Gute 30 Minuten reichen dem TBV Lemgo Lippe nicht aus, um im 51. Ostwestfalen-Derby als Sieger von der Platte zu gehen: Ausgerechnet in der Crunchtime verließ die Lipper das Glück, die sich am Ende mit 23:28 (12:11) gegen den ostwestfälischen Nachbarn aus Minden geschlagen geben müssen. Das Warten auf den ersten Auswärtssieg in dieser Saison hält damit leider auch nach dem 13. Spieltag an.

 

Zum Spiel: Nachdem sich beide Keeper zunächst sehenswert auszeichnen konnten, war es Andrej Kogut, der nach etwas mehr als zwei Minuten aus dem Rückraum zur 1:0-Führung wuchtete. Nur wenige Sekunden später stetzte Bjarki Már Elísson zum ersten Tempogegenstoß der Partie an und vollendete zum 2:0 – ein vielversprechender Start der Gäste. In der 7. Spielminute dann scheiterte Lukas Zerbe aus sieben Metern mit einem Aufsetzer an GWD-Schlussmann Carsten Lichtlein, ehe Mindens Kreisläufer Lucas Meister im Gegenzug seine Farben erstmals in Front brachte (3:2). Gerade, als der Gastgeber auf 4:2 erhöhte hatte, verkürzte Ex-Mindener Andreas Cederholm zunächst mit Schmackes, Elísson bog den Spielstand durch zwei Tempoläufe wieder zugunsten der Lipper um.

 

Bis zur zehnten Spielminute verlief das 51. OWL-Derby pari, ehe sich erneut GWD mit zwei Toren absetzte. Was folgte, war die bislang stärkste Phase der Lemgoer: Erst knüpfte der gerade erst eingewechselte Fynn Hangstein an seiner tadellosen Wurfquote aus dem Nordhorn-Spiel an (7:8), dann spielte Gedeón Guardiola seine ganze Erfahrung aus und traf gleich doppelt per Distanzwurf ins verwaiste Mindener Gehäuse zum 9:8. Als beide Teams mit einem Mann weniger agieren mussten, feierte Neuzugang Frederik Simak sein TBV-Pflichtspieldebüt – und trug sich in der 19. Spielminute mit seinem Wurf zum 10:8 erstmals in die Torschützenliste ein.

 

Den 5:0-Lauf der Lemgoer krönte Elísson kurz nach der Mindener Auszeit per Strafwurf zum 11:8. Nach zwölf Minden ohne eigenen Treffer meldete Doruk Pehlivan GWD Minden zurück im Spiel an, bei dem mittlerweile Juri Knorr nach überstandener Corona-Infektion wieder das Angriffsspiel mitankurbeln sollte. „Wir hatten in der ersten Halbzeit oft die Chance, das Spiel zu diktieren, waren mit drei Toren vorn. Dann müssen wir vielleicht ein bisschen cleverer sein und mit drei, vier Toren in die Halbzeit gehen, um weiter Kontrolle zu haben“, bilanzierte TBV-Trainer Florian Kehrmann diese Phase im Anschluss auf der Pressekonferenz.

 

Doch ein Cederholm-Fehlpass begünstigte, dass der ostwestfälische Nachbar in Person von Kevin Gulliksen freie Bahn zum 11:10-Anschlusstreffer hatte. Kehrmann zückte daraufhin die Grüne Karte, appellierte an seine Mannschaft, wieder mit mehr Überzeugung den Abschluss zu suchen und sich nicht zu früh zu nah vor der gegnerischen Abwehr in die Bredouille zu bringen. Nach zwei starken Blocks von Isaias Guardiola und Simak war es letzterer, der einen verirrten Mindener Pass aufnahm und Lichtlein zum 12:10 überwand. Minden kam allerdings unmittelbar durch Justus Richtzenhain zum Anschluss und hätte wegen eines technischen Fehlers der Lipper mit der Halbzeitsirene noch ausgleichen können: Peter Johannesson wusste dies mit einer starken Parade jedoch zu verhindern.

