In einer feurigen Begegnung hat der TBV Lemgo Lippe am Dienstagabend Nervenstärke bewiesen und holte in der Crunchtime zum großen Wurf aus: Mit 27:26 (14:17) zwangen die Lipper Gastgeber Valur Iceland nach 60 hart umkämpften Minuten schließlich in die Knie. Erleichtert war auch TBV-Trainer Florian Kehrmann: „Ab der 40. Minute haben wir mehr Zugriff bekommen, uns vorne gute Chancen herausgespielt und es mit einer Energieleistung geschafft, das Spiel mit einem Tor zu gewinnen.“

 

Zwei Rote, vier Gelbe, 5:2 Zeitstrafen, all das allein im ersten Durchgang: Der TBV Lemgo Lippe und Valur Iceland schenkten sich von Beginn an nichts und überschritten vor hitziger Kulisse in der „Origo Höllin“ dabei mehrmals die Grenze des Erlaubten. Aber von vorn: Nachdem sich die Lipper, die ohne die weiterhin verletzten Tim Suton, Andreas Cederholm, Linus Geis und Frederik Simak ins europäische Abenteuer aufgebrochen waren, und der Gastgeber in den Anfangsminuten zunächst munter mit dem Torewerfen abgewechselt hatten, setzten sich die offensiv unbekümmert aufspielenden Isländer in der 13. Minute durch einen Doppelpack von Vignir Stefansson erstmals mit zwei Toren auf 7:5 ab.

 

Als Kapitän Andrej Kogut die erste Lemgoer Zeitstrafe sah, baute Valur in der Anfangsviertelstunde seine Führung gar auf fünf Tore aus. Die zuvor noch hocheffizienten Lipper verpassten in dieser Phase gleich zwei Mal den Anschluss. Kehrmann: „Wir haben uns am Anfang etwas von der heißen Stimmung in der engen Halle verrückt machen lassen, haben ein paar technische Fehler zu viel gemacht und in der Abwehr eigentlich keinen Zugriff bekommen.“ Nach dem 7:11 mussten sich die Lipper kurz schütteln – und näherten sich ab der 20. Minute wieder etwas an: Lukas Zerbe zum Dritten und „Heimkehrer“ Bjarki Már Elísson zum Vierten verkürzten auf 11:13, ehe Valurs Keeper Bjorgvin Pall Gustavsson nach 23 Minuten mit Rot des Feldes verwiesen wurde.

 

Kehrmann: „Insgesamt gab es sehr viele Zeitstrafen, sodass wir immer wieder in Unterzahl agieren mussten und so gar nicht ins Tempospiel kamen.“ Kogut und Isaias Guardiola hielten mit ihren Treffern den Drei-Tore-Rückstand aufrecht. Sekunden vor der Halbzeitpause wurde es bitter für die Lipper: Nach einem unglücklichen Zusammenprall sah Carlsbogård die dritte Zeitstrafe gegen sich – und wurde damit disqualifiziert. Eine harte Entscheidung – und ein herber Rückschlag für den TBV, der zudem bereits auf seinen angeschlagenen Abwehrchef Gedeón Guardiola verzichtete. Der Spanier wäre nur im absoluten Notfall zum Einsatz gekommen.

 

Der blieb glücklicherweise aus: Nach dem Wiederanpfiff setzten sich die Hausherren in Überzahl zunächst zwar wieder mit vier Toren auf 16:20 ab. Als Valurs Agnar Smari Jonsson eine Zeitstrafe kassierte, holten die Lipper aber sukzessive auf: Erst verwandelte Elísson den fälligen Strafwurf zum 19:23, dann übernahm Lukas Hutecek als Spielmacher mehr und mehr Verantwortung: Erst stellte der 21-jährige Österreicher per Doppelschlag auf minus zwei, markierte nach eigenem Ballgewinn dann den 22:23-Anschluss in Minute 47. Durch den sensationellen 5:0-Run war der TBV zurück im Spiel – und belohnte sich erneut durch Hutecek nach 50 Minuten mit dem Ausgleich zum 24:24.

 

Schließlich waren es zwei Zeitstrafen des Gastgebers, die dem TBV ab der 55. Minute die exzellente Aussicht auf den Sieg ermöglichten: Elísson bewies in seiner Geburtsstadt Nerven wie Drahtseile, stellte vom Strich zunächst auf 26:25 – und traf kurz darauf, erneut vom Punkt, zum 27:25. Die Lipper hätten die Führung noch ausbauen können, scheiterten jedoch am Aluminium. Das Schlusswort blieb daher dem Gastgeber überlassen. „Trotz der Ausfälle hat die Mannschaft gut zusammengestanden, sich bei fünf Toren minus durchs Spiel gekämpft. Jetzt müssen wir gut regenerieren und uns gut vorbereiten“, resümierte Kehrmann und hofft für das Rückspiel am 28. September in der Phoenix Contact-Arena auf viele Zuschauer.

 

TBV Lemgo Lippe: Johannesson, Zecher; Hutecek (5), Elísson (9/4), Kogut (4), I. Guardiola (3), Carlsbogård, Schagen, Timm, Schwarzer, Zerbe (6), G. Guardiola, Reitemann, Blaauw.