Die Immissionsschutzbehörde des Kreises Lippe hat das Genehmigungsverfahren zu 13 beantragten Windenergieanlagen im Bereich der Gauseköte abgeschlossen. Nach der Prüfung aller Stellungnahmen muss die Behörde den Bau der Anlagen ablehnen. Ausschlaggebend für diese Entscheidung ist, dass die Bezirksregierung Münster als zuständige Luftfahrtbehörde dem Vorhaben nicht zustimmt. Grund dafür ist ein Einwand der britischen Streitkräfte.
„Das Verfahren um die Anlagen hat die Immissionsschutzbehörde wie jedes andere Genehmigungsverfahren geführt. So entscheidet die Verwaltung nach geltenden Gesetzen und Recht – einen politischen Ermessensspielraum gibt es hier nicht. Der Kreis ist an die verweigerte Zustimmung der Luftfahrtbehörde gebunden und kann sich nicht eigenmächtig darüber hinweg setzen“, erklärt Landrat Dr. Axel Lehmann die Entscheidung.
Das Genehmigungsverfahren für die Anlagen begann im Mai 2021, nachdem der Antragssteller alle erforderlichen Unterlagen beim Kreis eingereicht hatte. In der Folge hat die Immissionsschutzbehörde über 20 Akteure um Stellungnahmen zu dem Vorhaben gebeten. Dazu gehören beispielsweise die Bezirksregierungen Detmold und Münster, Energieversorger, Naturschutzverbände oder auch die Städte, auf deren Gebiet Windenergieanlage beantragt wurden. Während dieses Prozesses äußerten sich auch das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr und die britischen Streitkräfte.
Die Militärs gaben dabei an, dass der Bau der Windenergieanlage dem Flugbetrieb und somit Belangen der Landesverteidigung entgegensteht. „Konkret wird darauf verwiesen, dass aus militärischer Sicht die Flugsicherheit und der militärische Übungsbetrieb am Truppenübungsplatz Senne bei einer Errichtung der Anlagen beeinträchtigt werden. Die geplanten Anlagenstandorte liegen innerhalb von Flugstrecken“, erklärt Olrik Meyer, Leiter der Immissionsschutzbehörde.
Vor der nun endgültigen Ablehnung der Anlagen hat der Kreis dem Antragsteller, wie gesetzlich geregelt, die Möglichkeit gegeben, sich zu den Ablehnungsgründen zu äußern. Der Antragsteller machte davon Ende 2021 und im Juli 2022, nach mehrfacher von ihm gewünschter Fristverlängerung, Gebrauch. Der Kreis Lippe prüfte daraufhin die Argumente des Antragstellers und die Gegenargumente der Bundeswehr erneut. „Innerhalb der Immissionsschutzbehörde haben wir intensive Recherchen zu vergangenen Entscheidungen rund um das Gebiet der Senne und die militärischen Belange geführt.
Insofern sind die uns vorliegenden Ausführungen der Bundeswehr schlüssig. Gleichwohl muss aber auch betont werden, dass die Kreisverwaltung nicht die Expertise hat, um Fragen der Verteidigung, des Übungskonzeptes und der britischen Strategie in der Tiefe beurteilen zu können“, so Meyer. Einen angefragten abgeänderten Flugbetrieb schlossen die Streitkräfte aus, da die Flugkorridore festgelegt und alternativlos seien – auch um Flüge über bewohnten Gebieten zu vermeiden.
Der Umfang des Genehmigungsverfahrens war für die Kreisverwaltung bisher einzigartig und hoch komplex. So stellte die Kommunikation zu der britischen Armee über das Bundesamt für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr eine außergewöhnliche Herausforderung dar. Zudem steht das Verfahren aktuell besonders unter Beobachtung hinsichtlich der Abwägung zwischen Energiesicherheit und Verteidigungsfragen.
„Im aktualisierten Erneuerbaren-Energien-Gesetz wird dem Ausbau von Windenergieanlagen eine hohe Bedeutung und ein Vorrang beigemessen. Allerdings wird ausdrücklich eine Ausnahme gemacht, wenn die Landes- und Bündnisverteidigung betroffen ist. Genau dieser Fall tritt hier ein“, sagt Dr. Ute Röder, zuständiger Verwaltungsvorstand beim Kreis Lippe.
Die Anlagen können prinzipiell auch an anderen Standorten im Kreis Lippe sowie darüber hinaus realisiert werden. Dagegen sind die Übungsmöglichkeiten für den Gefechtsübungsbetrieb begrenzt und dem Truppenübungsplatz Senne mit dem Übungsbetrieb verschiedener Bündnispartner kommt eine entscheidende Bedeutung für die Landes- und Bündnisverteidigung zu – gerade in Hinsicht auf den NATO-Truppenstatut.
„Diese schwerwiegenden Aspekte haben wir gründlich und unter Beachtung des verwaltungsrechtlichen Kontexts geprüft, auch mit umfänglicher juristischer Expertise, da die Verwaltung sowohl von Seiten des Antragstellers als auch der Bundeswehr signalisiert bekommen hat, dass die Entscheidung je nach Ausgang beklagt wird“, so Röder. Der Antragsteller kann innerhalb eines Monats Einspruch vor dem Oberverwaltungsgericht Münster gegen die Ablehnung einreichen.