 

Fünf Minuten waren in der zweiten Hälfte gespielt, als der TBV wieder mit zwei Toren ins Hintertreffen geraten war. In dieser Phase fand der TBV kaum Mittel, aus dem Positionsspiel Lücken im Mindener 6:0-Dickicht zu erspielen. Als Minden eine Zeitstrafe gegen sich sah, verkürzte Bobby Schagen zunächst auf 14:15 – doch Minden hielt durch seinen immer stärker werdenden Rückraum, vor dem Kehrmann eindringlich gewarnt hatte, den Zwei-Tore-Vorsprung bis zur 42. Spielminute. „Leider haben wir Minden viel zu schnell ins Spiel kommen lassen und dem Gegner so das Heft in die Hand gegeben.“ Nachdem Simak den Anschluss herstellte, war es der eingewechselte Mark van den Beucken, der Cederholms Ausgleich durch eine starke Parade einleitete, als er mutig aus dem Kasten gestürmt war. Nach 49 Minuten stand in der Lübbecker Kreissporthalle ein 20:20 auf der Anzeigetafel.

 

Eine anschließende Fußparade von van den Beucken, ein abermals wuchtiger Unterarmwurf von Cederholm – und der TBV war erstmals in Halbzeit zwei zurück in Führung. Als der Niederländer einen Siebenmeter gegen Mindens Korte parierte, unterlief Lemgos Kogut im Gegenzug ein Fehlpass, der in einem erneuten Strafwurf mündete. GWD-Hoffnungsträger Knorr stellte in der 52. Minute wieder gleich – und damit deutete eigentlich alles auf eine nervenaufreibende Schlussphase hin. Die jedoch musste der TBV zunächst in Unterzahl beginnen, nachdem Dani Baijens von Schiedsrichter Marijo Zupanovic wegen Regelverstoßes zwei Finger gezeigt bekam. Mit seinem dritten verwandelten Strafwurf besorgte Elísson zunächsten den 22:23-Anschlusstreffer, ehe der TBV nur einen Wimpernschlag später sogar per Tempogegenstoß zum Ausgleich hätte kommen können. Doch Simaks Zuspiel erreichte den nach vorn stürmenden Isaias Guardiola nicht.

 

Nachdem Mindens Gulliksen zum siebten Mal traf und Grün-Weiß sich vier Minuten vor dem Ende auf drei Tore absetzte, stellte Kehrmann in der Offensive aufs 7:6 mit Theuerkauf und Gedeón Guardiola am Kreis, ließ defensiv im 5:1 mit Zerbe an vorderster Stelle agieren. „Das ging leider nach hinten los“, so Kehrmann, denn nähern konnte sich der TBV nicht mehr. Als Elísson gleich zweimal aussichtsreich vor GWD-Schlussmann Malte Semisch scheiterte, war die inzwischen auf fünf Tore angewachsene Führung uneinholbar. Gedeón Guardiola blieb als letzter TBV-Schütze nur noch Ergebniskosmetik übrig. Am Ende müssen die Lipper in Lübbecke eine 23:28-Derbyniederlage hinnehmen, „die mit dieser Leistung zu hoch ausfällt.

 

Es fehlten aber diese fünf Prozent, die wir gegen Nordhorn mehr investiert haben, um gegen Minden zu punkten“, musste Kehrmann feststellen. Mit jeweils fünf Treffern waren der Ex-Mindener Andreas Cederholm und Bjarki Már Elísson auf Seiten des TBV am erfolgreichsten, Neuzugang Frederik Simak steuerte bei seinem Debüt für den TBV gleich drei Tore bei. Kehrmann richtete den Blick schon wenige Minuten nach dem Spiel wieder nach vorn, denn viel Zeit bleibt dem TBV-Tross nicht: „Wir müssen uns ganz schnell schütteln, denn wir haben nur einen Tag der Regeneration und Vorbereitung auf Wetzlar, um am Donnerstag zu Hause noch einmal alles zu investieren.“

 

TBV Lemgo Lippe: Johannesson, van den Beucken; Elísson (5/2), Kogut (2), I. Guardiola, Simak (3), Theuerkauf (1), Schagen (2), Timm, Hangstein (2), Zerbe, G. Guardiola (3), Cederholm (5), Baijens.