Timo Broeker (Quelle: privat)

In der letzten Ausgabe der NelkenWelt hatte es ein Interview mit den Bürgermeisterkandidaten von SPD und CDU gegeben. Zum Zeitpunkt der Ausarbeitung der Fragen war die Kandidatur von dem Kandidaten von Bündnis90/ Die Grünen noch nicht bekannt. Aus zeitlichen Gründen konnte Timo Broeker die Antworten auf unsere Fragen, die ihm somit auch erst viel später zugingen, auch erst jetzt (3. August) übermitteln. Redaktionsseitig sei uns noch der Hinweis gestattet, das die Interviews mit Susanne Kleemann (CDU) und Christoph Dolle (SPD) bereits am 30. Juli 2020 in der NelkenWelt veröffentlicht wurden. Hier nun das Interview mit Timo Broeker.

 

 

Seit wann engagieren Sie sich in der Lokalpolitik und aus welchen Beweggründen heraus sind Sie damals angetreten?

Ich sitze seit 2014 im Rat der Stadt Blomberg. Seinerzeit hatten die Grünen Personalsorgen und es war unklar, ob sie wieder antreten konnten. Ich fand den Gedanken nicht schön, in einer Stadt zu leben, in der keine Grüne Fraktion im Rat sitzt und habe mich zur Verfügung gestellt.

 

Warum kandidieren Sie nun als Bürgermeister/in?

Mich begleitet schon lange das Gefühl, Blomberg ist toll und hat Potential, hinkt aber bei fast allem hinterher. Schleichend fällt hier immer mehr weg, vor allem in den Dörfern. Dabei wäre es so wichtig, Blomberg innovativ und konsequent voranzubringen. Das geht aber nicht, wenn man nur verwaltet. Man muss Blomberg als Zukunftsprojekt begreifen, dann gibt es so viel Potential zu heben.

 

Welche Qualifikationen, Erfahrungen oder Eigenschaften zeichnen Sie aus Ihrer Sicht aus?

Eine Eignung ergibt sich ja immer aus verschiedenen Ebenen. Rein formal bin ich mit Hochschulabschluss M.Sc. für den gehobenen Dienst qualifiziert und habe nach über zehn Jahren im öffentlichen Dienst viel Erfahrung mit Verwaltungsstrukturen gesammelt. Gleichzeitig bringe ich die Sichtweitweise der modernen Arbeitswelt aus der langjährigen Tätigkeit in Forschung und Entwicklung mit. Das betrifft sowohl Grundlagen wie Projektakquise und -management, Teamleitung, Budgetverantwortung sowie in fachlicher Hinsicht vor allem die Erneuerbaren Energien. Auch Dinge wie die Arbeit in Vorständen und Leitungsgremien, Präsentationen auf internationalen Tagungen oder Verhandlungen mit Partnerunternehmen gehören dazu. Ebenso wichtig ist aber aus meiner Sicht eine gewisse Empathie für die Lebensrealität in Blomberg. Ich bin hier lange im Sportverein und im Dorf aktiv, genau wie meine Familie, weiß durch meine Kinder wie es in Schulen und Kitas aussieht und so weiter. Und auch der Blick über den Tellerrand schärft den Blick dafür, wie man Prioritäten setzt und welche kreativen Ideen man für die Heimat entwickelt.

 

Welche Schwachstellen gibt es in Blomberg? Wo besteht akuter Verbesserungsbedarf?

Es bedarf derzeit aus meiner Sicht einer anderen politischen Kultur, damit die Bürgerinnen und Bürger sich von der Politik auch zukünftig ernsthaft vertreten fühlen und sich weiter engagieren.

Außerdem muss man sich dringend grundlegend Gedanken machen, wie Blomberg in zwanzig Jahren aussehen soll, denn dafür müssen wir jetzt die Weichen stellen. Das Motto „Kleine Stadt die alles hat“ ist längst überholt. Die Zeiten ändern sich. Sonst endet man wie in einer Imbissbude, die alles macht – italienisch, türkisch, griechisch, chinesisch, deutsch, holländisch – aber nichts schmeckt richtig gut.

 

Welche vorrangigen drei Ziele würden Sie als Bürgermeister/in für Blomberg verfolgen?

