzung für die Einstellung: gute Deutschkenntnisse. Drei spanische Fachkräfte konnte das DRK für sich begeistern; Ende März 2024 fand ein erstes persönliches Kennenlernen in Detmold statt.

 

Mittlerweile sind die drei Spanierinnen in die alte Residenzstadt gezogen. Seit September lernen sie Land und Leute kennen, im Oktober folgte dann der Berufseinstieg in drei DRK-Kitas in Detmold. Auf die Frage, was die Arbeit in spanischen Vorschulen von der Kita-Arbeit in Deutschland unterscheide, finden sie schnell eine einstimmige Antwort: Das spanische Bildungssystem sei sehr verschult. Das, was wir in Deutschland als Kita kennen, stehe für spanische Kinder nur bis zum Alter von etwa vier Jahren zur Verfügung, dann beginnt die Vorschule. Dort sitzen die Kinder in schulklassenähnlichen Zimmern und bereiten sich mit ersten Aufgaben auf die Arbeit in der Schule vor. Zudem durchlaufen die spanischen Fachkräfte ein Studium mit Praxisphasen, nicht wie in Deutschland eine mehrjährige Ausbildung in einer Einrichtung.

 

Eine bedarfs- und bedürfnisorientierte Interaktion mit den Kindern steht in der spanischen Vorschule nicht im Vordergrund, ganz anders als in deutschen Kitas, in denen die Kinder durch das Spiel und die Interaktion mit den ErzieherInnen lernen dürfen. Sara Calle Frías berichtet, dass sie in ihren ersten Wochen in der DRK-Kita Pivitsheide einen kleinen Jungen bei der Eingewöhnung in einer U3-Gruppe begleitet habe. Dort ist sie hauptsächlich für diesen Jungen zuständig. Man sei den Kindern hier näher, bestätigen alle drei. Daher habe sie nicht lange überle­gen müssen, als sie von dem Angebot erfahren hat, berichtet Nuria Muñoz Carillo. Ihr gefielen die Ansätze in Spanien ohnehin nicht so gut.

 

Selbstverständlich gibt es auch Hürden: Die Sprache ist eine große Herausforderung, auch wenn ein gutes Sprachniveau Voraussetzung für die Einstellung in Deutschland war. Zum Teil lernen beide Seiten, Erzieherin und Kind, die Sprache gerade erst so richtig kennen: die eine als Fremdsprache, das andere als Muttersprache. Aber so wächst man gemeinsam, merken die Spanierinnen an. Glücklicherweise ist das wichtigste Hilfsmittel schnell zur Hand: das Handy mit einer Übersetzungs-App, das derzeit noch recht häufig zum Einsatz kommt.

 

Eine weitere Hürde ist die Trennung von Familie und Freunden. Jessica Alemán ist zwar mit ihrem Mann gemeinsam nach Deutschland gezogen, hat dafür aber ihren 15-jährigen Sohn in Spanien zurückgelassen. Dieser hatte sich dafür entschieden, seine Schulzeit lieber in Spanien zu beenden und ist hierfür zu den Großeltern gezogen. Das fällt der 41-Jährigen schwer, sie vermisst ihn und freut sich umso mehr auf die Schulferien, die ihr Sohn mit ihnen in Detmold verbringen wird. Um gerade zu Beginn nicht allzu isoliert zu sein, haben Sara Calle Frías und Nuria Muñoz Carillo eine WG gegründet – gemeinsam mit Hund Bolsas.

 

Auf die Frage, wie die Reaktion der Eltern auf die spanischsprachigen Fachkräfte gewesen sei, antworten die Kita- Leiterinnen, dass die Eltern durchaus offen und interessiert gewesen seien. In einer Kita gibt es spanischsprachige El­tern, die sich über die Kommunikation in ihrer Muttersprache sehr freuen. „Der Start ist vielleicht an der einen oder anderen Stelle etwas holprig, weil Deutschkenntnisse fehlen“, erläutert Astrid Hanning, Leiterin der DRK-Kita Pivitsheide, „aber das wird sich mit der täglichen Praxis ändern“.

 

Ein aufwändiges Projekt, für das das DRK Lippe viel Zeit investiert hat. „Wenn wir alles zusammenrechnen, sind wir bei etlichen Stunden, die alle Beteiligten bis jetzt in dieses Projekt investiert haben,“ berichtet Dortje Rieken, Kita-Fachberaterin des DRK in Lippe. „Es finden regelmäßige Stammtische statt, die Spanierinnen werden in den Kitas eng durch uns begleitet und nicht zuletzt haben wir uns um die Vermittlung und Einrichtung der Wohnungen gekümmert. Aber der Mangel an qualifizierten Fachkräften erfordert es, dass wir neue Wege beschreiten. Jetzt wollen wir hoffen, dass sich die drei Spanierinnen schnell einleben und wohlfühlen. Sie freuen sich auf jeden Fall auf ihren ersten Winter und die schöne Vorweihnachtszeit in Detmold.“

 

Pressemeldung und Foto: DRK