Aus der NelkenWelt: Die Redaktion bedankt sich bei Susanne Kleemann (CDU) und Christoph Dolle (SPD) für das jeweilige Interview in Schriftform. Aufgrund der Corona-Pandemie kann lediglich ein eingeschränkter Wahlkampf stattfinden, daher bieten wir den Kandidaten gerne diese Plattform, distanzieren uns wie immer von den Inhalten, die wir unverändert abbilden.
Seit wann engagieren Sie sich in der Lokalpolitik und aus welchen Beweggründen heraus sind Sie damals angetreten?
Die Ursprünge liegen sicher in meiner Schulzeit, Anfang der 90er Jahre als Schülersprecher am Gymnasium. In der Zeit von 2004 bis 2009 war ich als sachkundiger Bürger im Sozial- und Jugendhilfeausschuss des Kreises Höxter aktiv, ab 2009 bis zu meinem Ausscheiden (mit der Wahl zum Beigeordneten in Blomberg) Mitglied des Warburger Stadtrats und dort unter anderem Vorsitzender des Schul-, Sozial- und Sportausschusses.
Warum kandidieren Sie nun als Bürgermeister/in?
Ich möchte etwas bewegen für Blomberg. Nach der Erklärung von Klaus Geise, nicht erneut anzutreten, war das eine sehr bewegte und intensive Phase für mich. Über den großen Zuspruch über die Parteigrenzen hinweg und die zahlreichen Ermunterungen habe ich mich gefreut und das als sehr große Ehre empfunden, ist es doch keine Selbstverständlichkeit für mich. Ich habe großen Respekt vor der Aufgabe und den Herausforderungen, aber ich habe gleichermaßen auch viele Ideen und ordentlich Energie, mit der ich mich für Blomberg einsetzen möchte.
Welche Qualifikationen, Erfahrungen oder Eigenschaften zeichnen Sie aus Ihrer Sicht aus?
Nach meinem Jurastudium und dem Rechtsreferendariat durfte ich in verschiedenen Behörden und Institutionen arbeiten und Verantwortung übernehmen. Insbesondere am Dortmund Airport und bei den Bezirksregierungen in Arnsberg und Detmold konnte ich wertvolle Erfahrungen – gerade auch im Krisenmodus und in der Personalführung- sammeln. Inwieweit mich das auszeichnet, müssen andere beurteilen. Als Kämmerer und Beigeordneter habe ich in den vergangenen Jahren einen guten Einblick in die Sorgen und Nöte vieler Menschen bekommen, aber auch viele Ideen aufgenommen, um Dinge zu optimieren.
Welche Schwachstellen gibt es in Blomberg? Wo besteht akuter Verbesserungsbedarf?
Blomberg kämpft als ländliche Kleinstadt mit den klassischen Problemen. Der demografische Wandel macht sich bemerkbar, zudem haben wir sehr viel Infrastruktur, die unterhalten und saniert werden muss. Wir müssen die Großgemeinde – und damit auch ganz besonders die Dörfer – attraktiv und lebenswert erhalten.
Welche vorrangigen drei Ziele würden Sie als Bürgermeister/in für Blomberg verfolgen?
Stadtentwicklung/Standortpolitik: Gerne möchte ich eine zukunftsorientierte und nachhaltige Stadtentwicklung auf der Basis stabiler Finanzen weiter vorantreiben, dabei den Wirtschaftsstandort mit seinen wertvollen heimischen Akteuren und den wichtigen lokalen Arbeitsplätzen fördern und stärken.
Sozialwesen stärken/“Niemanden zurücklassen“: Wir dürfen unser großes und sehr umfangreiches Netzwerk an sozialen Angeboten nicht kleinsparen. Dazu gehören notwendige Investitionen für Familien und Senioren, in den Bildungsstandort, aber auch breite Unterstützung fürs Ehrenamt und unsere Blomberger Vereine.
Verwaltungsmodernisierung – bürgernah und digital: Eine konsequente und bürgernahe Verwaltungsmodernisierung ist mir ein Anliegen. Nicht zuletzt die aktuelle Krise zeigt uns, dass wir die Chancen von Digitalisierung und Homeoffice effizienter und mutiger nutzen und dabei die veränderten Lebensgewohnheiten der Bürgerinnen und Bürger berücksichtigen müssen.
Wie wollen Sie diese Ziele umsetzen/ finanzieren?
Die Finanzausstattung der Kommunen ist schon seit jeher ein schwieriges Feld. Wir müssen zukünftig noch kreativer werden, was Synergieeffekte und Kooperationen angeht, gegebenenfalls auch interkommunal. Wir müssen die Rahmenbedingungen schaffen, um der Wirtschaft eine verlässliche und stabile Basis für eine Konsolidierung zu bieten. Die fehlenden Steuereinnahmen bei gleichzeitig enormem Mehraufwand für Hygiene-, Betreuungs- und Organisationsausgaben können wir nur mit einer planvollen und umsichtigen Aufgaben- und Ausgabenkontrolle, einem professionellen Fördermanagement – das ich weiter optimieren möchte-, ggf. auch einer stärkeren Initiative zu interkommunaler Aufgabenteilung hin kompensieren.