In erster Linie sollte die Stadt sich wieder auf ihre originären Aufgaben der Daseinsvorsorge fokussieren. Es ist schwierig, den Menschen zu erklären, warum Kitas, Friedhöfe und Sportplätze geschlossen werden oder Dorfgemeinschaftshäuser auf den Prüfstand gestellt werden, gleichzeitig aber nicht notwendige Prestigeprojekte im Millionenhöhe umgesetzt werden. Der Kunstrasenplatz beispielsweise kommt zwar für den ein oder anderen noch pünktlich zur Wahl. Dennoch ist Blomberg mal wieder eine der letzten Städte, die einen Kunstrasenplatz baut, während die Sportler in anderen Kommunen seit Jahren deutlich bessere Trainingsbedingungen haben.

Außerdem sollten wir dringend das von den Grünen im letzten Jahr beantragte Klimaschutzkonzept auf den Weg bringen. Die Zeit drängt, um Aufgaben im Bereich Klimaschutz und Erneuerbare Energien, Quartiersentwicklung und Nahwärmenetze, Anbindungen an ÖPNV und Fahrradnetze in Lippe, Flächenmanagement etc. auf den Weg bringen.

Und nicht zuletzt ist mir die bereits angesprochene politische Kultur sehr wichtig. Das betrifft auch zum Beispiel eine echte Förderung des Ehrenamtes und der Vereine, nicht nur ab und zu ein paar warme Worte.

 

Wie wollen Sie diese Ziele umsetzen/ finanzieren?

Wenn sich die Stadt mehr auf Kernaufgaben beschränkt, entsteht an anderer Stelle entsprechender Spielraum. Was das von den Blomberger Grünen beantrage Klimaschutzkonzept angeht, so sind die Kosten erstmal deutlich weniger, als zuletzt in Prestigeprojekte geflossen ist oder auch leider durch Verwaltungsfehler in Folge schlechter Arbeitsorganisation verloren ging. Für die Umsetzung von Maßnahmen in dieser Richtung wird es auch in Zukunft Fördermittel geben, auch wenn der Wettbewerb um diese Mittel aufgrund der Wirtschaftslage härter werden wird. Daher ist es besonders wichtig, gute Konzepte zu entwickeln, um sich durchzusetzen und auch weitere Partner zu gewinnen. Auf diesem Gebiet habe ich ein wenig Erfahrung.

 

Was zeichnet Blomberg als Stadt aus Ihrer Sicht aus?

Blomberg hat zuerst einmal eine sehr ansprechende Lage, tolle Ecken, eine schöne Umgebung im ländlichen Raum. Trotzdem hat man hier nicht das Gefühl, zu weit Abseits zu leben. Schade, dass die Altstadt immer mehr das Gesicht verliert, sonst wäre sie sicher ein touristisches Kleinod. Dazu kommt die Bedeutung als lokales Zentrum im lippischen Südosten und natürlich nicht zuletzt der größte Arbeitgeber.

Man muss natürlich auch die vielen kleineren Dinge sehen, die eine Stadt auszeichnen, wie zum Beispiel die HSG oder das Charles Dickens Festival. Da würde ich mich über noch mehr Highlights freuen, eine Hügelland U17 die Regionalliga spielt beispielsweise. Nagut, von mir aus auch BSV 😉

 

Nehmen wir an Ihnen stünden 10 Millionen Euro für Blomberg zur Verfügung, die Sie ohne jegliche Zwänge investieren dürften. Was würden Sie tun?

Wir stehen derzeit am Beginn der größten Wirtschaftskrise der Geschichte! Auf diese Frage zu antworten wäre komplett unseriös.

 

Beschreiben Sie die aktuelle Situation des Blomberger Haushalts. Nehmen Sie dabei gerne auch Bezug zum Thema Corona (Entwicklung Finanzlage).

Wir stehen derzeit am Beginn der größten Wirtschaftskrise der Geschichte! Die Stadt sieht finanziell schweren Zeiten entgegen.

 

Was haben Sie sich für die ersten 100 Tage Ihrer Amtszeit vorgenommen?

Das was ich immer mache bei neuen Projekten: inhaltliche Einarbeitung, Teamorganisation,  Abfrage der Bedürfnisse, Priorisierungen und Zielformulierungen

 

Als neuer Bürgermeister/neue Bürgermeisterin sind Sie Chef/in der Stadtverwaltung. Was dürfen die Mitarbeiter von Ihnen erwarten?

Das was alle sagen werden: ein offenes Ohr, Engagement und so weiter. Vor allem aber sicherlich einen anderen Führungsstil als bisher. Ich glaube, wir können mit modernen Management noch mehr Potential entfalten und Kreativität freilegen.

