In einem emotionalen Fight mit der MT Melsungen hat der TBV Lemgo Lippe am Ende mit 28:30 (14:17) das Nachsehen und musste im vorletzten Heimspiel die erste Niederlage im so erfolgsträchtigen Juni hinnehmen – daran konnten auch elf Elísson-Treffer nichts ändern. „Es sollte heute einfach nicht sein, deswegen ist die Niederlage verdient. Das nehmen wir so hin, ohne uns von unserer breiten Brust abbringen zu lassen“, konstatierte TBV-Trainer Florian Kehrmann.

 

Neben Kapitän Andrej Kogut (Finger) und Andreas Cederholm, der sich einer Knie-OP unterziehen muss, fehlte den Hausherren bei der Wiederauflage des REWE Final4-Endspiels auch Lukas Zerbe. Für den 25-Jährigen, der beim Bergischen HC unglücklich umgeknickt war, spielte Bobby Schagen auf dem rechten Flügel an. Die Gäste waren unterdessen ohne Cheftrainer Gudmundur Gudmundsson angereist, der aus privaten Gründen kurzfristig in die isländische Heimat fliegen musste. Ihn an der Seitenlinie ersetzte mit Arjan Haenen ein alter Bekannter, schließlich trug der 33-Jährige von 2012 bis 2016 das TBV-Trikot.

 

Zum Spiel: Nachdem Jonathan Carlsbogård den Führungstreffer der Nordhessen zunächst ausgleichen konnte, hatten die 1000 Zuschauer in der Phoenix Contact-Arena bereits in der 2. Minute einen triftigen Grund zum Jubeln, als Peter Johannesson den ersten Strafwurf von Melungens Tobias Reichmann entschärfte. Die nächsten Minuten im Lemgoer Hexenkessel weckten jedoch eher die negativen Erinnerungen an das 21:27 aus dem Hinspiel: Die Lemgoer mussten viel Aufwand betreiben, um sich gegen den extrem physischen Deckungsverbund der Melsunger gute Wurfpositionen zu erarbeiten – was gerade im ersten Drittel nicht immer fehlerfrei gelang. Und dann war da MT-Keeper Nebosja Simic, der sich den Lippern bereits im ersten Durchgang mehrfach erfolgreich in den Weg stellte.

 

„Wenn man gegen eine so gut besetzte Mannschaft mit sechs Toren hinten liegt, einmal beim 4:10 und beim 9:15, dann ist das Spiel meistens schon weg“, haderte Kehrmann auf der Pressekonferenz mit der größtenteils unglücklichen Vorstellung im ersten Durchgang. „Wir haben uns einfach zu viele Fehler erlaubt, zu viele freie Bälle liegen gelassen und Simic zum Helden geschossen.“ Nachdem Michael Allendorf seine Farben erstmals mit sechs Toren in Front gebracht hatte, versuchte Finn Zecher sein Glück im Tor.

 

Der TBV ging fortan konsequent ins Überzahlspiel, um den Kontakt nicht noch weiter abreißen zu lassen. Erfolgreich: Mit einem 3:0-Lauf zum Ende der ersten Hälfte – Carlsbogård und zweimal Dani Baijens trafen – belohnte sich der TBV für seine Schlussoffensive zum 14:17 und hielt damit auch die Spannung aufrecht. Kehrmann: „Uns zeichnet momentan aus, dass wir trotz spielerischer und personeller Rückschläge weiter dran glauben.“

 

Auch in der zweiten Hälfte sorgte Johannesson mit einem gehaltenen Siebenmeter für das erste Highlight, obwohl er kurz zuvor noch einen Gesichtstreffer eingesteckt hatte. Als Gedeón Guardiola dann auf 16:17 verkürzte, besaß Frederik Simak kurz darauf im Gegenstoß die Riesenchance zum Ausgleich, doch Simic wusste dies gerade noch zu verhindern.

 

„Wir sind gut aus der Halbzeit gekommen, doch dann muss ganz viel passen und etwas Spielglück dazukommen“, kommentierte Kehrmann die ersten Minuten nach dem Seitenwechsel. Nachdem Bjarki Már Elísson vom Strich auf 18:21 gestellt hatte, sah der Isländer im Gegenzug eine Zeitstrafe gegen sich, als er Melsungens Marino Mamic mit zu Boden gerungen hatte. Doch die Unterzahl wussten die Lipper dank zweier Johannesson-Paraden nicht nur schadlos zu überstehen, sondern den Rückstand auf zwei Tore zu verkürzen.

 

Als der eingewechselte Silvio Heinevetter der bis dato makellosen Siebenmeter-Quote von Elísson ein Ende setzte, nutzte der TBV die anschließende Überzahl, um durch Simak auf 22:23 zu verkürzen. Ein Doppelpack von Gedeón Guardiola bedeutete nach 53 Minuten den umjubelten 24:24-Ausgleich, doch eine Führung blieb den Hausherren an diesem Nachmittag verwehrt. Zwei Fehlwürfe begünstigten den erneuten Zwei-Tore-Vorsprung für die Gäste. „In den Phasen fehlt uns dann vielleicht auch die Kraft, um das hinten raus durchzuspielen. Da entscheiden dann so ein, zwei kleine Fehler, die Melsungen dann bestraft hat. Auch da fehlte uns einfach das Spielglück“, so Kehrmann.

 

Nochmal warf der TBV alles nach vorn. Doch als Melsungens Timo Kastening vier Minuten vor Schluss nach einem Fehler der Lipper erst ins leere Tor warf und nach Elíssons verwandeltem Gegenstoß zum 25:27 erneut auf 25:28 stellen konnte, schwand auch beim Lemgoer Publikum allmählich die Hoffnung auf eine Fortsetzung der Siegesserie. Vermiesen ließ man sich die gute Stimmung dadurch jedoch nicht, trotzte der nun nicht mehr zu verhindernden Niederlage mit Pokalsieger-Gesängen.

 

Kehrmann: „Am meisten Spaß hat es trotz dieser Zwei-Tore-Niederlage gemacht, minutenlang Standing Ovations von den Zuschauern in der Halle bekommen zu haben. Das ist ein Zeichen für die tollen Leistungen in dieser Saison“, beendete Kehrmann durch das zurückgewonnene „Stück Normalität“ die Pressekonferenz mit einem Lächeln.

 

TBV Lemgo Lippe: Johannesson (6 Paraden), Zecher; Elísson (11/6), I. Guardiola (1), Simak (2), Carlsbogård (3), Schagen (3), Timm (1), Hangstein, G. Guardiola (4), Geis, Reimann, Baijens (3).