Mit einer anspruchsvollen Auswärtsaufgabe beim SC Magdeburg läutet der TBV Lemgo Lippe am Sonntag um 16 Uhr den Jahresendspurt ein. „Sie sind sicherlich der Favorit, aber wir werden uns nicht kampflos geschlagen geben“, mahnt TBV-Trainer Florian Kehrmann, der weiterhin auf Jonathan Carlsbogård, Finn Zecher und Jari Lemke verzichten muss. Der letzte Lemgoer Sieg liegt zwar schon ein Weilchen zurück, „aber uns ist in der Analyse natürlich aufgefallen, dass der SCM momentan vielleicht nicht die Selbstverständlichkeit der vergangenen Jahre hat.“

 

Eine mögliche Erklärung: Bereits in der Frühphase der Saison erreichte den Sportclub eine empfindliche Hiobsbotschaft. Durch die schwere Knieverletzung von Matthias Musche müssen die Sachsen auf dem linken Flügel längerfristig umdenken. Der 28-Jährige hatte im Spiel gegen die Rhein-Neckar Löwen am 7. Spieltag ein etwas zu flach geratenes Zuspiel durch den Kreis per Kempa-Trick vollendet und war unglücklich gelandet. Mit dem schnellen Lukas Mertens verfügt SC-Trainer Bennet Wiegert nur noch über einen nominellen Linksaußen im Kader, in der European League rückte bereits Youngster Justus Kluge auf.

 

Ungeachtet des Musche-Ausfalls verfügt der Vorjahresfünfte für Kehrmann über eine individuell sehr stark besetzte Mannschaft, „die eine sehr kompromisslose Abwehr spielt. Im Angriff verfügen sie über viel individuelle Stärke mit Marko Bezjak und Christian O’Sullivan, aber auch über die unglaubliche Wurfgewalt eines Michael Damgaard.“ Mit Omar Magnusson und Gisli Kristjansson seien zwei ganz junge Spieler dabei, „die die Liga gerade ein bisschen aufmischen und ein sehr gutes Eins-gegen-Eins haben.“ Für seine Truppe gelte es daher, sich auf viele Dinge einstellen zu müssen: „Sicherlich müssen wir das Tempospiel von Magdeburg unterbinden“, führt Kehrmann beispielhaft aus.

 

Matthias Musche wird das Gastspiel der Lipper in Innsbruck verfolgen, wo er inzwischen erfolgreich operiert wurde. Vor dem Ausfall ihrer Identifikationsfigur lief es für den Tabellendritten aus der Vorsaison recht vielversprechend: Nach der Heimniederlage zum Auftakt gegen den Bergischen HC feierte das Wiegert-Team einen furiosen Derbysieg über die Berliner Füchse, wies daraufhin auch Göppingen und Ludwigshafen in die Schranken. Die kleine Serie wurde durch das 29:30 gegen Stuttgart zwar gestoppt, die nächsten zwei Punkte folgten aber umgehend in Coburg. Dass man im Topspiel den Rhein-Neckar Löwen unterlag, verlor durch die schwere Verletzung ihres Handball-Stars an Relevanz.

 

In der sächsischen Landeshauptstadt machte sich ein wenig November-Blues breit. Wegen eines Corona-Verdachtfalls beim Gegner musste erst das Ligaspiel gegen Melsungen verschoben werden, kurze Zeit später hatte der SCM dann einen eigenen Verdachtsfall, weshalb auch das Heimspiel gegen TuSEM Essen verlegt wurde. Spielpraxis sammelte man unterdessen in der European League. Doch nach zwei erwartungsgemäß ungefährdeten vier Punkten gegen Besiktas und Moskau geriet man ausgerechnet im 250. Europapokalspiel beim schwedischen Underdog aus Alingsas gehörig ins Straucheln, verlor mit 29:30.

 

In der Liga mussten die Magdeburger zuletzt eine Derbyschlappe gegen Leipzig (29:33) über sich ergehen lassen. „Nach dieser Niederlage haben sie jetzt in ihrem Heimspiel einiges gutzumachen“, glaubt Florian Kehrmann. Fliegen die Magdeburger mit zwei Liga-Nachholpartien derzeit zwar deutlich unter dem Radar, so klappte unter der Woche bei Kroatiens Vizemeister zumindest international der Turnaround. Durch das 32:24 über RK Nexe Nasice ist der Gruppensieg in der European League in greifbare Nähe gerückt.

 

In 57 Aufeinandertreffen mussten die Lipper in 34 Niederlagen einwilligen und gingen 21 Mal als Sieger hervor, zuletzt im Mai 2012 (37:29). Den vorerst letzten Punkt holten die Lipper im März 2018. Torschütze zum 27:27-Endstand: Tim Hornke, der nach fünf Jahren im Lipperland bekanntlich zurück zum SCM ging. Den umgekehrten Weg schlugen übrigens die beiden Kreisläufer Christoph Theuerkauf (2010) und Fabian van Olphen (2016) ein. Eine Magdeburger Vergangenheit im aktuellen TBV-Kader hat Alexander Reimann, der vor seinem Wechsel in die alte Hansestadt fünf Jahre lang für die Youngsters spielte.

 

Schiedsrichter der Sonntagspartie sind Jannik Otto und Raphael Pieper. Wie gewohnt können Sky-Sport- oder -Ticket-Abonnenten die Partie live sehen. Die Übertragung der Sonntags-Konferenz startet um 15.25 Uhr auf Sky Sport 7, das Einzelspiel läuft ab 15.55 Uhr auf Sky Sport 5.