Die Konjunktur in Lippe hat sich wieder eingetrübt. Die hohen Preissteigerungen erweisen sich als hartnäckig. Trotz sinkender Energiepreise für die Unternehmen belasten der rückläufige Auftragsbestand in der Industrie und der zurückhaltende private Konsum die wirtschaftliche Entwicklung. Die Zinserhöhungen entfalten immer mehr ihre konjunkturdämpfende Wirkung und eine Veränderung der restriktiven Geldpolitik ist nicht in Sicht. „Diese Entwicklung betrachten wir mit Sorge, denn weite Teile der Wirtschaft verzeichnen nur geringe Wachstumsraten nach den Turbulenzen der letzten Jahre“, kommentiert Volker Steinbach, Präsident der Industrie- und Handelskammer Lippe zu Detmold (IHK Lippe), das Ergebnis der aktuellen Konjunkturumfrage.
Der Konjunkturklimaindikator der Industrie- und Handelskammer Lippe zu Detmold (IHK Lippe) sinkt und befindet sich mit 101,1 Punkten nur hauchdünn im positiven Bereich. Über alle Branchen beurteilen 32 Prozent der Unternehmen die aktuelle Geschäftslage mit „gut“. Der Anteil der Unzufriedenen ist leicht auf ein Sechstel angestiegen. Für 52 Prozent der Unternehmen ist die Lage „befriedigend“.
In der Industrie trübt sich die Stimmung ein. Nur 28 Prozent vergeben gute Konjunkturnoten. 15 Prozent bezeichnen die momentane Geschäftslage als schlecht. Die Situation ist durch schwache Auftragseingänge und eine abnehmende Nachfrage bei weiterhin hohen Kosten geprägt. Viele mittelständische Kunden stornieren vermehrt Aufträge.
Auch der Handel zeigt sich wieder unzufriedener mit der wirtschaftlichen Lage. Kaufzurückhaltung wegen erhöhter Inflation wird als Grund genannt. Ein Viertel vergibt gute Konjunkturnoten. Mehr als jedes sechste Unternehmen bezeichnet die Geschäftslage als schlecht. Hohe Zinsen und hohe Personal- und Energiekosten schmälern den Gewinn.
Auch der Dienstleistungssektor bewertet die Lage schlechter. Die Aufträge lassen nach, die Kundinnen und Kunden wählen öfter den günstigeren Service. Gesetzliche Änderungen und Auflagen zum Umweltschutz machen der Branche zu schaffen. Eine schlechte Geschäftslage zeigen 17 Prozent an. 34 Prozent berichten von einer guten Geschäftslage.
Das Gastgewerbe profitiert vom Wegfallen der COVID-Einschränkungen, kämpft aber mit den hohen Kostensteigerungen. Die Geschäftslage hat sich nur minimal verbessert. Der Geschäftsreiseverkehr schwankt sehr stark. Auch der touristische Reiseverkehr ist schwer abzuschätzen. Die Inflation senkt die Nachfrage nach Kurzurlaub. Rund 60 Prozent bewerten die Lage mit befriedigend. 21 Prozent vergeben eine gute Konjunkturnote. Eine schlechte Lage geben 19 Prozent an.
Über alle Branchen erwarten nur 14 Prozent der Unternehmen, dass sich die Geschäfte in den nächsten Monaten verbessern werden. Rund 60 Prozent erwarten keine Veränderung. Der Anteil der pessimistischen Unternehmen hat sich auf ein Viertel reduziert: „Die politische und wirtschaftliche Entwicklung ist weiter unbeständig. Globale Unsicherheit und zurückhaltender Konsum erschweren den Unternehmen die Planung und hohe Lohn- und Energiekosten sind Gift für die Wirtschaft“, kommentiert Steinbach weiter. Zudem verschärft sich der Personalmangel in allen Branchen.
Die größten Risiken für die heimische Wirtschaft liegen über alle Branchen hinweg in den hohen Energie- und Rohstoffpreisen (62 Prozent), in der nachlassenden Inlandsnachfrage (61 Prozent), dem Arbeitskräftemangel (53 Prozent) sowie in hohen Arbeitskosten (45 Prozent). 20 Prozent der Unternehmen berichten zudem von einer nachlassenden Auslandsnachfrage.
Für 72 Prozent der Unternehmen ist die Finanzlage unproblematisch. 16 Prozent kämpfen jedoch mit Eigenkapitalrückgang. Mehr als jedes zehnte Unternehmen leidet unter Liquiditätsengpässen. Fast ein Drittel der Unternehmen gibt an, dass die aktuelle Zinshöhe ihre Finanzierungsvorhaben in besonderem Maße beeinträchtigt. Für die nächsten zwölf Monate erwarten knapp 45 Prozent, dass sich die Erträge verringern werden. Bei 18 Prozent werden die Erträge vermutlich steigen.
Aufgrund der Unwägbarkeiten lässt die Investitionsneigung wieder nach. Hauptmotiv für Investitionen bleibt die Ersatzbeschaffung (64 Prozent), gefolgt von Rationalisierungsmaßnahmen (40 Prozent) und Produktinnovationen (30 Prozent). Ein Viertel der Befragten will die Kapazitäten ausweiten. 23 Prozent investieren in Umweltschutz bzw. Maßnahmen zur Steigerung der Effizienz.
Der Beschäftigungsaufbau der Unternehmen setzt sich fort, auch wenn die Unternehmen durch die schwächere Konjunktur vorsichtiger werden. Bei 69 Prozent soll die Zahl der Mitarbeitenden gleichbleiben. Knapp ein Fünftel der lippischen Betriebe will zusätzliche Mitarbeiter:innen einstellen; ein Achtel wird vermutlich Arbeitsplätze reduzieren.
Den größten Handlungsbedarf mit Blick auf den Wirtschaftsstandort Lippe sehen 61 Prozent beim Bürokratieabbau. Fast 40 Prozent würden eine Reduzierung der Grund- und Gewerbesteuerhebesätze begrüßen. 31 Prozent votieren zudem für eine Verbesserung der Handlungsfähigkeit der Verwaltung.
Teilnahme und Zeitraum der Konjunkturumfrage
Abschließend ist zu erwähnen, dass sich 225 Unternehmen mit rund 19.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten an der aktuellen Konjunkturumfrage beteiligt haben. Die IHK Lippe hat die Unternehmen im Zeitraum vom 27. März bis 21. April 2023 befragt.