Frank „Stulle“ Stohlmann hat sich mehr als nur gefreut, er ist stolz auf seinen Bruder Jens I. Stohlmann, der nun amtierender König im Alten Blomberger Schützenbataillon ist.

Eine „Schnitte“ ist per Definition eine dünne und trockene Scheibe Brot, während eine Stulle eine bestrichene und belegte Scheibe Brot ist. Die Spitznamen der amtierenden und der ehemaligen Majestäten aus dem Eichenrott bestehen zwar schon deutlich länger, dennoch passen sie auch mit Blick auf das Schützenwesen. Der ehemalige König Frank I. Stohlmann, genannt „Stulle“, ist bereits belegt. Er hat sein Königsdasein schon seit 2001 hinter sich und durfte zahlreiche schöne Momente genießen, trägt diese im Herzen. Der amtierende König Jens II. Stohlmann alias „Schnitte“ hat nun noch ganz viele tolle Momente vor sich, ist also noch nicht vollständig belegt. Ob ihm dann nach seiner Amtszeit ein neuer Spitzname gegeben wird? Vermutlich eher nicht.

 

Den Namen Stulle bekam Frank Stohlmann übrigens schon in seiner frühen Jugend: „Meine Mutter machte ohnehin immer die besten Stullen und ich konnte nicht immer bis zur Pause warten, aß also schon vorher. Dadurch bekam ich meinen Spitznamen. Für meinen Bruder konnte man ja nun nicht den gleichen verwenden (es gab eine ganz kurze Zeit in der auch er Stulle genannt wurde), er ist der jüngere, wurde somit „Schnitte“ getauft. Das Vater und Sohn Schützenkönig in Blomberg wurden hat es bereits gegeben. Michael Langemann trat 2017 in die Fußstapfen seines Vaters Heinrich Langemann, der von 1995 bis 1997 als König in Blomberg regierte. Das aber zwei Brüder die Regentschaft übernommen haben gab es bislang noch nicht. Grund genug für unsere Redaktion das mittlerweile seit 2013 traditionelle Interview mit dem König auszuweiten und die Stohlmänner im Doppelpack einzuladen.

 

Daniela Stohlmann, Sebastian Schriegel, Schützenkönigin Ann-Christin I. Schriegel und ihre Majestät Schützenkönig Jens II. Stohlmann reisten stilecht in Kutsche Nummer 1.

Wann begann die Schützenfest-Tradition in der Familie Stohlmann?

König Jens II.: Die Ursprünge liegen weit zurück und begannen mit unserem Vater Horst im Stuhlrott. Er hat gemeinsam mit 16 weiteren Schützenbrüdern 1972 das zu groß werdende Stuhlrott verlassen und gründete das Eichenrott. Dabei war zum Beispiel auch Rolf Schelp, Großvater unserer aktuellen Schützenkönigin und mein Patenonkel.

 

Welche Ämter bekleiden Sie innerhalb des „ABS“?

Stulle: Ich bin seit kurzer Zeit Hauptmann im ABS und durfte die Rottführung von Olaf Schlicht im Jahr 2019 übernehmen.
König Jens II.: Ich bin seit 2015 Rottmeister des Eichenrotts.

 

Bewusst angetreten, um zu gewinnen? Nach dem Schuss ein gutes Gefühl gehabt?

König Jens II.: Durch meine Tätigkeit als Rottmeister habe ich viel Kontakt zu Heiko I. Thiel. Er hat gesagt das er gerne König sei, doch die vier Jahre auch eine lange Zeit gewesen sind. Da dachte ich mir – dem Mann muss geholfen werden (lacht herzhaft dabei). Aber tatsächlich habe ich mich erst recht kurzfristig entschieden bewusst anzutreten. Ein gutes Gefühl? Weiß ich nicht. Ein sehr kribbeliges Gefühl trifft es wohl eher. Das es am Ende wirklich geklappt hat ist natürlich ein Traum.

 

Ein Kindheitstraum?
König Jens II.: Das kann man durchaus so sagen. Ich bin mit Leib und Seele Schütze im ABS und liebe mein Rott. Die dort gelebte Kameradschaft ist einfach unglaublich. In unserem Rott gibt es vom Jüngsten bis zum Ältesten keinen Unterschied – alle feiern zusammen.
Stulle: Das stimmt. Untermauert wird das durch zum Beispiel gemeinsame Fahrten nach Ruhpolding mit großer Beteiligung unseres Rotts, auch hier sind Menschen zwischen 18 bis 75 Jahre dabei.

