„Ich glaube, wenn wir eine Minute vor Spielende unsere Chance nutzen, mit zwei Toren in Führung zu gehen, können wir auch gewinnen“, sagte Florian Kehrmann im Anschluss an die Partie am Sonntagnachmittag und war trotzdem mehr als zufrieden mit dem überragenden Auftritt seiner Mannschaft vor 3605 begeisterten Zuschauern. Nach einem „intensiven“ Bundesligaspiel trennten sich der TBV Lemgo Lippe und der THW Kiel am 7. Spieltag der LIQUI MOLY-HBL in der Phoenix Contact-Arena mit einem 21:21-Unentschieden. „Ein Riesenkompliment für diese leidenschaftliche Leistung an meine Mannschaft“, so Kehrmann weiter.

 

Zum Spielverlauf: Den besseren Start erwischte der THW Kiel, der schnell mit 0:2 in Führung ging und mit Niklas Landin zwischen den Pfosten, der bis zur neunten Minute bereits vier spektakuläre Paraden zeigte, einen starken Rückhalt hatte. Einige Zeit dauert es, bis Bobby Schagen zum ersten Mal für den TBV einnetzte. Der Startschuss für eine überragende Vorstellung aller Lemgoer Akteure. Über die Stationen 3:3, 4:4 und 6:6 entwickelte sich ein umkämpftes Bundesligaspiel zwischen dem amtierenden DHB-Pokal-Sieger und dem deutschen Meister. Immer wieder zwang die kompakte Lemgoer Deckungsreihe die Weltklasse-Offensive der Kieler, die ohne Sander Sagosen ins Spiel gegangen waren, ins Zeitspiel.

 

Schließlich erzielte Gedeón Guardiola beim 6:5 die erste Führung für sein Team. Der TBV konnte den Vorsprung folglich sogar bis auf 9:6 ausbauen. Der individuellen Klasse von Domagoj Duvnjak und Harald Reinkind war es zu verdanken, dass die Zebras zur Halbzeit beim 10:9 nur mit einem Tor zurücklagen. Aus einer überragenden Leistung als Mannschaft stach ein Lemgoer trotzdem heraus: Finn Zecher, der für den angeschlagenen Peter Johannesson im TBV-Gehäuse stand, glänzte bereits im ersten Durchgang mit zahlreichen Weltklasse-Paraden. Und machte in Halbzeit zwei genauso weiter.

 

Zwar glich Nationalspieler Hendrik Pekeler kurz nach Wiederanpfiff aus, aber auch im zweiten Spielabschnitt war der TBV Lemgo spielerisch und mental zu jeder Zeit auf Augenhöhe mit dem deutschen Rekordmeister. Weil Elísson kurz zuvor aus sieben Metern an Landin scheiterte, trat in der 36. Minute Lukas Zerbe zum Strafwurf an und verwandelte eiskalt zur 12:10-Führung. Ebenso eiskalt nutze der THW die wenigen technischen Fehler, die der TBV machte und drehte das Spiel innerhalb von drei Minuten auf 12:13. Doch Lemgo schlug zurück: Ein bärenstarker Lukas Zerbe erzielte drei Tore in Folge und hielt die Lipper in dieser Phase in direkter Schlagdistanz.

 

Als Niclas Ekberg nach einem Lemgoer Fehlpass in der 42. Minute das leere Tor trifft und zum 15:17 für Kiel verwandelte, schien der THW-Express richtig in Fahrt zu kommen. Aber Lemgo ließ sich nie abschütteln. Erst traf Hutecek zum 16:17, dann sah Jonathan Carlsbogård nach Lemgoer Ballgewinn Gedeón Guardiola, der per Tempogegenstoß zum 18:18 ausglich. Lukas Hutecek brachte die Lipper mit seinem dritten Treffer dann sogar in Front. Als Tim Suton kurz darauf mit einem sehenswerten Knick-Wurf auf 20:18 erhöhte, waren die Zuschauer in der Phoenix Contact-Arena nicht mehr zu halten. Es roch nach der Sensation.

 

Auch in der Schlussphase wusste Finn Zecher einige harte Würfe der Kieler zu parieren und damit die Lemgoer Fans von ihren Sitzplätzen zu reißen. Fast jeder Zuschauer stand bereits, als Zecher in der 58. Minute einen völlig freien Wurf von Pekeler entschärfte und endgültig zum Mann des Abends wurde, als er beim (End)Stand von 21:21 Sekunden vor Ende der Partie auch den entscheidenden letzten Wurf von THW-Linksaußen Magnus Landin hielt und wenige Momente danach von seinen jubelnden Mannschaftskameraden gefeiert wurde.

 

Kehrmann: „Wir haben heute ein sehr intensives Spiel gesehen, das trotzdem mit wenig Zeitstrafen auskam. Hinten heraus war es dann Kampf pur. Finn Zecher hat viele wichtige Bälle gehalten und auch Niklas Landin konnte immer wieder Nadelstiche setzen. Nach 12 Minuten ist bereits Isa Guardiola ausgefallen und Peter Johannesson war auch nicht dabei, umso höher muss man die Leistung meiner Mannschaft anrechnen. Auch ein großes Kompliment an die 3605 Lemgoer Zuschauer. Die Unterstützung der Fans war heute ein Puzzleteil für diesen Punktgewinn.“

 

TBV Lemgo Lippe: Zecher (18 Paraden), Mühlenstädt; Hutecek (3), Elísson (3/1), Kogut, I. Guardiola, Carlsbogård Schagen (3), Timm, Schwarzer, Zerbe (5/1), G. Guardiola (4), Reitemann (1), Suton (2).