Was ist das bloß für eine Zeichnung? Aus welchem Jahr könnte sie stammen? Und was genau ist darauf eigentlich zu sehen? Immer wieder landen Fragen wie diese auf dem Schreibtisch von Dr. Heiner Borggrefe, seines Zeichens Kunsthistoriker und stellvertretender Direktor des Weserrenaissance-Museums Schloss Brake. Seine fachliche Expertise ist heiß begehrt, und zwar europaweit. Jüngster Fall: Schloss Delmenhorst.
Während ihrer Forschungsarbeiten im Niedersächsischen Landesarchiv Wolfenbüttel stieß die Historikerin Herta Hoffmann, stellvertretende Vorsitzende des Heimatvereins Delmenhorst auf eine ganz ungewöhnliche Zeichnung. In einer Akte, die schon seit langer Zeit nicht mehr geöffnet worden war, entdeckte sie eine alte kolorierte Fassadenzeichnung. Eine kleine Sensation, wie sie fand.
Um Näheres über den erstaunlichen Fund in Erfahrung zu bringen, wandte sich Herta Hoffmann an das Weserrenaissance-Museum Schloss Brake in Lemgo. Dr. Heiner Borggrefe begutachtete das Bild, stellte spannende Forschungen an und kam zu folgendem Ergebnis: „Kolorierte Architekturentwürfe aus der Frühen Neuzeit sind selten überliefert. Sie waren damals ein vertrautes Mittel, dem Bauherrn die repräsentative Wirkung des angestrebten Bauvorhabens vor Augen zu führen.
Es handelt sich hier wahrscheinlich um einen Entwurf zum ehemaligen Kapellen- und Zeughausflügel von Schloss Delmenhorst“. Die farbige Zeichnung liefert eine buchstäblich völlig neue Ansicht auf das Delmenhorster Schloss, welches nach der gewaltsamen Einnahme durch Graf Anton I. von Oldenburg und Delmenhorst im Jahr 1547, im Stil der Renaissance erneuert wurde. Dr. Heiner Borggrefe bestätigt, dass spätere Abbildungen des heute zerstörten Schlosses dies nahelegen.
„Unabhängig von der Frage, ob er auch so realisiert wurde, ist der Fassadenentwurf eine großartige Entdeckung. Er passt stilgeschichtlich in die Zeit um 1550. Das Kolorit entspricht dem in Nord- und Mitteldeutschland üblichen Farbschema von Fassaden der Renaissanceschlösser, die zwischen 1520 und 1560 errichtet wurden“, schreibt der Kunsthistoriker in seiner Expertise.
Passend zu den ureigensten Hauptaufgaben eines Museums wie Sammeln, Bewahren, Erforschen, Ausstellen und Vermitteln steht das Weserrenaissance-Museum Schloss Brake immer wieder gern beratend für kunst- und bauhistorische Fragen zur Verfügung.