31 Fehlwürfe waren schlichtweg zu viel: Zwei Tage vor dem „Alles oder nichts“-Spiel beim polnischen Vizemeister Wisla Plock hat der TBV Lemgo Lippe eine empfindliche Derbyniederlage hinnehmen müssen. Beim 20:32 (10:18) verzweifelten die Lipper zusehends an GWD-Keeper Malte Semisch und ließen gegen beflügelte Mindener den Kontakt in Hälfte zwei früh endgültig abreißen.
Zum Spiel: Rechtzeitig für das Duell mit seinem Ex-Klub konnte Andreas Cederholm zumindest wieder auf der Bank Platz nehmen – und musste von dort mit ansehen, wie seine Teamkollegen von Beginn an nicht ins Spiel fanden. Sieben Minuten waren bereits von der Uhr, als Isaias Guardiola den Lemgoer Torlosbann mit seinem Treffer zum 1:3 beendete. Im Positionsangriff verlangten bissige Mindener dem Gastgeber eine Menge ab, trotzdem erarbeitete sich der TBV aussichtsreiche Möglichkeiten. Doch sowohl freie Chancen als auch Distanzversuche wusste ein überragend aufgelegter Malte Semisch im Mindener Tor immer wieder zu vereiteln.
Als Florian Kehrmann nach elf Minuten zur ersten Auszeit bat und nebst Kaltschnäuzigkeit auch in der Abwehr den nötigen Zugriff vermisste, betrug der Rückstand bereits fünf Tore (2:7). Mit einem Doppelwechsel – Lukas Hutecek und Frederik Simak kamen im Angriff für Tim Suton und Michel Reitemann – und mehr Zugriff im Deckungsverbund wollten die Lipper zurück in die Spur finden. Doch während sich der TBV selbst im 7:6-Angriff an der Mindener Abwehr die Zähne ausbiss, fuhren die Gäste immer wieder Konter und zogen bis auf 8:17 davon. Mit einem Acht-Tore-Rückstand ging es in die Pause.
Längst dürften beim Lemgoer Anhang Erinnerungen ans Hinspiel im Oktober präsent gewesen sein, als der TBV in Hälfte zwei nach zwischenzeitlichem 13:21-Rückstand noch zum ganz großen Schlag ausholte. Als Mindens Max Staar seiner Mannschaft nach 38 Minuten diesmal diesen Vorsprung bescherte, hatte der TBV mit einem 3:0-Lauf durch Tim Suton und den zweifachen Bjarki Már Elísson gerade besser ins Spiel gefunden. Die Hausherren gingen in der Abwehr nun deutlich verbessert zu Werke und kamen auch zu einfachen Toren. Nachdem G. Guardiola ein tolles Carlsbogård- Anspiel verwerten und Elísson einen weiteren Gegenstoß vollenden konnte, dürften die meisten unter den 3097 Zuschauern in der Phoenix Contact-Arena zumindest wieder etwas Hoffnung geschöpft haben.
Doch der amtierende Pokalsieger verfiel zurück in alte Muster und fand seinen Meister auch in dieser Phase einmal mehr in Malte Semisch. Als Mindens Topscorer Tomas Urban in der 48. Minute auf 15:25 stellte, richtete man im Lemgoer Lager bereits den Fokus auf das dicht bevorstehende Achtelfinal-Rückspiel in der EHF European League: „Jede Aktion, die wir jetzt gut spielen, kann uns für Dienstag helfen“, versuchte Kehrmann seine Mannschaft aufzurichten und appellierte, die Schlussphase agil und zielstrebig anzugehen. Doch an diesem Nachmittag sollte vieles einfach nicht sein, insgesamt blieben zu viele Lemgoer Würfe ohne Ertrag.
Mit 22 Paraden kam GWD-Keeper Malte Semisch zu seiner persönlichen Saison-Bestleistung. Am Ende mussten sich die Lipper im 54. Bundesliga-Aufeinandertreffen mit GWD Minden mit der höchsten Derbyniederlage der Vereinsgeschichte abfinden. TBV-Trainer Florian Kehrmann: „Wir haben in der ersten Halbzeit nicht nur die Bälle verworfen, die wir uns erarbeitet haben, sondern auch keine Abwehr gespielt. Wir haben keinen Zugriff bekommen, sind nicht in die Zweikämpfe gekommen, wie wir es von der Intensität wollten. Das zusammen hat dafür gesorgt, dass wir schon zur Halbzeit deutlich hinten lagen. Dann ist es gegen jeden Gegner schwer zurückzukommen.
In der zweiten Halbzeit hatten wir eine kurze Phase, in der etwas Hoffnung aufgeflackert ist. Die hat Frank Carstens mit der Auszeit gut unterbunden und dann machen wir wieder Fehler. Es lag heute nicht daran, dass wir taktisch nicht gut gespielt haben, wir hatten schließlich unsere Wurfchancen. Aber wir haben einfach viel zu viel verworfen. Das kann man mit Müdigkeit oder mit fehlender Konsequenz erklären, manchmal ist der Handballsport aber auch nicht erklärbar und dann reicht bei Minden so ein Fels in der Brandung im Tor, der die anderen mitreißt. Trotzdem freue ich mich riesig darüber, was heute in der Halle los war. Das war wirklich toll und ich hoffe, dass das die Mannschaft in den nächsten Spielen zurückzahlen wird.“
TBV Lemgo Lippe: Johannesson (9 Paraden), Zecher; Hutecek (1), Elísson (3), I. Guardiola (3), Simak (1), Carlsbogård (4), Schagen, Schwarzer, Suton (3), Zerbe (4), G. Guardiola (1), Cederholm, Reitemann, Blaauw, Geis.