 

Nadine Praschak, Marko Hueting, Sabrina Berghahn und Christoph Praschak komplettieren den Hofstaat und repräsentieren das ABS in den kommenden zwei Jahren.

Was war Ihr erster Gedanke, als Oberst Begemann Ihren Namen verkündete?

König Jens II.: Im ersten Moment hatte ich weiche Knie und war gespannt was nun alles geschieht.
Stulle: Mir ging es nicht viel anders, ich war unfassbar Stolz.
König Jens II.: Dann kamen alle auf mich zu, fingen an zu singen, schmissen mich in die Luft – da dachte ich jetzt geht los, die reißen das Zelt ab. Das Zelt haben sie glücklicherweise stehen gelassen, die Bierbude bei mir zu Hause….?

 

Sie waren sichtlich gerührt, beschreiben Sie ihre Emotionen genauer.

König Jens I.: Das kann ich gar nicht so richtig in Worte fassen. Zunächst war ich überwältigt von der Stimmung im Zelt. Mein Rott, mannstark vertreten gewesen, ist so eskaliert – und auch die anderen Rötter haben für eine unglaubliche Stimmung gesorgt, dass hat mich gerührt und natürlich sehr glücklich gemacht.

 

Wie schwer ein so großes Rott zu führen?

Stulle: Es fängt schon bei den Rottversammlungen an, klar muss man einige Dinge beachten. Letztlich ist es aber dadurch das wir alle auf einer Ebene sind ein Selbstläufer. Als ich die Tätigkeit aufgenommen habe tat ich mich schwer meinen Kameraden „Befehle“ zu erteilen. Das war ein Entwicklungsprozess der im Team gut funktioniert hat – auch bei diesem Schützenfest. Es war also nicht schwierig, eher leicht. „Der Rottführer“ sind bei uns alle Offiziere und Unteroffiziere, so könnte man es ausdrücken.

 

Wie hat Ihre Frau reagiert?

König Jens II.: Zunächst recht verhalten. Daniela kennt als Frau eines Rottmeisters Vieles, ist sich der Arbeit und Verantwortung sehr bewusst. Nach kurzer Zeit hat sie sich aber extrem gefreut – tut es immer noch.
Einschub: Schützenkönigin Ann-Christin Schriegel ist übrigens eine geborene Werner. Klingelt es schon? Tatsächlich war ihre Mutter Martina Werner 1999 die Schützenkönigin von Frank Stohlmann. Die Tochter tritt also ebenfalls in die Fußstapfen ihrer Mutter.

 

War gleich klar, wer noch im Hofstaat sein würde?

König Jens II.: JA! Ich habe mich tatsächlich mit meinem Bruder abgestimmt, wir haben beide eine Liste erstellt – sie war fast deckungsgleich. Am Ende haben wir dann die Bereitschaft abgefragt und sind gar nicht bis ans Ende der Liste gekommen. Alle haben nach nur kurzer Zeit des Überlegens freudestrahlend zugesagt.
Stulle: Es ist eine Person dabei gewesen, die sich etwas mehr Bedenkzeit erbeten hatte. Diese Zeit wurde jedoch nicht ausgeschöpft (es galt berufliches zu berücksichtigen). Als im Rahmen des Katerfrühstücks, also nach diesem Schützenfest, die Frage aufkam welche Veranstaltungen man nun besuchen wolle, lautete die Antwort von dieser Person (wie übrigens von allen anderen auch“: „Ich verstehe die Frage nicht – wir fahren jetzt ÜBERALL hin.“

 

Konnten Sie das Schützenfest in vollen Zügen genießen?

König Jens II.: Auf jeden Fall, gleichwohl vieles wie im Film an einem vorbeizieht und man einige Dinge erst später realisiert. Unfassbar viele und schöne Eindrücke und Momente – die kann man gar nicht alle auf einmal verarbeiten. Eine unendliche Zahl an Gratulanten, ein dichter Terminkalender – einfach wunderbar.

 

Was ist als König anders?

König Jens II.: Man rennt zwar von einem Termin zum anderen und hätte gerne mehr Zeit für Gespräche – was aber verständlicherweise nicht machbar ist. Aber auf der anderen Seite wird man im wahrsten Sinne auch königlich verwöhnt und andere nehme einem viel Arbeit ab. Als Rottmeister hätte ich also unter dem Strich gesehen sogar mehr zu tun gehabt. Wenn man mit der Kutsche auf den Marktplatz gefahren wird ist das schon ein außergewöhnliches Gefühl, an Emotionalität kaum zu überbieten.

