Auch der Kreis Lippe reagiert auf die aktuell angespannte Situation der Kommunalfinanzen.
Der Kreis Lippe hat mit sofortiger Wirkung eine Haushaltssperre verhängt. Grund dafür sind massive Budgetverschlechterungen für die Jahre 2023 und 2024. Vor allem unzureichende Erstattungen des Bundes im Bereich Eingliederungshilfe für Behinderte und Flüchtlingskosten, rückläufige Schlüsselzuweisungen des Landes Nordrhein-Westfalen, eine satte Erhöhung der an den Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) zu zahlenden Landschaftsverbandsumlage sowie höhere Kosten für Personal und den ÖPNV reißen ein unvorhersehbar großes Loch in die Kreiskasse. Aktuell wird für 2024 mit einem Defizit in Höhe von 35,6 Millionen Euro gerechnet, weshalb der Kreis Lippe nun einen noch strengeren Konsolidierungskurs einschlägt.
„Seit längerer Zeit ist nicht nur die Haushaltssituation der Städte und Gemeinden, sondern auch die der Kreise sehr angespannt. Sie betrifft leider die gesamte kommunale Familie“, sagt Landrat Dr. Axel Lehmann. „Deshalb fahren wir seit Jahren beim Kreis Lippe einen konsequenten Konsolidierungskurs und haben zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um Kosten zu reduzieren – und das durchaus mit Erfolg. Die jetzt für das Jahr 2024 prognostizierten Kostensteigerungen betreffen allerdings allesamt Bereiche, auf die der Kreis Lippe in keiner Art und Weise Einfluss hat“, erklärt Dr. Lehmann.
Nur ein Beispiel dafür ist die Erhöhung der Landschaftsverbandsumlage in 2024 gegenüber dem Vorjahr um 12,2 Millionen Euro. „Hinzu kommt der Wegfall der buchhalterischen Isolierungsmöglichkeiten für die Corona- und Ukraine-Kriegsfolge-Kosten, was zu einem weiteren Minus von 10,7 Millionen Euro führt. Die Tariferhöhungen im Öffentlichen Dienst für 2023 und 2024 sowie eine zu erwartende Besoldungsanpassung bei den Beamten führen zu einer Budgetverschlechterung von 4,6 Millionen Euro. Kostensteigerungen im Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) schlagen mit rund 5 Millionen Euro zu Buche. Auch für das laufende Jahr wird mit einem um 2,4 Millionen Euro höheren Minus gerechnet als ursprünglich geplant (15,8 Millionen Euro)“, so Kämmerer Rainer Grabbe.
Diese negativen Entwicklungen sowie eine allgemeine Teuerungsrate und steigende Zinsen führen nach derzeitigen Prognosen zu einem Defizit in Höhe von 35,6 Millionen Euro im Jahr 2024 (ursprünglich war von 10,7 Millionen Euro ausgegangen worden). „Das Bittere ist, dass wir trotz all unserer Sparmaßnahmen und der bereits eingeplanten Kreisumlage-Erhöhung um rund 15 Millionen Euro nun völlig unverschuldet in dieser Situation stecken“, verdeutlicht Lehmann. „Vor allem die Aufgaben, die wir für Bund und Land beispielsweise im Sozialbereich übernehmen, sind immens.
Eine 100-prozentige Gegenfinanzierung der Kosten findet aber weitgehend nicht statt. Ich fordere deshalb Bund und Land dazu auf, endlich ihrer Verantwortung gerecht zu werden und die kommunale Familie nicht länger finanziell im Regen stehen zu lassen.“ Da dies aber kurzfristig nicht zu erwarten ist, hat der Kreis Lippe eine Haushaltssperre verhängt. „Damit senden wir auch ein Signal an die lippischen Kommunen, dass wir keinesfalls leichtfertig mit dieser belastenden Situation umgehen“, sagt der Landrat.
Die Haushaltssperre hat zur Folge, dass vereinfacht gesagt alle freiwilligen Leistungen und Aufgaben sowie nicht unbedingt notwendige Ausgaben ab sofort gestoppt werden. Nicht betroffen sind hingegen Bauprojekte, Beschaffungen oder Investitionen, die bereits begonnen wurden. Auch alle Aufgaben, zu denen der Kreis gesetzlich oder vertraglich verpflichtet ist, werden fortgeführt und finanziert.
Der Landrat und der Kämmerer werden nun auch mit der Politik weitere Gespräche führen, wie mit der insgesamt angespannten Haushaltssituation zukünftig umgegangen werden kann. „Eine Haushaltssperre zu verhängen ist ein Schritt, den wohl kein Bürgermeister, Kämmerer oder Landrat gerne geht, auch weil er uns in unserem Engagement für eine positive, moderne und gute Entwicklung unserer lippischen Heimat enorm beschränkt. Leider ist dieser Schritt in der derzeitigen Lage unausweichlich“, sagt Dr. Lehmann.