 

Klaus Geise scheidet nach 16 langen Jahren aus dem Amt, worin sehen Sie seine Stärken?

Klaus Geise ist Verwaltungsprofi und hat mit starker Hand geführt, meist äußerlich souverän und sehr präsent. Das ist sicherlich in einigen Belangen hilfreich gewesen. Ob ich es aber als Stärke sehe…

 

Gibt es etwas was Sie komplett anders machen würden?

Ja, vieles.

 

Was unterscheidet SPD und CDU voneinander?

In Blomberg? Zum Beispiel das Alter des Führungspersonals. Das macht sich in der politischen Arbeit schon bemerkbar. Politisch bezogen auf Blomberg habe ich vor allem grundsätzliche Unterschiede im Umgang mit der Flüchtlingskrise wahrgenommen. Menschlich ist mir vor allem aufgefallen, dass die CDU das mit den „Feierabendpolitikern“ mit Humor genommen hat und nicht noch über zwei Jahre später darauf rumreitet.

 

Welche Unterstützung erhoffen Sie sich als Bürgermeister/in von den Bürgern?

Vor allem würde ich mir viel Freude und Enthusiasmus wünschen bei allem Engagement der Blombergerinnen und Blomberger. Mit dem Spaß kommt auch alles andere, z.B.  Identifikation, Kreativität und viele die gerne mit anpacken.

 

Werden auch Sie eine „Sprechstunde“ nach dem Vorbild des amtierenden Bürgermeisters einrichten?

Wahrscheinlich schon.

 

Welche drei Werte liegen Ihnen persönlich als Mensch am Herzen? Bitte begründen Sie.

Nur drei? Es sind deutlich mehr. Dazu gehören Mut, weil Angst nur hemmt und Demut, weil wir nur ein ganz kleiner Teil des Ganzen sind und Schönheit, weil sich darin das Schöpferische zeigt.

 

Bitte vollenden Sie die angefangenen Sätze:

 

Blomberg und die SPD…

(Frage wurde ausgelassen, Blomberg und die Grünen war seitens der Redaktion nicht vorgesehen, da zum Zeitpunkt der Ausarbeitung des Interviews lediglich die Kandidaten von SPD und CDU bekannt waren)

Blomberg und die CDU…

(Frage wurde ausgelassen, Blomberg und die Grünen war seitens der Redaktion nicht vorgesehen, da zum Zeitpunkt der Ausarbeitung des Interviews lediglich die Kandidaten von SPD und CDU bekannt waren)

Blomberg und die Vereine…

Das Vereinswesen ist immens wichtig, sonst wäre hier tote Hose.

Die Zukunft des Stadt- und Tourismusmarketing…

Die Zukunft des Stadt- und Tourismusmarketings liegt in innovativen und kreativen Formaten. Besonderes der Tourismus wird es mit der Situation der Burg nicht leicht haben. Toll wäre zum Beispiel die Burg als eine besondere Jugendherberge in Verbindung mit aufregenden Rad- und Mountainbikestrecken, aber das wird sich schwerlich finanzieren.

Flüchtlinge sind für mich…

Zuerst einmal sind Flüchtlinge Menschen wie du und ich, aber zu falschen Zeit am falschen Ort. Kein Kind kann etwas dafür, wo es geboren ist. Und darüber hinaus sind Flüchtlinge ein klares Zeichen dafür, dass auf dieser Welt ganz vieles falsch läuft.

Die Zukunft der Innenstadt…

Die Zukunft der Innenstadt ist ein wichtiges Thema, dort gibt es viel Leerstand, sowohl im Wohn- als auch Gewerbebereich. Die Innenstadt hat ihr Potential vor allem aufgrund der historischen Architektur, daher ist die Denkmalpflege besonders wichtig. Beispiele wie das Altstadtprojekt und die Goldene Waage in Frankfurt zeigen, welche Nachfrage nach mittelalterlicher Bausubstanz entstehen kann, wenn solche Dinge konsequent gemacht wird.

Religion ist für mich…

Religion ist für mich Privatsache.

Städtische Auftragsvergaben unterliegen Regeln. Wenn es nach mir ginge…

… dann würde man sich natürlich an die Regeln halten.

Wenn ich am 13. September nicht zum Bürgermeister/in gewählt werde…

… werde ich der Gewinnerin oder dem Gewinner gratulieren und mich weiter im Rat der Stadt für diese Ziele einsetzen.