 

Persönliches Highlight auf dem Fest selbst?

König Jens II.: Es gibt nicht DAS persönliche Highlight, es gibt viele Dinge die Dich umwerfen. Der Marsch auf den Marktplatz zur Proklamation – man hat gar nicht gesehen was hinter einem geschieht, dann biegt man ab und kann plötzlich den kurzen Steinweg einsehen – wie viele Leute da mitgegangen sind und gesungen haben – unglaublich. Aber auch als wir mit dem ganzen Hofstaat zur Inthronisierung gegangen sind. Als meine Königin und ich auf die Bühne geholt wurden und das umgedichtete „Layla“ gesungen haben – um es kurz zu machen: Das ganze Schützenfest war ein Highlight.
Stulle: Das Schützenfest ist wie eine Perlenkette, ein Highlight reiht sich an das nächste.
König Jens II.: Das bringt es sehr genau auf den Punkt.

 

Und das Wetter?

Stulle: Es war „Jens Stohlmann Wetter“ (lacht herzhaft, spielt auf den Terminus Fritz-Walter-Wetter an). Die Sicht auf dem Schießstand muss hervorragend gewesen sein, kein Nebel und mein Bruder hat die 12 getroffen.
König Jens II.: Wir haben einfach Glück gehabt, besser hätte es nicht sein können. Angenehme Temperaturen mit ein wenig Wind – beste Voraussetzungen für ein Schützenfest. Das Wetter hat auch gerade den älteren Schützen, die möglicherweise schneller Kreislaufprobleme bekommen, in die Karten gespielt. Der Wettergott muss ein Schützenbruder sein.

 

König Heiko I. durfte vier Jahre regieren. Hätten Sie auch Lust dazu?

Jetzt gerade so frisch im Amt würde ich alles mitmachen. Es wäre aber viel zu egoistisch. Abgesehen davon nicht vier Jahre auf das nächste Schützenfest warten zu wollen gönne ich es auch einem Nachfolger nicht so lange warten zu müssen. Aber für zwei Jahre bin nun erst einmal ich an der Reihe (lacht).

 

Gedankenblitz von Stulle:

Ich bin 40 Jahre dabei. Ich habe noch nie so viele Schützenbrüder zur Proklamation gesehen, dass war sensationell viel.
Die Schützenschwestern. Oft vergessen und doch so wichtig?
König Jens II.: Nein! Die vergisst weder unser Rott noch eines der anderen Rötter. Auch Oberst Begemann weist immer wieder darauf hin, dass es ohne unsere Damen ein Schützenfest in der uns bekannten Form nicht geben würde. Dafür gerne auch an dieser Stelle ein ganz großes DANKESCHÖN!!! Gleiches gilt übrigens auch für die Spielmannszüge – unfassbar wichtig!

 

Was steht als Nächstes auf dem Programm?

Durchatmen! (grinst). … und realisieren was hier überhaupt passiert ist. Es gab schon jetzt so viele mündlich ausgesprochene Einladungen, ich muss das tatsächlich erst noch alles sortieren und kann jetzt ohne Kalender gar nicht abschätzen was der nächste offizielle Termin ist. Es könnte unsere eigene Schützenfestnachfeier sein – auf die wir uns sehr freuen und bei der wir es bestimmt wieder richtig krachen lassen werden. Garant für gute Partys bei uns ist immer unser eigener Rott-DJ Andre Georg, vielen Dank Andre.

 

Noch ein Schlusswort?

Es war ein super klasse Schützenfest wo man gemerkt hat das die Leute sich nach vier Jahren schon sehr darauf gefreut haben und das so ein Fest nur mit allen Schützen und allen Freunde des ABS überhaupt erst möglich wird. Mir wird hier leider nicht der Platz gegeben mich bei allen namentlich zu bedanken, ich könnte sie alle aufzählen, dann halte ich es eben kurz: Vielen Dank an alle die mit unserem Hofstaat, unserem Rott, gefeiert haben, uns unterstützt haben, und das Schützenfest 2023 zu etwas Unvergesslichem gemacht haben.

 

Zwei Jahre heißt es nun nicht „Ja, mir san mit´m Radl da“ sondern „Jaaa wir sind vom Eichenrott – uns´re Eichel ist noch flott“.