Was zeichnet Blomberg als Stadt aus Ihrer Sicht aus?
Gemessen an der Größe hat sich Blomberg immer noch eine Fülle an Einkaufsmöglichkeiten und einen äußerst attraktiven Stadtkern erhalten. Auch das außerordentlich gut verzweigte soziale Netz mit unzähligen Angeboten sucht in Lippe seinesgleichen. Ich bin immer noch unheimlich positiv überrascht, wie herzlich und offen die Blomberger und Blombergerinnen mich hier aufgenommen haben. Die großartige und vielfältige Palette an Freizeitangeboten, viele engagierte Mitstreiter im Schützenwesen, in den örtlichen Vereinen oder als Kameraden bei der Freiwilligen Feuerwehr – hier ist für jede und jeden etwas dabei.
Nehmen wir an, Ihnen stünden 10 Millionen Euro für Blomberg zur Verfügung, die Sie ohne jegliche Zwänge investieren dürften. Was würden Sie tun?
Ich würde eine Teilsumme in eine bessere Ausstattung und eine auskömmlichere Betreuung an den Grundschulen und in der OGS investieren.
Zudem würde ich im Rahmen einer Bürgerbeteiligung einen Ideenwettbewerb zur weiteren Stadtentwicklung ausloben.
Aber den Großteil des Geldes würde ich aus Verantwortung für unsere Kinder und Enkel dafür verwenden, die Stadt weiter zu entschulden und zu konsolidieren.
Beschreiben Sie die aktuelle Situation des Blomberger Haushalts. Nehmen Sie dabei gerne auch Bezug zum Thema Corona (Entwicklung Finanzlage).
Die Prognosen sind durch die Corona-Krise nicht einfacher geworden. Auch ohne Corona ist der Blomberger Haushalt traditionell stark abhängig von den Schwankungen bei den Gewerbesteuereinnahmen und der Entwicklung der Kreisumlage. Auch wenn wir bisher mit konsequenter Ausgaben-Kontrolle und kurzgetaktetem Finanzmanagement ein Haushaltssicherungskonzept vermeiden konnten und die notwendigen Investitionen in unser Gemeinwesen auskömmlich finanzieren konnten, so ist das kein Freibrief. Das Wegbrechen der Gewerbesteuereinnahmen in der Corona-Krise ist auch in Blomberg spürbar. Umso notwendiger ist nun, dass Land und Bund den Rettungsschirm für die Kommunen so gestalten, dass notwendige Stadtentwicklungs- und Infrastrukturmaßnahmen nicht stagnieren und die Kommunen eine faire Chance haben, weiterhin Ihre Aufgaben für das Gemeinwesen zu erfüllen.
Was haben Sie sich für die ersten 100 Tage Ihrer Amtszeit vorgenommen?
Die aktuellen Herausforderungen werden keine Verschnaufpause dulden. Insoweit wird es auch nach der Wahl darum gehen, tragfähige Lösungen zu entwickeln, und unter anderem einen stabilen Haushalt für das kommende Jahr zu erarbeiten. Wir stecken auch weiterhin in der Aufarbeitung der Coronaschäden. Ich verstehe mich hier auch als Krisenmanager und suche nach angemessenen Lösungen für die Menschen in Blomberg.
Als neuer Bürgermeister/neue Bürgermeisterin sind Sie Chef/in der Stadtverwaltung. Was dürfen die Mitarbeiter von Ihnen erwarten?
Die Effizienz und Bürgernähe einer kleinen Verwaltung beweist sich vor allem anhand ihres Teamworks und ihrer Synergieeffekte. Wir haben keine große Personaldecke. Wertschätzung und Teambuilding sind mir genauso wichtig wie klare Strukturen und verlässliche Vorgaben.
Klaus Geise scheidet nach 16 langen Jahren aus dem Amt, worin sehen Sie seine Stärken?
Klaus Geise hat mehr als 20 Jahre lang – allein die letzten 16 als Bürgermeister – für diese Stadt gelebt, gearbeitet und gekämpft. Unter seiner Führung hat sich die Stadt sehr positiv entwickelt. Ich habe ihn in den vergangenen Jahren aber nicht nur als sehr klar strukturierten, inhaltsstarken und integren Menschen kennen- und schätzen gelernt, sondern auch immer als jemanden, der anderen ihre Freiräume lässt und ihnen auf Augenhöhe und mit Respekt begegnet.
Gibt es etwas was Sie komplett anders machen würden?
Komplett…: Nein! Gleichwohl sind wir zwei unter schiedliche Menschen mit unterschiedlichen Schwerpunkten und individuellen Ansätzen. Außerdem ergeben sich in der Politik immer wieder neue Fragestellungen, die individuelle und neue Antworten benötigen.
Was unterscheidet SPD und CDU voneinander?
