Dirk Middendorf, Geschäftsführer BlombergerVersorgungsbetriebe. Archivbild: BVB.

Viele Energieversorger mussten in den vergangenen Tagen für 2023 die Preise erhöhen. Auch die BVB. Als eines der wenigen Unternehmen in der Branche stellen sich die BVB kritischen Fragen. Blomberg Medien konnte hierzu ein Exklusivinterview mit Dirk Middendorf führen. Er ist Geschäftsführer der BVB.

 

Herr Middendorf, wie alle anderen Energieversorger mussten auch die BVB die Preise erhöhen. Haben Sie da gar kein schlechtes Gewissen?

Doch, natürlich! Denn wir wissen, dass das die Leistungsträger unserer Gesellschaft trifft: vor allem die Mittelschicht, also die Leute, die fleißig sind, Kinder haben, ein Haus abbezahlen müssen und vielleicht auch noch die Eltern pflegen müssen. Auch arme Menschen werden dadurch stark betroffen. Aber wir hatten eben keine andere Wahl. Niemand in der Branche hatte eine andere Wahl.

 

Wirklich gar keine andere Wahl?

Wir müssen die gestiegenen Kosten für Energiebeschaffung einpreisen, sonst machen wir Verluste. Die BVB muss aber ihre Kosten selbst erwirtschaften, wir bekommen keine Zuschüsse von der Stadt. Wir sind ja kein „übliches“ Wirtschaftsunternehmen. Alles was wir verdienen, kommt letztlich der Kommune zu: beispielsweise, indem wir die Bäder in Blomberg betreiben. Natürlich schütten wir auch mal was an die Stadt aus, wenn genügend Gewinne erwirtschaftet worden sind. Die Stadt baut dann davon Kindergärten, unterhält Schulen und so weiter. – Und Sie können mir glauben: wir haben trotz der Kostensteigerungen alles so knapp kalkuliert wie möglich – ob die Stadt überhaupt etwas bekommt, steht noch nicht fest. Der Aufsichtsrat hat den neuen Preisen aber zugestimmt: alle haben verstanden, dass es eben nicht anders geht.

 

Warum dann 143 Prozent Plus bei der Grundversorgung Strom und 241 Prozent Plus bei der Grundversorgung Gas?

Weil das alles mit Kosten zu tun hat. Die Beschaffungskosten sind eklatant gestiegen. Der Strompreis ist in komplizierter Weise an den Gaspreis gekoppelt. Das ist für einen Stadtwerke-Geschäftsführer keine angenehme Phase, in der wir uns gerade befinden. Wir konnten zum Beispiel unsere Marge nicht erhöhen – im Gegenteil: wir quetschen Synergieeffekte raus, wo es nur geht.

 

Die Ursache liegt bei Putin?

Im Grunde genommen ja. Dieses Land bezahlt jetzt den Preis, den es jahrzehntelang nicht bezahlen brauchte. Und zwar so ziemlich alles auf einmal.

 

Aber Sie kaufen doch im Voraus ein. Da müsste doch preislich zumindest für den Moment noch was drin sein?

Wir kaufen ein bis zwei Jahre im Voraus ein und in diesem Zeitraum gab es enorme Preissteigerungen an den Energiemärkten. Wir haben außerdem eine hohe Volatilität in diesem Jahr gesehen: Preisschwankungen von 100 Prozent nach oben wie auch nach unten. Unsere Aufgabe als Versorger ist ja immer, diese Tages- oder Monatsschwankungen durch unsere kontinuierliche Beschaffung zu dämpfen. Wir kaufen nie alles an einem Tag ein, sondern wir gehen schrittweise Woche für Woche vor. Dennoch trifft uns im Ergebnis der Preisanstieg mit voller Wucht. – Bei anderen Versorgern ist das teilweise noch schlimmer.

 

Beschaffung ist das eine. Können Sie denn gegen die Netzentgelte nichts tun?

Die Netzentgelte müssen wir an die Betreiber der überregionalen Übertragungsnetze, die so genannten „vorgelagerten Netze“, und an die regionalen Netzbetreiber bezahlen. Darauf haben wir keinen Einfluss. Tatsächlich ist der prozentuale Anstieg hier deutlich geringer als bei den Beschaffungskosten, dennoch schlägt sich das alles in absoluten Zahlen stark auf die Preise nieder. Darüber hinaus schlägt auch die Inflation bei uns zu: wir erleben in allen Kostenarten starke Steigerungen, die wir letztlich einpreisen müssen. Die Globalisierung kommt, wenn Sie so wollen, mit voller Wucht in Ostwestfalen an.

 

Wie soll das alles weitergehen?

Unser Land hat sich auf den Weg gemacht, russisches Gas durch anderes zu ersetzen. Das wird teurer sein, als wir es gekannt haben. Die Inflation wird sich wohl 2025 wieder beruhigt haben. Die Versorgungssicherheit wird wohl auch 2024/2025 wieder auf festen Füßen stehen. Aber das Leben wird nicht mehr so günstig sein, wie noch 2019. Das muss allen klar sein.