Nach zwei erlebnisreichen Hüttentouren in den Allgäuer Hochalpen bei Oberstdorf waren die Nelkenwanderer in diesem Jahr im Nationalpark Berchtesgaden unterwegs. Der Plan: das Watzmannmassiv sollte mit vier Etappen umrundet werden. Die Vorplanung war Ende Januar abgeschlossen, An- und Abreise waren gebucht, Touren festgelegt, Übernachtungen sowohl im Ort als auch in drei Berghütten reserviert. Doch dann kam die Corona-Pandemie und brachte einiges durcheinander. Die Absage der Tour stand kurz bevor. Erst als Ende Mai die ersten Reiseeinschränkungen zurück genommen wurden hellte sich die Lage auf.
Die Jugendherberge in Berchtesgaden öffnete wieder, die Unterkunft für die Wandergruppe konnte gebucht werden. Da noch nicht sicher war ob Übernachtungen in den Berghütten möglich sein würde wurden Tagestouren rund um den Königssee ausgearbeitet. Dann geschah ein kleines Wunder. Die Berghütten hatten Hygienekonzepte erarbeitet, neben der Bewirtung waren auch Übernachtungen erlaubt. Zwei von drei Hütten hatten unsere Reservierungen gehalten. Nun diente die Jugendherberge als Basislager, die Gruppe legte sich auf zwei Auf- bzw. Abstiege fest.
Das Watzmannhaus war das Ziel des ersten Aufstieges, gestartet wurde bei bestem Wetter direkt am Königssee. Auf einem größtenteils gut ausgebauten Wanderweg mit einigen Steilstücken gelangten die Wanderer*innen hinauf zur Kührointalm. Von hier aus ist es nicht weit zu einem der bekanntesten Aussichtpunkte am Königssee, der Archenkanzel. Das konnte natürlich nicht ausgelassen werden, und es hat sich gelohnt. Mehr als 600 Meter über dem See bietet ein kleiner Felsvorsprung einmalige Aussichten.
Ab Kühroint wird der Wanderweg immer mehr zu einem Pfad. Bis kurz vor die Falzalm geht es am Hang des Kleinen Watzmann durch einen lichter werdenden Wald meistens leicht bergan. Auf die Falzalm führt ein steiler, mit Drahtseilen gesicherter Steig. Von hier aus bieten sich immer beste Blicke auf die Gipfel von Watzmannfrau und -kindern. Das Watzmannhaus immer im Blick überwanden die Nelkenwanderer*innen, eine Serpentine nach der anderen nehmend, den letzten Anstieg des Tages über die Falzalm. Die sich von hier und erst vom Watzmannhaus aus bietenden Blicke tal- oder bergwärts in fast 2000 Meter Höhe lassen sich weder durch Worte noch durch Bilder beschreiben.
Alpenglühen!: So lautete der Weckruf am nächsten Morgen. Und es bot sich ein unvergessliches Bild. Die eigentlich grauweißen Ostwände des Hochkalter leuchteten im Licht der aufgehenden Sonne. Dann hieß es Lager räumen, Rucksäcke packen, frühstücken und los ging es. Es ging immer mehr oder weniger steil bergab immer Richtung Ramsau. Auf einem zunächst steinigen Bergpfad wurden die Falz- und die Mittelkaseralm und zum Schluss die Stubenalm durchwandert. Auf einer sonnigen von einer artenreichen Alpenflora begleiteten Forststraße war bald das Tal erreicht. Schon von weit oben war das Rauschen des Wimbaches zu hören. Ein kurzer Besuch der Wimbachklamm rundete diesen Tag ab. Den Schweiß der beiden Tage fiel der Dusche in der Jugendherberge zum Opfer.
Mit einer Schifffahrt bei strömendem Regen begann der dritte Wandertag in Schönau am Königssee. Nach Sankt Bartholomä dauerte es nur ein paar Minuten. Wetterangepasst gekleidet machten sich die Nelkenwanderer*innen sogleich auf den Weg zum Kärlingerhaus am Funtensee. Die erste von 2 Steilstufen am Schrainbach mit seinem Wasserfall aufwärts war schnell genommen. Zwischen Schrainbach- und Unterlahneralm ging es fast erholsam weiter durch einen wie verzaubert wirkenden Wald.
Die Herausforderung des Tages lag dann mit der Saugasse vor der Gruppe. Über eine Distanz von nur 600 Metern mussten dabei gut 300 Höhenmeter überwunden werden. Der Wanderweg führt durch ein bis zu 40 Grad steiles Gelände in 32 Serpentinen steil aufwärts. Die restliche Strecke durch die Kleine Saugasse bis zum Ziel erwies sich als etwas moderater. Der schönste Moment dieses Tages: der Blick in das Hochtal mit dem Funtensee. Mittlerweile hatte es zu Regnen aufgehört, die Nachmittagssonne ließ Funtensee und -alm wie auch die Berge ringsherum leuchten. Und natürlich auch die Augen der erschöpften Wanderer.
Das Kärlingerhaus an Deutschlands Kältepol ist etwas in die Jahre gekommen, bietet auch in Corona-Zeiten eine zwar einfache, dafür aber sichere Unterkunft. Die Nacht in rund 1600 Metern Höhe verlief regenreich und hinterließ viel nässe auf den Wanderwegen. Deshalb entschied sich die Gruppe für den einfacheren und sicheren Abstieg durch die Saugasse zum Königssee. Das Wetter besserte sich zusehends, somit war es fast wie ein Spaziergang den kurven- und aussichtreichen Weg bergab zu gehen. Als kleine Kostbarkeit tauchten hier immer wieder tiefschwarze Bergsalamander auf.
Auch für den Schrainbachfall konnte nun etwas mehr Zeit eingesetzt werden. Zurück am Königssee gab es dann kein Halten mehr. Schnell waren die Füße von Schuhen und Socken befreit und dann vom klaren Seewasser gekühlt. Anschließend noch ein kühles Getränk in Sankt Bartholomä und per Schiff zurück in die Zivilisation. Nach vier Aktivtagen in einer einmaligen Bergwelt fiel allen die Rückkehr in den Alltag schon schwer. Um viele Eindrücke und Erfahrungen reicher traten die Wanderer*innen nach einer weiteren Nacht in der Jugendherberge die Heimfahrt an.