Weniger, als was man gerade in Wahlkampfzeiten erwarten möchte. Das verbindende Element ist das gemeinsame Bemühen der ehrenamtlichen Kommunalpolitiker, etwas für ihre Stadt erreichen zu wollen. Erst auf dem Weg dahin kommen über die Ziele und die Lösungsvorschläge dann die Meinungsunterschiede. Auf Bundes- und Landesebene ist das durchaus anders, viele Ansätze und Debatten sind auch kontroverser. Kommunalpolitik ist vorwiegend Sachpolitik und daher machen dann ergänzend auch die handelnden Personen und Köpfe den Unterschied aus.
Welche Unterstützung erhoffen Sie sich als Bürgermeister/in von den Bürgern?
Ich schätze Engagement und konstruktive Kritik. Kommunalpolitik ist oftmals ein Wettbewerb um die besten Ideen und Umsetzungen, weniger ideologisch als Landes-und Bundespolitik. Ich begrüße und unterstütze es sehr, wenn aus der Bürgerschaft fundierte Anregungen und Anträge kommen. Anonyme Schreiben und Shitstorms helfen keinem und sind nicht lösungsorientiert.
Werden auch Sie eine „Sprechstunde“ nach dem Vorbild des amtierenden Bürgermeisters einrichten?
Den direkten Kontakt und einen kurzen Draht zu den Bürgerinnen und Bürgern halte ich für ein ganz wichtiges Gut. Daher möchte ich bereits jetzt im Wahlkampf den Menschen die Möglichkeit in meinem Wahlkampfbüro eröffnen, mit mir im Rahmen von regelmäßigen Sprechstunden über Ihre Themen und Sorgen sprechen zu können.
Welche drei Werte liegen Ihnen persönlich als Mensch am Herzen? Bitte begründen Sie.
Integrität, die Fähigkeit zur konstruktiven Kritik und zur Selbstkritik, und Humor. Ich mag Menschen mit offenem Visier, schätze in einer Debatte das ehrliche Ringen um die beste Idee. Und ich finde es wichtig, auch mal über sich selbst lachen zu können und dem Leben bei aller Ernsthaftigkeit immer auch etwas Leichtigkeit abgewinnen zu können.
Bitte vollenden Sie die angefangenen Sätze:
Blomberg und die SPD…
… haben eine Verbindung die passt, denn die Blomberger Sozialdemokraten haben einen ganz pragmatischen Politikansatz zum Wohl der gesamten Stadt, der immer konstruktiv in die Zukunft gerichtet war und ist.
Blomberg und die CDU…
… haben eine schwierige Vergangenheit, weil die schwarz-grüne Koalition der Stadt und ihren Bürgern 1999 die historische Rekordverschuldung von ca. 47 Millionen Euro hinterlassen hat.
Blomberg und die Vereine…
… sollen auch künftig viel voneinander haben, denn dieses vielfältige Sport- und Kulturangebot unserer Kleinstadt beruht auf guter Kooperation und Zusammenarbeit vieler Menschen.
Die Zukunft des Stadt- und Tourismusmarketing…
… liegt nicht zuletzt in den Chancen, die die aktuelle Corona-Krise bietet und den Urlaub in Deutschland weiter nach vorne bringt, einschließlich der Besinnung auf die Schönheit und Vielfalt unserer Heimat.
Flüchtlinge sind für mich Menschen,…
…die im Regelfall ein sehr trauriges Schicksal haben und aus lauter Not wegen Krieg oder Verfolgung ihre Heimat verlassen müssen und sich auf einen sehr ungewissen Weg machen.
Die Zukunft der Innenstadt…
… als Einkaufs- und Lebensstandort kann von allen Beteiligten nur gut gestaltet werden und gelingen, wenn die Stadtpolitik für positive Rahmenbedingungen sorgt.
Religion ist für mich…
…Privatsache.
Städtische Auftragsvergaben unterliegen Regeln. Wenn es nach mir ginge,…
… sollte zunächst die Finanzausstattung der Kommunen verbessert werden, um noch mehr Aufträge an die heimische Wirtschaft vergeben zu können, die dann schnell, unbürokratisch und zugleich rechtssicher zu erfolgen haben. Grundsätzlich halte ich die Transparenz, Vergleichbarkeit und Integrität bei Vergabeentscheidungen für ein hohes Gut, da es letztlich ja um öffentliche Mittel geht.
Wenn ich am 13. September nicht zur Bürgermeisterin gewählt werde,…
… gehe ich sicherlich enttäuscht zu Bett, werde aber am nächsten Morgen mit der Gewissheit aufstehen, dass es im menschlichen Leben wichtigere Dinge gibt als den beruflichen Erfolg. Aktuell habe ich aber auch gar keine Zeit und keinen Platz für diese Frage, da ich gerade mit ganzer Kraft und vollem Engagement damit beschäftigt bin, die Stadt als Kämmerer und Beigeordneter durch die Corona-Krise zu manövrieren und daneben natürlich bis zum 13. September um das Vertrauen der Blombergerinnen und Blomberger werben werde.