Stark begonnen, alles investiert, zumeist geführt – doch am Ende hat es leider nicht gereicht: Mit einem 28:28 (13:12) beim polnischen Spitzenteam Wisla Plock verabschiedet sich der TBV Lemgo Lippe von der internationalen Bühne. Weil sich die Lipper in der zweiten Hälfte nicht entscheidend absetzen können, erweist sich die Hypothek aus dem Hinspiel in der Crunchtime als zu hoch. Trotzdem verabschiedet sich der TBV erhobenen Hauptes aus dem Wettbewerb. Florian Kehrmann: „Wenn man nach heute ein Fazit ziehen muss, haben wir die Chance aufs Weiterkommen leider Gottes im Hinspiel liegen lassen. Heute muss ich der Mannschaft ein großes Kompliment machen.“
Begleitet von stetigen Pfiffen der polnischen Kurve blieben von Beginn an im 7:6 attackierende Lipper unbeeindruckt und gingen vorne wie hinten entschlossen zu Werke: Mit der ersten Möglichkeit besorgte Tim Suton das 1:0. Aus der immer wieder vorpreschenden 6:0-Formation provozierte der deutsche Pokalsieger vor allem in der Anfangsphase immer wieder Aufbaufehler der Polen, die zunächst konsequent in Tore umgemünzt wurden. Als Vollstrecker trat vor allem Bjarki Már Elísson in Erscheinung, der mit seinem verwandelten Strafwurf zum 4:1 (7.) bereits seinen dritten Treffer markierte und zur höchsten Führung traf.
Während sich der polnische Vizemeister gegen entschlossen verteidigende Gäste auf Einzelaktionen stützte und so in Schlagdistanz blieb, war der TBV um schnelle Antworten bemüht. Sinnbild des intakten Lemgoer Bollwerks in Halbzeit eins war Isaias Guardiola in der 15. Minute, als der spanische Routinier Plocks Rückraum-Ass Sergei Kosorotov per Stoppfoul clever den Anlauf nahm. Nur sechs Gegentore nach 17 Minuten untermauerten eine bis dato starke Vorstellung. Weil dem TBV mit zunehmender Dauer jedoch offensiv etwas die Leichtigkeit abhandenkam, ermutigte Florian Kehrmann seine Mannen in der Auszeit, die Angriffe wieder mit mehr Geduld und Klarheit zu spielen.
Nach sensationellem Anspiel von Niko Blaauw hatte Gedeón Guardiola die richtige Antwort parat (11:8), die Polen standen dem TBV in dieser Phase allerdings in nichts nach. Im Gegenteil: Zwei Minuten vor der Halbzeitsirene traf Plocks David Fernandez zum 11:11. Nachdem Finn Zecher den
erneuten Ausgleich mit einem starken Doppelreflex verhindert hatte, behielt G. Guardiola im Nachfassen die Nerven und erhöhte auf 13:11. Allein die Wurfgewalt von Kosorotov, den Lemgos Abwehrreihe ansonsten exzellent in Schach hielt, verhinderte den Zwei-Tore-Vorsprung zur Halbzeit.
Obwohl Elísson wenige Minuten nach der Pause einen Strafwurf vergab, gehörte dem TBV erneut die Anfangsphase: Erst vollendete G. Guardiola einen schnellen Angriffsvortrag zum 15:14, dann nutzte Elísson einen Fehler der Polen eiskalt zum Gegenstoßtreffer. Im Gegenzug parierte Zecher seinen ersten Wurf im zweiten Durchgang, doch aus dem Positionsangriff musste sich der TBV jede Chance hart erarbeiten. Einmalmehr unbeeindruckt von der robusten Deckung der Hausherren zeigte sich Tim Suton, der seine enorme Physis in dieser Phase immer wieder zur Geltung brachte – und per Doppelpack den Zwei-Tore-Vorsprung aufrechthielt.
Aber: Plock blieb am Drücker, daran hatte nach dem Seitenwechsel vor allem der Ungar Zoltan Szita mit fünf Treffern seine Aktien. Bitter, als Bobby Schagen mit Anbruch der Überzahl ein Fehlpass unterlief und Tin Lucin per Gegenstoß auf 19:19 stellte. Nach einer Dreiviertelstunde ging Wisla Plock durch den wendigen Michal Daszek erstmals in Führung. Kehrmann reagierte mit einer Auszeit, ließ fortan wieder im 7:6 spielen – und Suton läutete mit präzisem Wurf zur erneuten Führung (23:22) die letzten neun Minuten ein. Gegnerische Schwächemomente wussten die Lipper in Hälfte zwei allerdings zu selten zu nutzen, um die Chance aufs Viertelfinale bis in die letzten Sekunden zu wahren.
In den letzten fünf Minuten (26:26) ging es Schlag auf Schlag – und der TBV mit offener Manndeckung „all in“. Am Ende rann die Zeit zu schnell dahin. TBV-Trainer Florian Kehrmann zum Spiel: „Die Mannschaft hat noch einmal alles reingepackt und Plock gerade in der ersten Halbzeit vor große Probleme gestellt. Leider haben wir es verpasst, uns deutlicher abzusetzen. Hinten raus fehlte dann die Zeit, um noch einmal Akzente zu setzen. Aber insgesamt war es eine gute Leistung, das 7:6 hat uns gerade in der hohen Belastungsphase sehr geholfen.
Die Abwehr war über weite Strecken wirklich gut, nur um so ein Spiel dann hier vor einer wirklich sehr lauten und tollen Kulisse gewinnen zu können, muss einfach alles passen. Dafür haben wir heute die ein oder andere freie Chance zu viel liegenlassen.“ Kehrmann zum European-League-Aus: „Es war ein tolles Abenteuer, auch wenn es leider jetzt schon vorbei ist. Aber wenn man uns im Vorfeld gesagt hätte, wir kommen ins Achtelfinale und scheitern wirklich knapp an einer polnischen Spitzenmannschaft, dann hätten wir das vielleicht sogar genommen. Jetzt ärgern wir uns darüber, nehmen diese wertvolle Erfahrung mit. Jetzt geht es darum, schnell zu regenerieren – und in Leipzig anzugreifen.“
TBV Lemgo Lippe: Johannesson, Zecher; Hutecek (2), Elísson (8/1), I. Guardiola (1), Simak (1), Carlsbogård (1), Schagen, Schwarzer, Suton (7), Zerbe (4/1), G. Guardiola (4), Cederholm, Reitemann, Blaauw.
Pressemeldung: TBV.